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Russisches Haus Berlin: Polizei kommt wegen ukrainischem Krankenwagen


Protest in Berlin
Von Russland zerstörter Krankenwagen nervt Russen


Aktualisiert am 27.05.2025Lesedauer: 3 Min.
Barwinka: Der von Russland zerstörte ukrainische Krankenwagen vor dem Russischen Haus.Vergrößern des Bildes
Der von Russland beschossene ukrainische Krankenwagen "Barwinka" vor dem Russischen Haus. (Quelle: twitter.com/RALupo)
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Aktivisten parken einen vom Krieg beschädigten ukrainischen Krankenwagen vor dem Russischen Haus in Berlin. Eine Reaktion lässt nicht lange auf sich warten.

In Berlin sorgt aktuell ein ukrainischer Krankenwagen für Aufsehen, der durch einen russischen Angriff schwerbeschädigt wurde. Zunächst stand er vor der Staatsoper, wo die russische Sängerin Anna Netrebko in einer Verdi-Oper in der Hauptrolle singt. Am Wochenende tauchte er dann in einer Guerillaaktion vor dem "Russischen Haus für Wissenschaft und Kultur" auf. Die staatliche Einrichtung, die russische Kultur und russisches Denken im Ausland stärken soll, rief deshalb die Polizei – vergebens.

Die Friedrichstraße, Standort des Russischen Hauses, befindet sich im Herzen Berlins. Wenn Plätze frei sind, kann dort am Straßenrand geparkt werden. So bereiteten Mitglieder des deutschen Vereins "Fellas for Europe" im Laufe des späten Freitagabends vor, was sich dann am Samstag gegen 10.30 Uhr abspielte. Drei Autos, die in der Nacht direkt vor dem Haupteingang des Russischen Hauses abgestellt worden waren, fuhren zeitgleich von ihren Parkplätzen und machten Platz für ein Fahrzeug mit Anhänger. Auf dem Anhänger befand sich ein vom russischen Angriffskrieg beschädigter ukrainischer Krankenwagen. Im Russischen Haus wurde das als Provokation verstanden.

Krankenwagen wurde kurz nach Russlands Invasion beschossen

Der Krankenwagen heißt "Barwinka" nach der Pflanze "Immergrün", die für Unvergänglichkeit stehen soll. Im Ort Derhatschi in der Region Charkiw spielte er als einziger Krankenwagen mit Allradantrieb eine zentrale Rolle bei der Krankenversorgung – bis zum 12. März 2022: Damals attackierten die Russen nach dem großflächigen Einmarsch in die Ukraine medizinische Einrichtungen und Wohnhäuser mit Sprengwaffen und Streumunition. Das kleine Rettungsmobil war deshalb auf dem Weg zu einem Einsatz. Doch "Barwinka" wurde selbst beschossen, der Fahrer verletzt – und das beschädigte alte Krankenfahrzeug zu einem Symbol.

Mit ihm sammelt der Verein "Fellas for Europe" seither Spenden für Gesundheitseinrichtungen in der Ukraine. Im Juli vergangenen Jahres bedankte sich der ukrainische Botschafter Oleksij Makejew auf der Plattform X: "So konnten bereits sechs Krankenwagen in die Ukraine gebracht werden."

Der zerstörte Krankenwagen soll aber auch auf Russlands Krieg hinweisen. "Er ist ein Symbol, dass Russland lebensnotwendige, zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser systematisch angreift, um die Versorgungslage zu erschweren", sagt t-online der Mainzer Rechtsanwalt Christian Wolf, Gründungsmitglied bei den "Fellas for Europe" und an der Aktion in Berlin beteiligt*. Da das Fahrzeug zu den Konzerten mit Netrebko in Berlin gebracht wurde, sei der Vorschlag schnell umgesetzt worden, ihn auch vor das Russische Haus zu fahren.

"Barwinka" erinnerte auch schon bei der "Kieler Woche" an den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, stand auf Einladung des EU-Parlaments in Brüssel, war in Städten mit vielen Russland-affinen Einwohnern wie Dresden und Baden-Baden – insgesamt in rund 80 Städten. "Aber das Russische Haus war sicher der kontrastreichste Ort", so Wolf. Deren Leiter hatte t-online kürzlich gesagt, das Haus sei ein unpolitischer Ort der Kultur und deshalb für Proteste ungeeignet.

Aktivisten zogen Parkscheine am Russischen Haus

Schon kurz nachdem der Krankenwagen abgestellt worden war, trafen vier Streifenwagen der Polizei ein, die das Russische Haus gerufen hatte. Hierher rückt die Polizei häufig zu Einsätzen aus, weil dort der Berliner Henry Lindemeier regelmäßig mit Ukraineflagge und Musikanlage protestiert. t-online hat über die Reaktionen auf seinen Protest ausführlich berichtet. Lindemeier gesellte sich auch am Samstag zu dem Krankenwagen. Die Polizei sah aber keinen Anlass zum Eingreifen und rückte wieder ab. Das Fahrzeug durfte dort stehen. "Wir haben auch brav Parktickets gelöst", so Wolf. "Neun Euro für je zwei Stunden." Und das von 10.30 bis fast 20 Uhr.

Lindemeier, der neben dem Fahrzeugwrack als Unterstützer der Ukraine erkennbar war, bekam jedoch den Unmut russischer Bürger zu spüren. "Eine Frau kam, und hat mich angespuckt", berichtet er. Eine andere Frau habe beklagt, er könne Kindern so etwas nicht zumuten, die das Haus besuchten. "Die Auseinandersetzung damit ist für Russen nicht schön", sagt Lindemeier. "Viele Besucher haben auch sehr bemüht gewirkt, keinen Blick in die Richtung zu werfen."

Es ist nicht die erste Aktion, in der ein Wrack aus dem Krieg in der Ukraine in Berlin als deutliches Zeichen eingesetzt wird: Enno Lenze, Betreiber des Berlin Story Museums, Journalist und Ukraine-Unterstützer, organisierte zum ersten Jahrestag von Russlands Angriff, dass ein zerstörter russischer Panzer vor die Botschaft Russlands an der Straße "Unter den Linden" abgestellt wurde. Russland umgekehrt veranstaltet regelmäßig Trophäenschauen mit erbeutetem westlichen Kriegsgerät.

*Wir hatten an dieser Stelle geschrieben, Christian Wolf sei Vorstandsmitglied bei den "Fellas for Europe". Das ist er nicht mehr.

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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