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"Markus Lanz": Karl Lauterbach rechnet aktuell mit 100.000 Infektionen pro Tag


Corona-Talk bei "Markus Lanz"
"Super-GAU" – aber Lauterbach verteidigt Notlagen-Ende

Eine TV-Kritik von Nina Jerzy

Aktualisiert am 18.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Karl Lauterbach im Studio bei "Markus Lanz" (Archivbild): Der SPD-Politiker bezeichnet das Ende der epidemischen Notlage als Kommunikations-Super-GAU. (Quelle: teutopress/imago-images-bilder)

Karl Lauterbach hält das Ende der epidemischen Lage für absurd. Trotzdem sagt er bei "Markus Lanz": "Ich stehe dahinter." Ein Pfleger warnt: Wenn nicht bald was passiert, steht 3G bald für "geimpft, genesen, gestorben".

An Voraussagen mangelt es dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach nicht. Bei "Markus Lanz" rechnet er mit 100.000 Fällen pro Tag. Ein Pfleger hingegen zeigt sich enttäuscht von der Politik.

Die Gäste

  • Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitsexperte
  • Ralf Berning, Intensivpfleger aus Bielefeld
  • Christoph Ploß, Hamburger CDU-Chef
  • Helene Bubrowski, FAZ-Redakteurin

In einer Katastrophe sind absurde Entscheidungen manchmal das kleinere Übel – findet Karl Lauterbach. Glaubt man dem SPD-Gesundheitsexperten, ist die Lage noch viel schlimmer als gedacht. Er rechnete bei "Markus Lanz" am Mittwochabend damit, dass es inklusive Dunkelziffer aktuell rund 100.000 neue Corona-Fälle pro Tag gibt, also etwa doppelt so viel wie offiziell gemeldet.

"Wir sind momentan in einer katastrophalen Situation", unterstrich der Mediziner in der ZDF-Talkshow. Genau in dieser Lage aber will seine SPD mit den möglichen Ampel-Partnern die epidemische Lage von nationaler Tragweite auslaufen lassen. Lauterbachs Urteil darüber war eindeutig zweideutig.

Der Gesundheitsexperte stellte bei Lanz zunächst klar: Als Jens Spahn (CDU) angekündigt hatte, die epidemische Notlage bald zu beenden, habe er den Bundesgesundheitsminister sofort gewarnt "das ist falsch, das wird nicht funktionieren". Seine Meinung hat sich nicht geändert.

"Die epidemische Lage wird absurderweise beendet. Kommunikativ ist das ein Super-GAU", räumte Lauterbach ein. Dennoch unterstützte er den Schritt mit Grünen und FDP, die epidemische Lage nicht zu verlängern. Stattdessen soll an diesem Donnerstag ein neues Infektionsschutzgesetz beschlossen werden, das auch zusätzliche Schutzmaßnahmen wie 3G in öffentlichen Verkehrsmitteln vorsieht.

Lauterbach: Lockdown bringt nicht mehr viel

Lauterbach verteidigte seine Haltung, die in der Runde auch von Lanz scharf kritisiert wurde. Der Sozialdemokrat brach eine Lanze für praxisbezogenen Pragmatismus. "Ich bin Arzt und Politiker. Ich versuche doch, das Beste aus der Situation zu machen", sagte er und forderte: "Wir müssen jetzt nach vorne blicken. Was ist denn möglich?" Möglich ist nach Ansicht Lauterbachs ein "Instrumentenkasten" an Maßnahmen, die in dem Gesetz den Ländern an die Hand gegeben werden sollen.

Nicht mehr möglich wären nach dem Auslaufen der epidemischen Lage hingegen allgemeine Ausgangssperren, Geschäftsschließungen oder Reisebeschränkungen. Aber dies ist nach Ansicht Lauterbachs zu verschmerzen, da ein allgemeiner Lockdown für Geimpfte nicht mehr viel bringen würde.

Der Mediziner geriet bei "Markus Lanz" wiederholt mit dem Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß aneinander. Der sprach von einem "absolut fatalen Signal", die epidemische Notlage jetzt nicht zu verlängern. Der Christdemokrat wurde dabei schön anschaulich. Er warnte davor, "mit Sommerreifen in den harten Corona-Winter zu fahren" und warf Lauterbach vor, er nehme den Bundesländern wichtige Instrumente im Kampf gegen die Pandemie weg – so, als würde man Feuerwehrleute ihrer Löschwerkzeuge berauben.

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Lauterbach machte daraufhin eine Ausnahme für den Hanseaten. "Normalerweise sage ich so etwas nicht. Aber das, was Sie eben gesagt haben, das ist einfach unseriös." Juristen hätten klargestellt, dass allgemeine Ausgangssperren angesichts der Impfquoten nicht mehr verhältnismäßig seien, also vermutlich von Gerichten kassiert würden.

Das geplante Gesetz gebe den Ländern zahlreiche Maßnahmen an die Hand, darunter auch schärfere Regeln etwa am Arbeitsplatz. Lauterbach wiederholte seine Forderung, bundesweit in allen öffentlichen Bereichen 2G oder besser noch 2G plus einzuführen. "Das ist die einzige Möglichkeit", betonte der Mediziner. Sollte die scheitern, "dann können wir die Katastrophe nicht beherrschen".

Pfleger Berning: "Jetzt endlich wollen Sie an uns denken?

Er warf der CDU vor, mit der ständigen Kritik am Ende der epidemischen Lage "billig abzukassieren": "Jetzt geht das wirklich in eine ganz billige Parteipolitik." Aus Sicht des Intensivpflegers Ralf Berning betreibt allerdings selbst Lauterbach Parteipolitik – auch wenn der für ihn einer der wenigen Politiker in Berlin ist, der den Ernst der Lage verstanden hat. Berning hält das Auslaufen der epidemischen Lage für falsch und hat selbst als Experte Schwierigkeiten, den neuen Maßnahmenkatalog für die Länder zu durchschauen. Der Intensivpfleger am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld konnte das politische Hin und Her sichtlich nicht mehr ertragen.

"Jetzt endlich wollen Sie an uns denken?", fragte er sarkastisch Ploß, als der CDU-Politiker (der für Friedrich Merz als CDU-Vorsitzenden stimmen will) um Rücksicht für die Pflegekräfte warb. Solche Versprechen würden seine Kollegen seit Beginn der Pandemie hören. Außer Lippenbekenntnissen sei jedoch nichts passiert.

Die Folge: Pflegekräfte flüchteten massenweise aus dem Beruf. Aktuell seien deshalb bundesweit nur rund 21.000 Intensivbetten verfügbar, 6.300 weniger als vor einem Jahr. Die Betten und die Geräte an sich seien vorhanden. "Wir könnten, wenn wir wollten. Aber wir haben einfach nicht genug Personal."

Berning, der als Bundeswehrsoldat in Afghanistan stationiert und anschließend in die Pflege gewechselt war, warnte: "Wenn wir langsam nicht aus dem Diskutieren herauskommen, sondern vernünftig versuchen, an der Situation etwas zu ändern, dann werden wir in ein paar Monaten reden müssen von 3G – und zwar geimpft, genesen oder gestorben. Weil es dann ganz einfach zu spät ist für sehr, sehr viele Menschen."

Verwendete Quellen
  • "Markus Lanz" vom 17. November 2021
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