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Corona-Gipfel: Streitthema Schule – "Weitere Wochen Chaos-Lernen"


"Heftige Diskussion" bei Beratungen
Streitthema Schule – "Weitere Wochen Chaos-Lernen"

Von afp, dpa, aj

Aktualisiert am 20.01.2021Lesedauer: 5 Min.
Schule in Zeiten von Corona: Ein großes Thema beim Gipfel von Bund und LändernVergrößern des BildesSchule in Zeiten von Corona: Ein großes Thema beim Gipfel von Bund und Ländern. (Quelle: dpa)
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Beim Corona-Gipfel von Bund und Ländern wurde vor allem über das Thema Schulöffnungen gestritten. Am Ende steht ein Kompromiss – der sogar eine Nachschärfung bedeutet. Doch nicht alle sind mit dem Ergebnis zufrieden.

Vor allem über Schulen und Kitas waren sich die Kanzlerin und Ministerpräsidenten uneins: Beim Corona-Gipfel der Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei über das Thema "heftig diskutiert" worden, "weil wir seit Wochen unseren Kindern und Schülern viel zumuten", sagte etwa Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstagabend in Schwerin. Sie fände es zugleich "sehr schwierig" und notwendig, in ihrem Bundesland die Einschränkungen bei Schulen und Kitas fortzusetzen. Wegen der neuen Virusmutanten sei aber noch mehr Vorsicht geboten.

Schulen und Kindergärten sollen bis Mitte Februar weiterhin geschlossen bleiben oder nur eingeschränkten Betrieb anbieten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder einigten sich am Dienstag darauf, die im Dezember vereinbarten und seitdem jeweils in den Ländern geltenden verschiedenen Maßnahmen zunächst bis 14. Februar fortzuführen und "restriktiv" umzusetzen.

Video | Merkel: Corona-Lockdown wird verlängert und verschärft
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Quelle: reuters

Das bedeutet, je nach Bundesland bleiben Schulen geschlossen, oder die Anwesenheitspflicht für Schüler bleibt ausgesetzt. Ausnahmeregeln für Abschlussklassen sind weiterhin möglich. Kitas bleiben ebenfalls geschlossen oder Eltern werden gebeten, Kinder nicht zur Betreuung zu bringen. Hier lesen sie alle Beschlüsse im Überblick.

Merkel spricht von einem Kompromiss

Merkel sagte, man habe "nach hartem Ringen einen Kompromiss gefunden". Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte: "Schule und Kita ist der absolut sensibelste Punkt, weil wir natürlich dort am stärksten mit die Kollateralherausforderungen spüren für Familien, für Kinder für die Frage der Betreuung." Berlins Regierender Bürgermeister Müller (SPD) wies darauf hin, dass die Einschränkungen Mitte Februar dann bereits acht Wochen lang andauern würden.

Seit Mitte Dezember sind die meisten der mehr als 40.000 Schulen und fast 58.000 Kitas in Deutschland entweder komplett geschlossen und es wird nur Notbetreuung angeboten oder es wurde die Anwesenheitspflicht ausgesetzt und Eltern werden gebeten, ihren Nachwuchs zu Hause zu lassen. Für Abschlussklassen, die vor den Prüfungen stehen, hatten Bund und Länder Ausnahmen vereinbart.

Viele Länder nutzen diese Möglichkeit. In Niedersachsen sind inzwischen auch Grundschüler im Wechselunterricht bereits wieder in der Schule. Zudem gilt vielerorts: Wer keine Betreuungsmöglichkeiten hat, kann sein Kind bringen. So war etwa in Hessen nach Behördenangaben nach den Weihnachtsferien zuletzt rund jeder fünfte Grundschüler in der Schule. In Mecklenburg-Vorpommern wird aktuell fast die Hälfte aller Kita- und Hortkinder betreut, und fast 30 Prozent der Grundschüler werden in die Schule geschickt. Grundsätzlich können die Bundesländer immer selbst regeln, wie sie vorgehen, da sie für Schulen und Kitas auch selbst zuständig sind.

Kretschmann will ab Anfang Februar öffnen

So kündigte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) direkt nach den Bund-Länder-Beratungen an, Grundschulen und Kitas im Südwesten voraussichtlich vom 1. Februar an schrittweise wieder öffnen zu wollen. Er strebe an, Kitas und Grundschulen vorsichtig wieder aufzumachen, "wenn die Infektionslage das zulässt". Die endgültige Entscheidung werde man in der kommenden Woche treffen.

Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet will Schulen und Kitas bei einer Besserung der Corona-Lage als ersten Einrichtungen die Chance auf eine Öffnung geben. Es könne auch schon mit den betroffenen Verbänden geredet werden, was im Februar möglich sei.

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) begrüßte die geplante Öffnung von Grundschulen und Kitas ab Februar. "Kultusministerin Eisenmann setzt sich seit Wochen dafür ein, differenziert nach dem Alter vorzugehen und Kitas und Grundschulen baldmöglichst zu öffnen", teilte ein Sprecher am Dienstagabend mit. "Insofern begrüßt sie die Ankündigung des Ministerpräsidenten ausdrücklich."

Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz ließen Spielräume, um den Präsenzbetrieb in Kitas und Grundschulen anbieten zu können – sofern es keine Präsenzpflicht gebe. In Baden-Württemberg sei die Präsenzpflicht bereits seit dem Frühsommer 2020 ausgesetzt. Das heißt, dass Eltern ihre Kinder nicht an die Schulen schicken müssen, wenn sie nicht wollen. "Wir brauchen insbesondere für kleinere Kinder und deren Eltern endlich eine Perspektive", betonte Eisenmann.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands Heinz-Peter Meidinger hofft nach eigenen Worten darauf, dass Mitte Februar an den Schulen "der große Einstieg wieder gelingt". Entsprechend äußerte er sich in der "Augsburger Allgemeinen". Die Entscheidung von Bund und Ländern, die Einrichtungen bis zum 14. Februar weitgehend geschlossen zu halten, trägt der Verband demnach mit. "Schulen sind Teil des Infektionsgeschehens", sagte Meidinger. Es sei notwendig, auch dort auf die hohen Zahlen zu reagieren. "An den Schulen jetzt zu lockern und sie dann innerhalb kürzester Zeit wieder dichtzumachen, wäre das verkehrteste, was man tun kann."

Meidinger erneuerte seinen Vorschlag für ein freiwilliges Zusatzjahr, in dem besonders von den Schulausfällen betroffene Schüler den Stoff wieder aufholen könnten, gegebenenfalls in Gruppen zusammengefasst und mit einem speziell auf sie zugeschnittenen Stundenplan.

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"Weitere Wochen Chaos-Lernen"

Der Generalsekretär der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ), Hans-Iko Huppertz, warnte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vor schlimmen gesellschaftlichen Folgen geschlossener Schulen und Kitas. "Ich rede nicht von einer theoretischen Gefahr", sagte der Mediziner. "Wir wissen mit Sicherheit, dass eine ganze Generation von Schülern infolge der jetzigen Beschlüsse ein Leben lang Nachteile erfahren wird." Huppertz nannte ein drohendes niedrigeres Einkommensniveau durch Bildungsdefizite und warnte zudem vor psychosozialen und motorischen Defiziten, die sich derzeit aufbauten.

Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Dario Schramm, zeigte sich einem Bericht zufolge unzufrieden mit dem Ergebnis. "Noch immer ist das Lernen von zu Hause ein Spiel zwischen abgestürzten Servern und mangelhafter Breitband Ausstattung", wird Schramm im "Spiegel" zitiert. "Der Bund und die Länder müssen jetzt endlich eine Menge Geld in die Hand nehmen. Wir können doch nicht sehenden Auges in weitere Wochen Chaos-Lernen gehen – nichts anderes ist das, was wir aktuell erleben."

Söder warnt vor Stress

Söder sprach sich dafür aus, in dem wegen der Pandemie besonders belasteten Schuljahr keinen zusätzlichen Stress zu schaffen. Hier müsse überlegt werden, ob etwa Klausuren reduziert werden oder wie die Versetzungen stattfinden könnten. Es sei wichtig, ein Signal an die Schüler und ihre Eltern zu senden, dass die hohe Qualität der Bildung ohne zusätzlichen Leistungsdruck aufrechterhalten werde.

Begründet wird die Aufrechterhaltung der Maßnahmen damit, dass es ernstzunehmende Hinweise darauf gebe, dass die Virusmutation "B.1.1.7" sich auch stärker unter Kinder und Jugendlichen verbreite, als das bei dem bisher bekannten Virus der Fall sei, wie es im gemeinsamen Beschlusspapier heißt. Es heißt aber auch, die Maßnahmen an Schulen und Kitas über einen längeren Zeitraum blieben nicht ohne negative Folgen für die Bildungsbiografien und die soziale Teilhabe der Kinder und Jugendlichen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey forderte nach dem Gipfel klare Perspektiven für Kinder und Eltern. "Sobald es das Infektionsgeschehen zulässt, müssen Kinderbetreuungsangebote dann mit als erstes wieder öffnen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Es braucht dafür Öffnungsperspektiven, wie der Betrieb in den Einrichtungen schrittweise und vor allem sicher wieder hochgefahren werden kann." Je länger die strikten Kontaktbeschränkungen gelten, desto schwerwiegender seien die Auswirkungen auf Kindeswohl und Kinderschutz, warnte Giffey.

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