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"Markus Lanz": Recht auf eigene Wahrheit? AfD-Mann sorgt für Zoff


Zoff bei "Markus Lanz"
"Das sind alles Fake-Behauptungen hier!"


Aktualisiert am 26.05.2023Lesedauer: 3 Min.
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Der Klimaforscher Mojib Latif legte sich bei "Markus Lanz" mit einem AfD-Mann an (Archivbild).Vergrößern des Bildes
Der Klimaforscher Mojib Latif legte sich bei "Markus Lanz" mit einem AfD-Mann an (Archivbild). (Quelle: IMAGO/teutopress GmbH)

Gibt es ein Recht auf eigene Wahrheiten? Der AfD-Politiker Steffen Kotré verteidigt bei Lanz seine "kruden Thesen". Von Fakten lässt er sich nicht aus der Ruhe bringen.

Was passiert, wenn man einen AfD-Politiker, der für seine putinfreundlichen Positionen und seine Zweifel am menschengemachten Klimawandel bekannt ist, mit einem renommierten Klimaforscher und einer Spiegel-Journalistin diskutieren lässt? Markus Lanz wählte für seine ZDF-Talkshow am Donnerstagabend genau diese Konstellation und bekam tatsächlich ein besonders kontroverses Streitgespräch.

Aber sind unter solchen Umständen auch echte Erkenntnisgewinne möglich? Der Verlauf des Talks ließ daran ernsthafte Zweifel aufkommen – nicht zuletzt im Studio selbst.

Die Gäste

  • Steffen Kotré, energiepolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion
  • Mojib Latif, Klimaforscher
  • Melanie Amann, Leiterin des "Spiegel"-Hauptstadtbüros

Ob die Gesellschaft wohl noch in der Lage sei, sich auf eine Wirklichkeit zu einigen, wollte der Moderator schon bald wissen. "Ich finde, diese Versuchsanordnung hier zeigt, dass wir da auf einem ganz, ganz schlimmen Weg sind", antwortete ihm die "Spiegel"-Redakteurin Melanie Amann. Man habe hier einen international anerkannten Fachmann auf der einen Seite und einen Populisten auf der anderen Seite sitzen.

Während der Klimaexperte Mojib Latif mit Fakten argumentiere, sei der AfD-Abgeordnete Steffen Kotré nur damit beschäftigt, Zweifel zu säen und Nebelkerzen zu werfen, bilanzierte Amann.

Meteorologe und AfD-Politiker streiten über Klimawandel

Ihrem Urteil vorangegangen war ein Zwist zwischen Latif und Kotré über die Ursachen des Klimawandels und die richtigen Lehren daraus. Der energiepolitische Sprecher der AfD-Fraktion beklagte einen verengten Diskurs und zeigte sich skeptisch gegenüber dem wissenschaftlichen Konsens zum Anteil des CO2-Ausstoßes an den Klimaveränderungen.

"Das Problem ist auch, dass viele sich gar nicht mehr trauen, sich dazu zu äußern, weil sie dann keine Forschungsgelder mehr bekommen", meinte Kotré. "Die Diskussion ist verengt, wir haben ständig Hysterie und dieser Alarmismus, der schadet eigentlich uns allen", so der AfD-Politiker.

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In seinen Äußerungen bezog sich Kotré unter anderem auf den österreichischen Quantenphysiker und Nobelpreisträger Anton Zeilinger. Allerdings hatte dieser, wie Lanz mithilfe seiner Redaktion im Laufe der Sendung klarstellte, 2017 an einem Protestmarsch teilgenommen, um gegen Klimaleugner zu demonstrieren.

Lanz wirft AfD-Gast "krude Thesen" vor

Der Moderator zitierte Zeilinger mit dem Satz: "Die Verfälschung und Verleumdung von Tatsachen zu ideologischen Zwecken bedrohen nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Grundlagen der Demokratie." Lanz' Fazit gegenüber seinem Gast von der AfD: "Der Mann ist alles, aber sicher kein Kronzeuge für Ihre krude Thesen."

Davon ließ sich Kotré nicht aus der Ruhe bringen. Er habe sich auf einen anderen Satz Zeilingers bezogen, eine Aussage darüber, dass die Wissenschaft die Zukunft nicht mit Sicherheit voraussagen könne, versuchte der AfD-Politiker zu begründen.

Durch diese Scharmützel ging fast unter, was Latif zur Entwicklung des Klimaschutzes beizutragen hatte. Der Seniorprofessor am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel lobte etwa Deutschland für das Verdienst, die erneuerbaren Energien bezahlbar gemacht zu haben. "Nur deswegen boomen sie überall auf der Welt", stellte er fest.

Kotrés umstrittene Aussagen ignorieren konnte aber auch der Wissenschaftler nicht. "Das sind alles Fake-Behauptungen hier!", warf er dem AfD-Mann unmissverständlich an den Kopf.

Kotré rechtfertigt Auftritt im russischen Fernsehen

Der musste sich an späterer Stelle zusätzlich für seine kremlfreundlichen Stellungnahmen rechtfertigen. Dass Kotré bereitwillig Moskauer Propaganda verbreitet, ist nicht neu. Der AfD-Bundestagsabgeordnete war beispielsweise Anfang dieses Jahres im russischen Staatsfernsehen zu Gast.

Im Gespräch mit dem putinnahen Talkmoderator Wladimir Solowjow bezichtigte er die deutschen Medien der antirussischen Stimmungsmache und vertrat auch sonst Positionen, die ebenso gut aus dem Machtzentrum der russischen Politik hätten stammen können.

Ende März nutzte Kotré wiederum einen Auftritt im Plenum des Bundestages, um sich über eine "Mitschuld des Westens" am Krieg und angebliche Biowaffenlabore in der Ukraine auszulassen. Das trug ihm selbst aus den eigenen Reihen scharfe Kritik ein.

Moderator verzweifelt fast an Kotré

Kotré verteidigte bei Lanz seine Teilnahme an Solowjows Talkshow mit dem Argument, er habe den Gesprächskanal zu Russland offen halten wollen. "Ich würde auch zu Böhmermann gehen, ich gehe überall hin", setzte der AfD-Abgeordnete hinzu.

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Spätestens da war klar, dass Kotré das Talkshow-Studio in eine Bühne verwandelt hatte, die er aus Sicht der Aufmerksamkeitsökonomie nur als Sieger verlassen konnte, Fakten hin oder her.

Dass der AfD-Politiker "ein wahnsinnig taktisches Verhältnis" zu Tatsachen habe, hatte Lanz schon vorher festgestellt. Genau wie er seinem dominanten Gast etwas resigniert gegenüber eingestand: "Wir haben das verstanden, wie das Spiel jetzt hier läuft." Es bleibt also die Frage im Raum, warum er sich dann so bereitwillig darauf eingelassen hat.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtung
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