Unionspolitiker wollen Klimakleber beobachten lassen
Die "Letzte Generation" sorgt weiterhin mit ihren Protesten fΓΌr hitzige Debatten in Deutschland. Unionspolitiker wollen die Gruppe nun vom Verfassungsschutz beobachten lassen.
Mehrere Unionspolitiker stellen die Entscheidung des Verfassungsschutzes infrage, die Klimaaktivisten-Gruppe "Letzte Generation" nicht zu beobachten. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries (CDU) sagte der "Welt": "Eine Organisation, die systematisch Straftaten plant und begeht und dabei auch nicht vor Gewaltdelikten, Bedrohungen und NΓΆtigungen unserer Verfassungsorgane zurΓΌckschreckt, ist ein Fall fΓΌr den Verfassungsschutz." Er halte "eine Beobachtung mit nachrichtendienstlichen Mitteln fΓΌr geboten".
Der CSU-Abgeordnete Alexander Hoffmann erklΓ€rte, innerhalb der Gruppe wΓΌrden "Ideen wie eine Notstandsgesetzgebung, das vΓΆllige Ausschalten politischer Instanzen und deren Entscheidungen sowie die Umverteilung von Eigentum" diskutiert. "Dies zielt eindeutig auf die Beseitigung der verfassungsgemΓ€Γen Ordnung ab."
"Letzte Generation" ruft zu Protesten auf
Doch bei vielen Rechtsexperten gilt eine Beobachtung als umstritten. Auch der PrΓ€sident des Bundesamtes fΓΌr Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang (CDU), hatte zuletzt gesagt, dass seine BehΓΆrde keine hinreichenden Anhaltspunkte habe, die Gruppe als extremistisch einzuschΓ€tzen. Da die Grundhaltung der Aktivisten sei, auf aktive Gewalt zu verzichten, liege kein Extremismus vor. In dieser EinschΓ€tzung sei er sich mit allen 16 LandesΓ€mtern fΓΌr Verfassungsschutz einig. Der Verfassungsschutz verfolge aber tΓ€glich, wie sich die Situation entwickle.
Nach der Razzia gegen einige Mitglieder haben sogar die Vereinten Nationen die Bedeutung von KlimaschΓΌtzern und deren Aktionen hervorgehoben. "Klimaaktivisten β angefΓΌhrt von der moralischen Stimme junger Menschen β haben ihre Ziele auch in den dunkelsten Tagen weiter verfolgt. Sie mΓΌssen geschΓΌtzt werden und wir brauchen sie jetzt mehr denn je", sagte der Sprecher von UN-GeneralsekretΓ€r AntΓ³nio Guterres, Stephane Dujarric, der Deutschen Presse-Agentur in New York.
Regierungen hΓ€tten trotz des herrschenden Grundrechts auf friedliche Demonstrationen natΓΌrlich die Verantwortung, Gesetze durchzusetzen und die Sicherheit zu gewΓ€hrleisten. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz pocht auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Regeln.
Die "Letzte Generation" kΓΌndigte dagegen an, vorerst auf Demonstrationen anstatt auf StraΓenblockaden zu setzen. Die Razzia habe "alle hart getroffen, doch wir haben keine Angst", teilte die Gruppe am Freitag mit und forderte ihre UnterstΓΌtzer auf: "SchlieΓ dich einem Protestmarsch an, der in deiner NΓ€he startet." Insgesamt liefen in 17 StΓ€dten Vorbereitungen fΓΌr Demonstrationen. Anders als zu Beginn der Woche vor der Razzia wurden keine StraΓenblockaden gemeldet.
Sabotage von Γlpipeline?
Das BΓΌndnis "Letzte Generation" blockiert seit Anfang 2022 immer wieder groΓe StraΓen in vielen StΓ€dten und fordert mehr MaΓnahmen fΓΌr den Klimaschutz. Allein in Berlin laufen fast 2.000 Ermittlungsverfahren der Justiz gegen Blockierer.
Die "Letzte Generation" verlangt von der Bundesregierung einen Plan zum Erreichen des international angestrebten 1,5-Grad-Ziels, mit dem die schlimmsten Folgen der ErderwΓ€rmung verhindern werden sollen. Das BΓΌndnis will zudem einen Gesellschaftsrat, der das Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe wie Γl, Kohle oder Gas in Deutschland bis 2030 konkret planen soll. Gefordert wird auch ein Tempolimit von 100 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket.
Am Mittwochmorgen durchsuchten die bayerische Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei 15 Wohnungen von Mitgliedern und UnterstΓΌtzern der Gruppe in 7 BundeslΓ€ndern. Der Vorwurf lautete: Bildung oder UnterstΓΌtzung einer kriminellen Vereinigung. Ermittelt wird gegen sieben Beschuldigte. Zwei davon stehen im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Γlpipeline Triest-Ingolstadt, die Bayern versorgt, zu sabotieren. Die Razzia wurde von vielen Seiten als ΓΌbertrieben kritisiert. Die Initiative beklagte, ihre Mitglieder fΓΌhlten sich wie "Schwerverbrecher behandelt".
- Nachrichtenagentur dpa