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Scholz lädt zu Gesprächen über Migration ins Kanzleramt – ohne Grüne & FDP


Gespräche im Kanzleramt
Trifft sich hier die Große Koalition?

Von Sara Sievert

Aktualisiert am 13.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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CDU-Chef Merz und SPD-Kanzler Scholz könnten ein Bündnis eingehen.Vergrößern des Bildes
CDU-Chef Merz und SPD-Kanzler Scholz: Arbeiten Sie jetzt zusammen? (Quelle: dpa)

Seit Wochen pocht Friedrich Merz auf ein Treffen zum Deutschlandpakt. Nun hat Kanzler Scholz den CDU-Chef und zwei wichtige Länderchefs eingeladen. Von Grünen und FDP ist keiner dabei. Was hat das zu bedeuten?

Die Einladung, auf die Friedrich Merz seit Wochen wartet, kam am Mittwoch per Mail. Der Oppositionsführer ist am Freitag zu Gesprächen über den Deutschlandpakt geladen. Thema: Migration. Uhrzeit: 18.30 Uhr. Absender: Büro des Bundeskanzlers. Ein paar kurze Sätze, kein großes Tamtam.

Dabei geht es hier um eine der wichtigsten aktuellen Fragen: Wie will Deutschland die Migrationskrise in den Griff kriegen?

Der Kanzler hatte der Union am 6. September vorgeschlagen, sich an einem Deutschlandpakt zur Modernisierung des Landes zu beteiligen. Das Ziel: über die Regierung hinaus Kompromisse zu finden – auch, wenn nicht vor allem bei der Migrationspolitik. Seit Monaten gehört das Thema zu den drängendsten Sorgen der Bürgerinnen und Bürger.

Neben Merz sollen auch der ehemalige Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz und Regierungschef von Niedersachsen Stephan Weil (SPD) und sein Nachfolger, der neue Vorsitzende und Ministerpräsident von Hessen Boris Rhein zu den Gesprächen kommen. Beide reisen direkt von der Jahres-Ministerpräsidentenkonferenz aus Frankfurt am Main an.

Damit sind zwei Vertreter der Länder anwesend, der Oppositionsführer und der Kanzler.
Moment mal. Fehlt da nicht jemand?

Weder FDP noch Grüne werden an dem Treffen teilnehmen. Wären sie an einem Pakt nicht auch beteiligt? Die Erklärung dafür, die vor allem aus Kreisen der FDP zu hören ist, geht so: Scholz werde bei dem Termin mit Merz, Rhein und Weil eine im Vorfeld abgestimmte, "gemeinsame Linie" vertreten. Der Kanzler soll sich am Dienstagabend extra noch einmal mit seinem Grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck und dem FDP-Finanzminister Christian Lindner besprochen haben. So beteuern es beide Junior-Koalitionspartner.

Also alles gar kein Problem.

Wäre die Koalition nicht für ihre ständigen Unstimmigkeiten bekannt, könnte man das fast glauben. Fakt ist aber: Die Ampel hat in der Vergangenheit zu häufig gestritten. Oft gab es eben keine "gemeinsame Linie". Zumal die Grünen gerade beim Thema Migration einen deutlich anderen Kurs fahren als FDP und SPD. Bei der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) musste der Kanzler sogar ein Machtwort sprechen, um eine Blockade zu verhindern. Die Grünen hatten zunächst gefordert, die umstrittene Krisenverordnung, die Teil der Reform war, anzupassen. Am Ende mussten sie sie weitestgehend akzeptieren.

Viele der Unions-Forderungen, die Friedrich Merz in das Gespräch am Freitag mitbringen wird, haben die Grünen bislang strikt abgelehnt. Etwa die Ausweitung sicherer Herkunftsländer auf die Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko.

Was will Scholz dem CDU-Chef Merz anbieten?

Hinzu kommt, dass die Ampel gerade erst ein zweites Migrationspaket mit Maßnahmen durchgebracht hat. Am Mittwoch hat die Regierung sich im Kabinett darauf geeinigt. Es soll unter anderem den Zugang zu Arbeit erleichtern und Abschiebungen vereinfachen. Einige der Punkte waren bereits Zugeständnisse für die Grünen.

Wäre es strategisch nicht klüger gewesen, das Paket noch eine Woche abzuwarten? So hätte Scholz erst mit Merz und den Ländern sprechen und Teile des Migrationspakets anschließend als Kompromiss verkaufen können. Jetzt fragt man sich in Parteikreisen der Grünen: Was will der Kanzler darüber hinaus mit Merz, Rhein und Weil verhandeln?

Zumal offenbar weder die Parteivorsitzenden noch die Fraktionsspitze oder Außenministerin Annalena Baerbock zu einer "gemeinsamen Linie" für das Gespräch mit Merz gefragt worden sind.

Theoretisch braucht Scholz den Segen der Grünen nicht. Wenn die Länder und die Union als größte Oppositionspartei bei einem Pakt mitziehen, hat er die nötige Mehrheit. Die FDP wird es in dem Fall vermutlich nicht einmal stören, dass sie machtlos ist. Viel von dem, was die Union derzeit zur Migration fordert, würden große Teile der Liberalen sofort unterschreiben. Trotzdem kann Scholz hier nicht an den Grünen vorbei entscheiden. Denn was wäre die Botschaft, die daraus hervorgeht? Dass das Bündnis aus SPD, Grünen und FDP alleine nicht mehr handlungsfähig ist? Scholz die Migrationskrise in einer Art Übergangs-Großen-Koalition löst? Die Ampel wäre am Ende.

Oder ist das Treffen am Ende nicht mehr als ein Streicheln des Egos von Friedrich Merz?

 
 
 
 
 
 
 

Dem CDU-Chef wird das nicht reichen, er wird mit genauen Vorstellungen in den Termin gehen. Ein anschließendes gemeinsames Statement oder eine Pressekonferenz sind, Stand jetzt, nicht geplant. Womöglich, weil es nach dem Termin gar nichts zu verkünden gibt?

Merz war vor Kurzem schon einmal im Kanzleramt. Gleich nach der Generaldebatte im Bundestag, bei der Scholz den Deutschlandpakt vorgeschlagen hatte. Ein kurzes Treffen, bei dem substanziell wenig herauskam. Auf die Frage nach dem Thema Migration soll Scholz nur gesagt haben, Innenministerin Nancy Faeser (SPD) habe das im Griff.

Immerhin darüber ist der Kanzler nun bereit mit Merz zu sprechen. Womöglich sieht Scholz die Einladung schon als Entgegenkommen. Es wäre ganz nach seiner Manier.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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