Unvereinbarkeitsbeschluss Nach Kanzlerwahl: Union und Linke diskutieren über ihr Verhältnis

Friedrich Merz ist Kanzler. Aber das gemeinsame Vorgehen der Union mit der Linken bei der Änderung der Geschäftsordnung löst Debatten aus. Die Linke Reichinnek gibt sich entspannt. Auch CSU-Politiker Dobrindt ist überraschend gelassen.
Friedrich Merz (CDU) ist zehnter deutscher Bundeskanzler. Aber das Scheitern des CDU-Vorsitzende im ersten Wahlgang löste auch eine Debatte aus. Einmal begann die Suche nach möglichen Abweichlern in den Reihen der schwarz-roten Koalition. Zum anderen aber auch die Diskussion über die erstmalige Zusammenarbeit der Union mit der Linkspartei beim Votum über einen zweiten Wahlgang zur Kanzlerwahl schon am Dienstag.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), verteidigte die vorherigen Absprachen mit der Linken – trotz eines offizielen Unvereinbarkeitsbeschlusses. Es habe sich um "keine inhaltliche Zusammenarbeit" gehandelt, sondern nur um die "formale Frage" zum Zeitpunkt des zweiten Wahlgangs, erläuterte Bilger im Sender Phoenix.
Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek hält den Unvereinbarkeitsbeschluss indes für überholt: "Wir haben immer angekündigt, wir stehen bereit, mit den demokratischen Fraktionen gemeinsam zu sprechen - das haben wir getan." Auf die Frage, ob damit der Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU Geschichte sei, antwortete sie: "Ich finde, das zeigt ziemlich deutlich, dass die Gesprächskanäle zwischen den demokratischen Fraktionen da sind, und die Frage ist für mich damit geklärt." Wie das die Union sehe, könne sie natürlich nicht sagen.
Dobrindt schließt künftige Anrufe nicht aus
Um einen zweiten Wahlgang noch am Dienstag zu ermöglichen war die Union auf Grüne und Linkspartei zugegangen, weil für die Zustimmung laut Geschäftsordnung des Bundestags eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig war. Offiziell bestehen sowohl bei CDU als auch bei CSU ein Verbot der Zusammenarbeit, das durch Parteitagsbeschlüsse untermauert ist.
Der designierte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) verteidigte die Gespräche mit der Linken. Wenn eine Zweidrittelmehrheit gebraucht werde, müsse mit den Abgeordneten der Linkspartei gesprochen werden, sagte Dobrindt am Dienstag im Sender ntv. "Ob einem die politische Farbe jetzt passt oder nicht", fügte er hinzu. Daher sei es richtig gewesen, das Gespräch mit ihnen zu suchen.
Und Dobrindt fügte hinzu: "Da, wo Zweidrittelmehrheiten gebraucht werden, wird man das auch in Zukunft noch tun müssen." Wenn man eine Zweidrittelmehrheit wolle, müsse man auch mit Menschen reden. "Egal, ob einem gerade die politische Farbe an dieser Stelle besonders passt."
- Nachrichtenagenturen dpa, AFP