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Prozess gegen Jian G. in Dresden: Das wird gefährlich für die AfD


Prozess in Dresden startet
Der Spion, den die AfD fürchtet


05.08.2025 - 07:34 UhrLesedauer: 4 Min.
Maximilian Krah und sein ehemaliger Mitarbeiter Jian G. (Archivbild): G. steht in Dresden vor Gericht, AfD-Politiker Krah muss aussagen.Vergrößern des Bildes
Maximilian Krah und sein ehemaliger Mitarbeiter Jian G. (Archivbild): G. steht in Dresden vor Gericht, AfD-Politiker Krah muss aussagen. (Quelle: Facebook)
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In Dresden beginnt ein brisanter Spionageprozess. Für einen ehemaligen AfD-Spitzenpolitiker steht dabei alles auf dem Spiel. Auch für seine Partei ist das Verfahren gefährlich.

Es ist ein Mammutprozess, der nicht nur AfD-Politiker Maximilian Krah, sondern auch seine Partei in Bedrängnis bringen dürfte: Ab diesem Dienstagmorgen steht Jian G., ehemaliger Mitarbeiter von Krah, mit seiner mutmaßlichen Komplizin Yaqi X. vor dem Dresdner Oberlandesgericht. Der Vorwurf gegen die beiden lautet: Spionage im Auftrag Chinas.

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t-online hatte die äußerst engen Verbindungen von Jian G. und Maximilian Krah nach China bereits im Herbst 2023 aufgedeckt. In einer exklusiven Recherche enthüllte t-online, wie Jian G. Reisen nach China für den damaligen EU-Abgeordneten Krah organisierte – inklusive Kontakten zum chinesischen Geheimdienstapparat; wie die beiden Lokalpolitiker aus Sachsen nach China lotsten; wie G. in Deutschland ein prochinesisches Firmennetzwerk aufbaute; wie Geld aus China in das Umfeld von G. floss und Krah im Parlament für China lobbyierte. Fotos, die t-online vorliegen, belegen zudem, dass Jian G. zugleich als Regierungskritiker auftrat und in Kreisen der chinesischen Exilopposition aktiv war – zum Teil in hochrangigen Positionen. Rund ein halbes Jahr nach Erscheinen der Recherche wurde G. festgenommen.

Nun muss sich Jian G. vor Gericht verantworten. Der Generalbundesanwalt wirft ihm vor, bereits seit 2002 für einen chinesischen Geheimdienst zu arbeiten. Seine Position in Krahs Brüsseler Büro ab 2019 soll er genutzt haben, um bis zu seiner Festnahme 2024 Informationen im EU-Parlament zu sammeln und an chinesische Stellen weiterzuleiten. Er soll sich dabei mehr als 500 teils vertrauliche Dokumente beschafft haben. Außerdem soll er Dossiers zu Parteiinterna und zum AfD-Führungspersonal, speziell zu den AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla, angelegt haben. Chinesische Oppositionelle und Dissidenten soll er ausgespäht haben.

Yaqi X. soll Jian G. von August 2023 bis Februar 2024 zugearbeitet haben, legt ihr der Generalbundesanwalt zur Last. Sie arbeitete in einem Logistikunternehmen am Leipziger Flughafen und soll wiederholt Daten über Flüge, Fracht und Passagiere zur Weitergabe an den chinesischen Geheimdienst an Jian G. gegeben haben. Dabei ging es unter anderem um Informationen zum Transport von Rüstungsgütern.

Die "geheimdienstliche Agententätigkeit" für eine fremde Macht steht nach Paragraf 99 des Strafgesetzbuches unter Strafe. Jian G. wird ein besonders schwerer Fall zur Last gelegt, ihm droht damit eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Bis Ende September sind 13 Verhandlungstermine in Dresden anberaumt, drei davon in dieser Woche. Auch Krah selbst, der inzwischen von Brüssel nach Berlin gewechselt ist und im Bundestag sitzt, soll Anfang September als Zeuge erscheinen und aussagen. Der Prozess könnte nicht nur ihm gefährlich werden, sondern auch der AfD.

Was wusste Krah?

AfD-Politiker Krah selbst ist bisher nicht angeklagt, Vorwürfe der Mittäter- oder Mitwisserschaft weist er von sich. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden aber ermittelt seit Mai gegen ihn wegen Bestechlichkeit als EU-Abgeordneter und wegen Geldwäsche im Zusammenhang mit chinesischen Zahlungen. Krahs Rolle also dürfte im Prozess von höchstem Interesse sein.

Jian G. und Krah studierten zur selben Zeit an der TU Dresden. Bevor G. die deutsche Staatsbürgerschaft annahm, bis mindestens 2011, war er chinesischer Staatsbürger. Krah sagt, er kenne G. seit 2014, er habe ihn als Unternehmer in seiner Anwaltskanzlei betreut. Bereits 2018 organisierte G. eine China-Reise für Krah. Als Krah 2019 erstmals ins EU-Parlament einzog, begann G. als Assistent für ihn zu arbeiten. Damit war er einer der ersten Mitarbeiter Krahs – und blieb es, bis die Behörden zugriffen.

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Eng ist nicht nur Krahs Verhältnis zu Jian G., alt sind seine Verbindungen nach China, zahlreich sind außerdem die Gerüchte über Geldprobleme und halbseidene Bekanntschaften, die in der AfD mit Blick auf Krah wabern. Vorermittlungen laufen zudem gegen Krah wegen seiner Rolle im Skandal um das pro-russische Propagandanetzwerk "Voice of Europe", über das Geld an EU-Politiker geflossen sein soll.

PR-Desaster für die Partei

Unangenehm für die AfD ist der Prozess gleich aus mehreren Gründen. Erstens steht da mit Krahs Büro das Treiben eines ihrer bekanntesten Politiker im Fokus – ein PR-Desaster also schon allein, weil Parteiprominenz betroffen ist. Die Partei kürte Krah schließlich im Sommer 2023 auf einem Parteitag in Magdeburg zum Spitzenkandidaten für die EU-Wahl 2024. In seinem Wahlkampf machte er sich unter anderem durch radikale TikTok-Videos einen Namen. Seither gilt er als einer der Social-Media-Stars der Partei. Ansonsten aber fiel er vor allem durch Skandale auf, die ihn schließlich kurz vor dem Wahltermin zum Rückzug zwangen.

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Zweitens waren die Vorwürfe gegen Krah und seinen Assistenten bei seiner Wahl schon bekannt und die parteiinterne Kritik laut. Explizit misstrauten AfD-Politiker im EU-Parlament, darunter Nicolaus Fest, Krah und G. wegen ihrer Verbindungen nach China. Die Parteispitze aber ging dem nicht intensiv nach, im Gegenteil: Man hob die "Zeitbombe", wie mancher Funktionär in Magdeburg Krah auch nannte, auf Platz 1 – mit dem Segen der AfD-Chefs, besonders dem von Tino Chrupalla. Der kommt wie Krah aus Sachsen, sieht in ihm einen Konkurrenten und soll ihn sich in Brüssel, nicht in Berlin, gewünscht haben.

Drittens könnten im Prozess Parteiinterna, Dubioses und sogar Intimes über die beiden AfD-Chefs ausgepackt werden. In Dossiers, die Jian G. über Weidel und Chrupalla anlegte, soll einiges davon zu finden sein. Nicht nur Krah soll dafür mit Jian G. gesprochen haben, sondern auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Wenzel Schmidt. Dem soll G. beim persönlichen Treffen auch einen künstlichen Diamanten überreicht haben, wie "Spiegel Online" berichtet. Schmidt bestreitet die Darstellung, aber nicht das Treffen.

Viertens dürfte der Prozess mit solchen Enthüllungen erneut nicht nur das Image der AfD als Rechtsstaatspartei infrage stellen, sondern den Fokus der Öffentlichkeit auf die engen Verbindungen der Partei zu Diktaturen richten. Krah nämlich ist mit seiner Russland- und China-Nähe bei Weitem nicht der Einzige.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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