Gesetzespläne im Kabinett "An den Realitäten in der Pflege vorbei"

Im Bundeskabinett geht es am Mittwoch um zwei Gesetze zum Thema Pflege. Die Branche zeigt sich aber unzufrieden mit den Details.
Eigentlich wollte bereits die Ampelregierung ein neues Pflegekompetenzgesetz verabschieden. Der entsprechende Entwurf des Gesundheitsministeriums war bereits ausgearbeitet und vom Kabinett beschlossen. Doch weil die Regierung kurz darauf zerbrach, wurde das Gesetz nie vom Bundestag verabschiedet. Nun nimmt die schwarz-rote Regierung einen neuen Anlauf. Doch die Pflegebranche zeigt sich unzufrieden.
Das Gesetz des Gesundheitsministeriums von Nina Warken (CDU) wird am Mittwoch in der Kabinettssitzung behandelt. Ziel ist es, dass das Pflegepersonal künftig mehr Tätigkeiten übernehmen darf. Gelten soll das etwa für chronische und stabile Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck. In der Praxis soll dies allerdings vorerst nur vereinzelt umgesetzt werden. Denn zunächst sind Modellvorhaben geplant, die erst ausgewertet werden müssen, bevor dauerhaft Kompetenzen übertragen werden sollen.
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Branche fordert wirksame Entlastung statt modellhafter Zwischenlösungen
Der Branche geht das nicht weit genug. Thomas Knieling, Bundesgeschäftsführer des Verbands Deutscher Alten- und Behindertenhilfe, kritisiert bei t-online, das Gesetz bleibe "inhaltlich weit hinter den Erwartungen zurück und unterscheidet sich kaum vom Entwurf der vorherigen Bundesregierung". Er fordert eine sofort wirksame Entlastung statt modellhafter Zwischenlösungen.
Die Kompetenzübertragung an Pflegefachkräfte wirkt laut Knieling "mutlos und unentschlossen", es seien "minimale Korrekturen". Er forderte mehr Verantwortung für die Pflegekräfte sowie eine Entlastung im Alltag, insbesondere durch eine eigenständige Verordnung von Hilfsmitteln. Eine solche Verordnungskompetenz fehlt in dem Entwurf ganz. Mögliche Kompetenzen werden nach Meinung Knielings durch "Prüfvorbehalte Dritter und zusätzliche Qualifikationshürden" konterkariert.
Allerdings sieht er nicht nur negative Aspekte. Er lobt den Ansatz, stambulante Versorgung (also stationär-ambulant überlappender Angebote) regelhaft zu ermöglichen, als "richtiges Vorhaben".
Sind 18 Monate Ausbildung ein Problem?
Außerdem geht es am Mittwoch im Kabinett um das sogenannte Pflegeassistenzgesetz, das die Ausbildung bundesweit vereinheitlichen soll, die bisher noch durch die Länder geregelt wird. Ein Punkt ist dabei eine angemessene Bezahlung, die bisher oft nicht gegeben war. Den Vorstoß begrüßt auch Knieling. So sei "eine bundeseinheitliche Ausbildung zur Pflegeassistenz dringend erforderlich – der Bedarf an qualifizierten Kräften ist enorm".
Ein wesentlicher Aspekt ist dabei auch die Festschreibung der Ausbildungsdauer auf 18 Monate. Das sieht der Pflegeverbandschef Knieling allerdings kritisch. Er präferiert eine einjährige Ausbildung, wie sie aktuell die Regel ist. Seine Einschätzung: "Die notwendigen Kompetenzen lassen sich in diesem Zeitraum gut vermitteln, und die Einrichtungen dürfen nicht noch länger auf dringend benötigtes Personal warten." Alles andere "würde an den Realitäten in der Pflege vorbeigehen".
Allerdings besteht noch die Möglichkeit für Anpassungen. Wenn das Kabinett die Entwürfe entsprechend verabschiedet, muss im weiteren Verlauf auch der Bundestag noch zustimmen.
Doch die beiden Gesetze sind nicht die einzigen Vorstöße im Bereich der Pflege. Vor einem Monat wurde eine Pflegekommission einberufen, die in den kommenden Monaten Vorschläge für eine grundsätzliche Reform des Pflegesystems erarbeiten soll.
- Eigene Recherche
- Statement von Thomas Knieling
- bundesgesundheitsministerium: "Pflegekompetenzgesetz (PKG)"
- bmbfsfj.bund.de: "Entwurf eines Gesetzes über die Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung"