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Kommentar: Seehofer und der Islam – Heimat für Einige


Heimat für einige

Ein Kommentar von Johannes Bebermeier

16.03.2018Lesedauer: 3 Min.
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Horst Seehofer: Deutschland sei durch das Christentum geprägt, sagt der Heimatminister. "Der Islam gehört nicht zu Deutschland."Vergrößern des Bildes
Horst Seehofer: Deutschland sei durch das Christentum geprägt, sagt der Heimatminister. "Der Islam gehört nicht zu Deutschland." (Quelle: Peter Kneffel)

Für Horst Seehofer gehört der Islam nicht zu Deutschland. Der Heimatminister will mit seinem Satz ein neues Heimatgefühl für einen Teil der Deutschen erzeugen – und spaltet die Gesellschaft.

Da ist sie wieder, diese unselige Debatte um einen Satz. "Der Islam gehört nicht zu Deutschland", hat Horst Seehofer gesagt. Der neue Heimatminister lässt damit erahnen, wie er den vagen Begriff Heimat schärfen will. Nämlich in Abgrenzung zum vermeintlich Fremden. Heimat für uns, nicht für sie. Das ist fatal.

Seehofer muss sich der symbolischen Bedeutung des Satzes bewusst gewesen sein. Er wollte die aufgeregte Debatte auslösen, die nun folgt, und konnte sich sicher sein, dass es sie geben wird. Denn er bezieht sich auf die ebenso aufgeregte Debatte, die der damalige Bundespräsident Christian Wulff 2010 ausgelöst hatte. Der behauptete genau das Gegenteil: "Der Islam gehört zu Deutschland." Kanzlerin Angela Merkel schloss sich dem später an.

Im Grundgesetz steht die Freiheit des Glaubens

Es ließe sich nun trefflich streiten, inwiefern eine Religion überhaupt zu einem Land gehören kann. Im deutschen Grundgesetz jedenfalls ist die Freiheit des Glaubens festgeschrieben, eine Staatsreligion gibt es nicht. Da Seehofer nicht dafür bekannt ist, gern ausufernde theologische und philosophische Betrachtungen anzustellen, kann man sich das auch getrost sparen. Darum geht es ihm nicht.

Wichtiger ist es darüber zu sprechen, was Seehofer mit diesem Satz bezwecken will. Seit Mittwoch ist er Heimatminister. Das Amt hat er sich selbst in den Koalitionsvertrag geschrieben. Im Bund gab es so etwas noch nie. Keiner weiß deshalb so recht, was ein Heimatminister eigentlich macht. Heimat kann man nicht in Gesetze gießen. Es geht vor allem um ein Gefühl. Und weil man ein Heimatgefühl nicht verordnen kann, versucht Seehofer offensichtlich, es mit aufsehenerregenden Sätzen zu erzeugen.

Seehofer will mit dem Islam-Satz die Deutschen erreichen, die sich vom Flüchtlingszuzug übermannt fühlen und deshalb AfD statt Union gewählt haben. Diese Menschen fühlen sich heimatlos, so die populäre Analyse, der auch Seehofer anhängt. Also gibt man ihnen mit dem Satz das Gefühl, dass auch sie mit ihrer Meinung einen Platz in Deutschland haben. Und natürlich auch wieder in der Union. Ob den Menschen das genügt, kann man bezweifeln. Denn die Politik ändert sich damit noch kein bisschen.

Darum geht es Seehofer auch nicht, obwohl es sich lohnen würde, über eine neue Integrationspolitik zu sprechen. Das wird klar, wenn man das Interview mit der „Bild“-Zeitung weiterliest. Denn er sagt noch mehr als den Islam-Satz. Zum Beispiel: „Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland.“ Und: „Meine Botschaft lautet: Muslime müssen mit uns leben, nicht neben oder gegen uns. Um das zu erreichen brauchen wir gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme. Das erreicht man nur, wenn man miteinander spricht.“

Über den Satz hinaus nichts Neues

Das will so gar nicht mit dem pauschalen Islam-Satz zusammenpassen. Auch Wulff und Merkel wären damit einverstanden, haben das sogar ganz ähnlich formuliert und den Muslimen noch mehr abverlangt, zum Beispiel für ein gemeinsames Zusammenleben auch offen zu sein. Selbst Grüne und Linke können nichts gegen „gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme“ sagen. Seehofer will nur, was alle wollen. Die Integrationsdebatte bringt er nicht voran.

Ihm geht es also einzig um das Heimatgefühlige des Islam-Satzes für die angeblich Heimatlosen. Dieser Satz wird hängenbleiben. Und das ist höchst problematisch. Seehofer bringt Deutschland pauschal gegen den Islam in Stellung – und damit natürlich auch pauschal gegen die Muslime. Denn wie die rund fünf Millionen Muslime in Deutschland dazugehören können, ihre Religion aber nicht, wird Seehofers Geheimnis bleiben.

Das Heimatministerium, hat Seehofer einmal gesagt, solle den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken. Heimatminister Seehofer tut gerade das Gegenteil. Er spaltet.

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