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Verhaftung von Audi-Boss Rupert Stadler: Das sagt die Presse


Presseschau zu Audi
"Für andere Hersteller sollte Stadlers Verhaftung ein Weckruf sein"

Von reuters, dpa, afp, aj

Aktualisiert am 19.06.2018Lesedauer: 5 Min.
Rupert Stadler und Martin Winterkorn: Audi-Chef Stadler ist in Untersuchungshaft genommen worden. Auch Martin Winterkorn soll vor Gericht gebracht werden.Vergrößern des BildesRupert Stadler und Martin Winterkorn: Audi-Chef Stadler ist in Untersuchungshaft genommen worden. Auch Martin Winterkorn soll vor Gericht gebracht werden. (Quelle: dpa)
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Der erste Top-Manager der Autobranche sitzt wegen des Dieselskandals in Untersuchungshaft: Rupert Stadler, der Chef der VW-Tochter Audi. Die Pressestimmen zu seiner Verhaftung.

Die "Frankfurter Rundschau" kommentierte zur Inhaftierung Stadlers: "Volkswagen bleibt (...) seiner Linie im Abgasskandal treu und gibt nur zu, was ohnehin nicht mehr abzustreiten ist. Diese Strategie wird mit der Verhaftung von Stadler aber immer fragwürdiger: Auch wenn er von den systematischen Manipulationen bei VW tatsächlich nichts wusste, hat er kläglich versagt, weil er zumindest die Verantwortung für ein unzulängliches Kontrollsystem in seinem Unternehmen tragen muss. Doch auch das scheint im Fall Stadler keine Rolle zu spielen. Vielleicht weil er auch im Konzernvorstand und in vielen weiteren wichtigen internen Gremien des Unternehmens sitzt? Stadler ist zu wichtig, um zu scheitern. Ihn endgültig fallenzulassen, käme einem umfänglichen Schuldeingeständnis gleich, das letztlich weitreichende Folgen für das gesamte Unternehmen und für eine Reihe weiterer Manager haben könnte."

In den "Stuttgarter Nachrichten" war zu lesen: "Ungläubig verfolgen viele Bürger, wie sich das Erscheinungsbild der deutschen Autoindustrie wandelt – von der Vorzeigebranche hin zu einer Ansammlung von Firmen, die den Toyota-Werbespruch "Nichts ist unmöglich" zu wörtlich genommen hat. Je länger der Vertrauensverlust anhält, desto größer der Schaden für die Firmen und für ihre Mitarbeiter. Immer deutlicher zeigt sich, dass ein glaubwürdiger Neuanfang ohne eine ehrliche Aufarbeitung der Vergangenheit nicht möglich ist. Je länger diese Aufarbeitung verschleppt wird, desto mehr Vertrauen in ihre neuen Produkte verspielen die Manager. Den Preis dafür zahlen die Mitarbeiter."

Der "Donaukurier" aus Ingolstadt kommentierte, dass der bittere Abgang Stadlers eine Quittung für das Versagen des gesamten Unternehmens sei: "Mehr Kooperation mit der Justiz und eine gründlichere Aufarbeitung hätte dem Volkswagen-Konzern in seiner Position gut getan. Dann hätte sich die Staatsanwaltschaft vielleicht auch den Aufschlag sparen können."

"Die Welt" schrieb zur Inhaftierung Stadlers: "Fast drei Jahre ist bekannt, dass VW Millionen Autos mit manipulierter Software verkauft hat. Büßen müssen dafür bislang gerade mal ein paar Manager der unteren Ebene - und die auch nur in den USA. Sämtliche Topleute des VW-Konzerns, von zwei Beispielen abgesehen, befinden sich auf freiem Fuß. In keinem Fall wurde hierzulande Anklage erhoben. Der Erkenntnisgewinn, wer hinter Dieselgate steht, ist bislang gleich null. Gleichzeitig war Audi nicht nur der Keim der Abgasaffäre, Audi hat bis vor kurzem Autos mit Betrugssoftware verkauft. Ganz so, als hätte es Dieselgate nie gegeben. Da scheint es nicht unangemessen hart, wenn die Behörden nun härtere Geschütze auffahren, um an die Wahrheit zu kommen - zur Not mittels U-Haft für den Audi-Chef."

In der "Neuen Osnabrücker Zeitung" hieß es: "Fast drei Jahre sind vergangen, seit die Welt erstmals von millionenfachen illegalen Abgasmanipulationen an Dieselmotoren erfahren hat. Jahre, in denen sich herausschälte: Die Verfehlungen sind nicht einzelnen Ingenieuren anzulasten. Auch in den obersten Etagen von VW, Audi und Co. finden sich Mitwisser, wenn nicht treibende Kräfte. Nun hat es mit Audi-Chef Stadler den ersten Top-Manager erwischt. Natürlich gilt die Unschuldsvermutung. Dennoch fragt man sich: Warum dauerte das so lange? (...) Wer Zeugen einnorden, wer Spuren verwischen wollte, hatte dazu längst Zeit. Dass Stadler sich im Amt hielt, lässt sich mit mächtigen Förderern erklären, darunter Ferdinand Piëch, bis 2015 Vorsitzender des VW-Aufsichtsrats. Nun erhöhen die Ermittler offenbar den Druck. Gut so. Druck scheint das Einzige zu sein, das Bewegung in die zähe Aufklärung bringt."

Die "Braunschweiger Zeitung" schrieb, die nun erhobenen Vorwürfe gegen den Top-Manager wiegten schwer. "Es sind Hinweise gefunden worden, dass er geplant haben könnte, Zeugen oder andere Beschuldigte zu beeinflussen. Erhärtet sich dieser Verdacht, dann lässt der Vorgang tief blicken. Stadler müsste also gute Argumente finden, um die Vorwürfe zu widerlegen. Gelingt ihm das, steht ihm die Rehabilitation zu. Im Idealfall werden durch die Personalie Stadler endlich Vorgänge bei Audi und VW aufgedeckt und bekannt, die es zulassen, Verantwortliche zu benennen. Darauf warten Mitarbeiter und Öffentlichkeit am sehnlichsten."


Im "Weser-Kurier" aus Bremen ist zu lesen: "Für andere Hersteller sollte Stadlers Verhaftung ein Weckruf sein. Ermittelt wird auch bei BMW und Daimler. Und klar ist, dass die Justizbehörden auch in den obersten Management-Etagen nicht vor einem harten Durchgreifen zurückschrecken. Die Gebote der Ehrlichkeit und Anständigkeit bei der Aufklärung der Abgasaffäre sind keinesfalls allein moralische Kategorien, es geht nicht ausschließlich um Unternehmensethik - sondern schlicht um Recht und Gesetz."

t-online.de-Kolumnist Gerhard Spörl schrieb kurz vor der Verhaftung: "Rupert Stadler und Dieter Zetsche haben bis jetzt überlebt. Wie lange noch? Die Schonzeit ist vorbei, in der die Regierung Rücksicht übte, weil nun einmal 820.000 Arbeitsplätze im Inland direkt gefährdet wären; außerdem werden vier Millionen Autos exportiert, das macht rund 18 Prozent des deutschen Exports aus. Minister Scheuer hat den Ton angemessen verschärft, was Zetsche, der bei der ersten Vorladung jungenhaft in Turnschuhen erschien, erstaunt zur Kenntnis nahm."

Zum Hintergrund der Verhaftung:

Die Staatsanwaltschaft München hatte Stadler am Montagmorgen überraschend wegen Verdunkelungsgefahr in der Dieselaffäre verhaftet, er sitzt seither in Untersuchungshaft. Die Ermittler hatten bei den Durchsuchungen vor einer Woche nach eigenen Angaben Hinweise gefunden, dass der 55-Jährige möglicherweise auf Beweismittel, andere Beschuldigte oder Zeugen Einfluss nehmen könnte. Der Audi-Chef soll spätestens am Mittwoch vernommen werden.

Dem Manager, der die Marke mit den vier Ringen seit 2007 lenkt, wird auch intern eine schleppende Aufarbeitung des Skandals vorgehalten, obwohl Audi als Keimzelle für den Abgasbetrug gilt, von dem auch VW betroffen ist. Stadler hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Die VW-Eigentümerfamilien Porsche und Piëch stärkten Stadler bis zuletzt den Rücken.

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Stadler ist zwar nicht der erste, aber der bislang hochrangigste Manager, der im VW-Skandal in Untersuchungshaft muss. Ein ehemaliger Porsche-Entwicklungsvorstand sitzt seit September 2017 in München in Untersuchungshaft. Einer seiner früheren Mitarbeiter bei Audi in Neckarsulm war nach mehreren Monaten Untersuchungshaft im November 2017 wieder freigekommen.

In den USA wurden zwei VW-Mitarbeiter bereits zu langjährigen Haftstrafen und hohen Geldbußen verurteilt. Insgesamt wurden bislang US-Strafanzeigen gegen neun ehemalige oder aktuelle Mitarbeiter des VW-Konzerns gestellt. Auch der frühere Vorstandschef Martin Winterkorn soll vor Gericht gebracht werden und wird von der US-Justiz per Haftbefehl gesucht. In Deutschland ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen 49 mutmaßlich Beteiligte am VW-Abgasskandal.

Verwendete Quellen
  • dpa, afp, rtr
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