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Brinkhaus statt Kauder: Wie groß ist Angela Merkels Machtverlust?


Niederlage in der Fraktion
Wie groß ist Merkels Machtverlust?

reuters, Von Andreas Rinke

Aktualisiert am 28.09.2018Lesedauer: 4 Min.
Angela Merkel: Die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin büßt an Macht ein.Vergrößern des BildesAngela Merkel: Die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin büßt an Macht ein. (Quelle: Michael Kappeler/dpa-bilder)
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Brinkhaus statt Kauder: Die Unionsfraktion hat sich dem Wunsch der Kanzlerin widersetzt. Wie ernst ist es für Merkel? Schon Ende Oktober steht der nächste Showdown an.

Angela Merkel hat die Wahl von Ralph Brinkhaus zum neuen Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion selbst eine Niederlage genannt. Seither ist eine Debatte entbrannt, wie schwer diese Niederlage ist und welche Folgen sie haben könnte.

Ohnehin läuft nach 13 Jahren Kanzlerschaft und 18 Jahren CDU-Vorsitz bereits die Diskussion, wie lange Merkel noch an der Spitze der Regierung des größten EU-Staates stehen wird. Der nächste Testfall für diese Frage ist der CDU-Parteitag vom 6. bis 8. Dezember in Hamburg. Aber entscheidende Weichenstellungen dürfte es schon nach der Hessen-Wahl am 28. Oktober geben.

Wir beantworten die wichtigsten Fragen:

Wie groß ist der Machtverfall?

Dass Merkel und die CSU-Spitzen die Wiederwahl von Volker Kauder nicht durchsetzen konnten, wird als schwerster Machtverlust Merkels in ihrer bisherigen Amtszeit angesehen. Denn eine Kanzlerin braucht einen engen Draht zum Vorsitzenden der größten – eigenen – Regierungsfraktion. Brinkhaus betont indes, dass diese Zusammenarbeit mit ihm genauso möglich sei wie unter Kauder, auch wenn die Fraktion ihr Profil schärfen wolle.

Niederlagen hatte Merkel allerdings im Laufe ihrer Amtszeit schon häufiger einstecken müssen – auch den Verlust von sehr engen Mitarbeitern. Personelle Erneuerung und ein stärkeres eigenes Profil müssen nicht unbedingt zulasten der Kanzlerin gehen. Die neue CDU-Generalsekretär Annegret Kramp-Karrenbauer will die Partei selbstbewusster aufstellen und Merkel unterstützen.

Viel wird also davon abhängen, wie sich die Fraktion künftig bei konkreten strittigen Themen positionieren wird. Dabei wird auch Brinkhaus Kompromisse nicht nur mit der Kanzlerin, sondern auch mit der SPD eingehen müssen – was die Möglichkeiten der Profilierung etwas schmälert. Am Donnerstag verließ Merkel demonstrativ die Regierungsbank im Bundestag, um auf Brinkhaus zuzugehen.

Tritt Merkel im Dezember wieder an?

Schon am Dienstag kursierte die Frage: Tritt Merkel beim Bundesparteitag überhaupt noch einmal für die anstehende Wahl zur Parteivorsitzenden an? Die "Bild"-Zeitung zitierte aus dem Präsidium, dass sie sich dies sehr genau überlege. Der Gedanke hinter dieser Spekulation: Der Machtverfall könnte so groß werden, dass Merkel auf dem Parteitag ein Debakel erleben müsste – oder der Druck anderer CDU-Politiker zu groß wird, dass sie abtreten sollte.

Allerdings: Die Hürde für diesen Schritt liegt sehr hoch. Denn Merkel hat immer wieder betont, dass Parteivorsitz und Kanzlerschaft für sie in eine Hand gehöre. Sollte sie nicht mehr antreten, würde sie nach dieser Logik also auch als Kanzlerin abtreten müssen. Das wird in CDU-Kreisen derzeit noch als sehr unwahrscheinlich angesehen. Aber unter den harten Kritikern ihrer Flüchtlingspolitik gibt es Politiker, die einen Wachwechsel an der Spitze wollen. Daran ändern auch die Solidaritätsbekundungen etlicher Abgeordneter, die Brinkhaus wählten, wenig.

Bisher galt als wahrscheinlichste Variante, dass sich Merkel die Frage, erneut anzutreten, erst im Dezember 2020 ernsthaft stellen wird: Zerbricht die Koalition nicht vorher, könnte sie dann theoretisch noch einige Monate bis zur Bundestagswahl Kanzlerin bleiben, die CDU aber einen anderen Spitzenkandidaten aufbauen. Ein Kanzlerwechsel in der großen Koalition ist schon deshalb schwierig, weil die SPD Merkels Nachfolger oder Nachfolgerin mitwählen müsste.

Bekommt Merkel im Dezember einen Gegenkandidaten?

Die Brinkhaus-Kandidatur hat gezeigt, wie dramatisch sich ein Bild ändern kann, wenn ein unerwarteter Gegenkandidat bei einer Wahl auftritt. Das unbekannte Berliner CDU-Mitglied Jan-Philipp Knoop hat auf Facebook bereits eine Kandidatur angekündigt. Wie ernst das zu nehmen ist, muss man abwarten. In der CDU wird eingeräumt, dass der Brinkhaus-Sieg aber die Wahrscheinlichkeit erhöht hat, dass sich auch anderen Kandidaten melden. Kandidaturen sind noch auf dem Parteitag selbst möglich. Der Sieger oder die Siegerin muss mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen bekommen.

Wie gut müsste Merkel abschneiden?

Egal, ob Gegenkandidaten antreten oder nicht: Stellt sich Merkel der Wahl, werden alle mit Argusaugen auf das Ergebnis schauen. In den 18 Jahren Parteivorsitz gab es eine Bandbreite von 88,4 Prozent (2004) bis 97,9 Prozent (2012). 2016 erzielte Merkel 89,5 Prozent. Angesichts der Genervtheit über den CDU-CSU-Streit vor der Sommerpause, die lange Phase der Regierungsbildung und das schlechte Bild der großen Koalition rechnen derzeit viele mit einem schlechteren Ergebnis. Zumal es nicht um eine Wahl vor dem Wahlkampf geht, vor dem Parteien normalerweise die Reihen hinter ihrem Spitzenpersonal schließen. Gegenkandidaten könnten sogar helfen, ein schwächeres Ergebnis weniger schlecht erscheinen zu lassen. Fällt es aber zu niedrig aus, wird die Debatte um die Kanzlerinnendämmerung weitergehen.

Wer wären die möglichen Nachfolger?

Als Grund dafür, das Merkel jetzt schon 13 Jahre im Amt ist, wird bei Freund und Feind das Fehlen einer überzeugenden Alternative gesehen. Bei allem Grummeln oder offener Kritik an der Kanzlerin schützt sie dies – ebenso wie ihr außen- und europapolitisches Ansehen. Zudem sind ihre Sympathiewerte immer noch sehr hoch. Laut einer Kantar-Emnid-Umfrage für die "Funke Mediengruppe" glauben 31 Prozent, dass am ehesten CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer eine guter Alternative wäre – und 51 Prozent der CDU-Anhänger.

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Gesundheitsminister Jens Spahn können sich nur 19 Prozent als erfolgreichen Kanzlerkandidaten vorstellen. Unter den CDU-Anhängern schneiden nur Kramp-Karrenbauer (51 zu 36 Prozent), Merkel selbst (52 zu 44) und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (43 zu 26 Prozent) in der Bewertung positiv ab.

Wann fällt die Vorentscheidung?

Konsens ist in allen Lagern, dass die hessische Landtagswahl am 28. Oktober eine Vorentscheidung bringen wird. Ein Wahlsieg der CDU dürfte Ruhe auch für Merkel bringen. Schneidet die CDU schlecht ab und muss Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Bouffier sogar sein Amt abgeben, dürften die Rufe nach einer personellen Erneuerung auch an der Parteispitze lauter werden.

Verwendete Quellen
  • Reuters
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