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Merkel beim Deutschlandtag der Jungen Union: Die Revolte ist vertagt


Kanzlerin beim Unionsnachwuchs
Die Revolte ist vertagt

dpa, Von Jörg Blank und Ruppert Mayr

06.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Angela Merkel auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Kiel: Von Resignation war bei der Kanzlerin nichts zu spüren.Vergrößern des BildesAngela Merkel auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Kiel: Von Resignation war bei der Kanzlerin nichts zu spüren. (Quelle: Carsten Rehder/dpa-bilder)
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Angela Merkel ist angezählt. Doch beim Deutschlandtag der Jungen Union ist davon kaum etwas zu merken. Die Kanzlerin kämpft. Und die Kritiker verschieben die Revolte.

Resignation? Nicht zu spüren. Zerknirschung? War von Angela Merkel nicht wirklich erwartet worden. Eher zeigt die CDU-Chefin an diesem Samstag trotz der verheerenden Umfragewerte vor den wichtigen Wahlen in Bayern und Hessen Angriffslust. Die Umfragen seien ja ganz gut erklärbar, ruft sie beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Kiel dem Unionsnachwuchs zu. Sie meint vor allem den erbitterten Streit, mit dem CSU und CDU in den vergangenen Monaten immer mehr Anhänger vergrault haben.

Schon der Empfang für Merkel ist vieldeutig. Zum Einmarsch in die Halle muss sich Merkel "Don't Stop Believin'" ("Hör' nicht auf, zu glauben") anhören, einen Song der US-Rocker von Journey aus den 80er Jahren. Das Lied ist uralt, der Inhalt klingt aktuell: Es geht um ein Kleinstadtmädchen in seiner einsamen Welt. Eine Zeile lautet: "Sie nahm den Mitternachtszug nach irgendwo..." Soll das als Anspielung auf eine Ziellosigkeit verstanden werden, mit der Merkel nach Ansicht vieler im Saal die Umfragewerte in den Keller treibt?

Gewinner und Verlierer

Auch eine weitere Songzeile passt zum Konvent, bei dem quasi alle CDU-Hoffnungsträger für die Zeit nach Merkel zum Schaulauf antreten: "Manche werden gewinnen, manche werden verlieren." Viele in der Halle interessieren sich vor allem für Merkel, und wer sie beerben könnte.

Dass die Zeit zum Erben aus ihrer Sicht wohl noch nicht ganz gekommen ist, macht Merkel dann recht rasch deutlich. Sie könne ja gut verstehen, dass viele vom Bild enttäuscht seien, das Schwarz-Rot abgebe. Aber Schuld daran sei vor allem der Unionsstreit – und den wolle sie nicht. Deswegen müsse man sich jetzt "an die Wähler wenden und nicht miteinander Fingerhakeln machen". Viele Wähler in Bayern und Hessen seien noch unentschieden, Streit komme nicht gut. Also: Auf Sacharbeit setzen, Merkel ist sich mit der JU da einig.

Dann lässt die CDU-Chefin Angriffslust erkennen. Was ihr fehle im Leitantrag des Nachwuchses, sei der ökologische Bereich. Dabei stehe man angesichts von Klimawandel und Plastikmüll doch vor einer dramatischen Entwicklung. Viele im Auditorium klatschen.

"Schön männlich"

Ganz zum Schluss sagt Merkel spitz, ihr sei doch bitte eine kleine kritische Anmerkung erlaubt. Sie werde in der Fragerunde im Anschluss ja auch noch eine Menge Kritik zu hören bekommen. "Der geschäftsführende JU-Bundesvorstand", holt sie süffisant aus: "Schön männlich. Aber 50 Prozent des Volkes fehlen." Viele in der Halle johlen, als die Kanzlerin noch einen draufsetzt: "Und ich sag' Ihnen: Frauen bereichern das Leben. Nicht nur im Privaten, auch im Politischen. Sie wissen gar nicht, was Ihnen entgeht."

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Im geschäftsführenden JU-Vorstand – Vorsitzender, Stellvertreter und Schatzmeister – liegt die Frauenquote bei: Null. Unter den 22 neuen Vorstandsmitgliedern sind nur fünf Frauen zu finden. Diese Vorlage für einen Entlastungsangriff lässt sich Merkel nicht entgehen.

Merkel: Keine Herrschaft des Unrechts

In der Diskussionsrunde danach geht es um Rente, den Diesel, den Soli, die Türkei. Als ein junger Mann aus dem Verband München Nord der Kanzlerin ins Gesicht sagt, er traue ihr nicht zu, das Vertrauen zur Unionsbasis bis zur nächsten Bundestagswahl wieder herzustellen, geht Merkel darauf nicht direkt ein. Eines will sie aber doch sagen: "Den Begriff der Herrschaft des Unrechts", der von CSU-Chef Seehofer im Migrationsstreit geprägt wurde, "den weise ich zurück".

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der direkt nach Merkel spricht, hält eine Rede, die sich anhört, als wolle er bloß kein neues Öl ins Feuer kippen. Bloß keinen neuen Streit – eine Woche vor der Landtagswahl zuhause, wo der CSU der Absturz droht. Die Gemeinsamkeit von CDU und CSU sei unverrückbar, ruft er – dabei gibt es in der Union einige, die glauben, dass er im Streit der vergangenen Monate auch mal mit einer Spaltung der CDU/CSU-Fraktion geliebäugelt haben könnte.

Auch Spahn vermeidet den Konflikt

Auch der zweite ausgewiesene Merkel-Kritiker an diesem Tag, der dem besonders konservativen CDU-Lager zugerechnete Jens Spahn, vermeidet jeden neuen Konflikt. Er gibt sich zupackend, staatstragend. Die Menschen wollen Lösungen, keine leeren Versprechungen. Er als Gesundheitsminister habe das schon vorgemacht, etwa in der Pflege. Die Union ruft er zur Geschlossenheit auf. Es wirkt, als spreche da ein Kandidat, vielleicht für den CDU-Vorsitz. Nach seiner Rede bekommt er zwar kräftigeren Applaus als Merkel und auch etwas längeren – kein Wunder, der Mann ist schon lange Liebling der JU.

Die Abrechnung für Merkel, das scheint fast allen Unionsleuten klar, dürfte ohnehin erst nach den Landtagswahlen kommen. Kaum jemand hier will ausschließen, dass es dann sogar zu einer Eigendynamik kommt, die Merkel am Ende aus CDU-Vorsitz und Kanzleramt trägt.

Dass die Kanzlerin sich selbst da keine Illusionen macht, zeigt eine kleine Szene mit Ziemiak zum Schluss. Gerade hat Merkel Wandersocken und eine gelbe Windjacke für stürmische Zeiten bekommen. Aus diesen Geschenken ziehe sie die Schlussfolgerung, "dass sie mich nicht im Regen stehen lassen wollen. Das finde ich toll", sagt die CDU-Chefin in ihrer gewohnt trockenen Art.

Verwendete Quellen
  • dpa
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