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Horst Seehofer schickt Hans-Georg Maaßen in einstweiligen Ruhestand


"Vertrauen nicht mehr herstellbar"
Seehofer versetzt Maaßen in vorzeitigen Ruhestand

Von dpa, t-online, job, law

Aktualisiert am 05.11.2018Lesedauer: 3 Min.
Hans-Georg Maaßen, Horst Seehofer: Der Innenminister stand wegen seines Umgangs mit dem in der Kritik stehenden Verfassungsschutzchef seit Längerem unter Druck.Vergrößern des BildesHans-Georg Maaßen, Horst Seehofer: Der Innenminister stand wegen seines Umgangs mit dem in der Kritik stehenden Verfassungsschutzchef seit Längerem unter Druck. (Quelle: Archivbild/Fabrizio Bensch/Reuters-bilder)
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Eine Rede wurde ihm zum Verhängnis: Hans-Georg Maaßen wechselt doch nicht ins Innenministerium. Seehofer versetzt den umstrittenen Verfassungsschutzchef in den Ruhestand – und zeigt sich verärgert.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen mit sofortiger Wirkung in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Das sagte er am Nachmittag in Berlin. Seehofer begründete den Schritt mit inakzeptablen Formulierungen in einem Redemanuskript Maaßens. Vor diesem Hintergrund sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit Maaßens "mit mir und auch mit allen Beteiligten in welcher Funktion auch immer nicht mehr möglich".

Maaßen sei von seinen Pflichten freigestellt worden. Sein bisheriger Stellvertreter Thomas Haldenwang soll vorläufig die Aufgaben des Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz übernehmen, bis über die Nachfolge entschieden wird. Seehofer werde dem Bundeskabinett zeitnah einen Vorschlag für die Nachfolge machen. Das entscheidet dann darüber.

Rede vor europäischen Geheimdienstchefs

Hintergrund der Entscheidung Seehofers ist eine Rede Maaßens vor europäischen Geheimdienstchefs am 18. Oktober in Warschau, in der er von linksradikalen Kräften in der SPD gesprochen hatte. Seine Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz im August seien für diese Kräfte willkommener Anlass gewesen, einen Bruch der großen Koalition zu provozieren, sagte Maaßen dort.

Seehofer bezeichnete nun auf einer Pressekonferenz einige Formulierungen darin als inakzeptabel. "Mit diesem Redemanuskript bin ich überzeugt davon, dass dieser Schritt unvermeidlich ist", sagte Seehofer. "Das Vertrauen erscheint mir nicht mehr herstellbar." Und: "Natürlich ist man dann auch ein Stück menschlich enttäuscht."

Seehofer nannte auf Nachfrage drei Dinge, die er für inakzeptabel hält:

  • Maaßen habe das Interview in der "Bild", das die Debatte im September ausgelöst hatte, später im Innenausschuss bedauert. "Wenn man es dort bedauert, kann man nicht hier in diesem Redemanuskript diese Dinge wieder so formulieren, wie sie formuliert sind", sagte Seehofer.
  • Von linksradikalen Kräften in der SPD zu sprechen, halte Seehofer nicht für akzeptabel.
  • Die ganze Sicherheitspolitik als naiv und links zu beschreiben, sei für Seehofer ebenfalls eine Grenzüberschreitung.

Proteste und rechtsextremistische Übergriffe in Chemnitz

Hintergrund der Debatte um Maaßen waren damals die Ausschreitungen in Chemnitz. Dort war am 26. August ein 35 Jahre alter Deutscher mutmaßlich von Asylbewerbern erstochen worden, danach kam es zu Protesten und rechtsextremistischen Übergriffen. Maaßen bezweifelte damals die Echtheit eines Videos, das eine ausländerfeindliche Attacke auf Migranten zeigt.

In dem Redemanuskript Maaßens, das der dpa und anderen Medien vorlag, heißt es unter anderem: "Ich habe bereits viel an deutscher Medienmanipulation und russischer Desinformation erlebt. Dass aber Politiker und Medien 'Hetzjagden' frei erfinden oder zumindest ungeprüft diese Falschinformation verbreiten, war für mich eine neue Qualität von Falschberichterstattung in Deutschland." Er habe lediglich klargestellt, dass es nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in Chemnitz keine derartigen rechtsextremistischen Hetzjagden gegeben habe.

Entscheidung vom September bereut Seehofer nicht

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten sich im September zunächst darauf verständigt, dass Maaßen wegen seiner umstrittenen Äußerungen als Staatssekretär ins Innenministerium wechseln sollte. Nach einer Welle der Empörung beschlossen sie dann, dass der 55-Jährige im Innenministerium im Rang eines Abteilungsleiters für europäische und internationale Aufgaben zuständig sein sollte.

Auch diese Einigung war nach den jüngsten Äußerungen Maaßens nicht mehr zu halten. In der Pressekonferenz sagte Seehofer, dass er am 2. November erstmals von der Rede Maaßens erfahren habe. Die Entscheidung vom September, Maaßen zu versetzen, verteidigte Seehofer abermals. Er habe seine Grundüberzeugung mehrfach zum Ausdruck gebracht, wie man mit Mitarbeitern umgeht, nämlich sich zunächst vor sie zu stellen. Eine Versetzung in den einstweiligen Ruhestand sei ein tiefer Einschnitt in das Leben des Betroffenen, der auch rechtlich wohl begründet sein müsse.

Drei Monate bleibt die Bezahlung unverändert

Für Maaßen bedeutet die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand nach dem Beamtenversorgungsgesetz, dass er drei Monate lang unverändert bezahlt wird. Dann erhält er für maximal drei Jahre ein Ruhegehalt von zunächst 71,75 Prozent der Bezüge. Danach kann er Pension gemäß den bis dahin erworbenen Ansprüchen beziehen.

Als Chef-Verfassungsschützer erhält Maaßen ohne Zulagen ein Gehalt von 11.577 Euro im Monat (Besoldungsstufe B9). Die zwischenzeitlich geplante Beförderung zum Staatssekretär hätte für ihn eine Eingruppierung in B11 mit monatlich 14.157 Euro ohne Zulagen bedeutet.


Die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand schließt derweil nicht zwingend eine Rückkehr aus: Das Bundesbeamtengesetz sieht auch die Möglichkeit vor, dass ein entsprechender Beamter erneut berufen wird und dann auch das entsprechende Amt antreten darf oder muss, wenn es mindestens dasselbe Endgrundgehalt vorsieht. In der Praxis ist das jedoch nicht zu erwarten, die Versetzung kommt fast immer faktisch einem Rauswurf gleich.

Verwendete Quellen
  • dpa
  • Pressekonferenz Horst Seehofers in Berlin
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