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Totalschaden im Graubereich

  • Johannes Bebermeier
Eine Analyse von Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 06.02.2020Lesedauer: 5 Min.
Christian Lindner: Völlig verfahren.
Christian Lindner: Völlig verfahren. (Quelle: Annegret Hilse/Reuters-bilder)
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Die FDP gibt sich unschuldig am Desaster von Thüringen. Dabei wusste sie, was passieren kann. Das macht es für die Partei und ihren Chef Christian Lindner so fatal.

Es gibt da einen Brief, der die Erzählung der FDP von der überraschenden Unterstützung der AfD wie Hohn erscheinen lässt. Falls es denn überhaupt noch Zweifel daran gegeben hat, dass die FDP mindestens ahnen musste, was passieren würde, wenn sie mit der CDU einen Kandidaten für das Ministerpräsidentenamt in Thüringen aufstellt.

"Sehr geehrter Herr Kemmerich", schreibt in diesem Brief ein gewisser Björn Höcke in krakeliger Schrift. Der AfD-Rechtsaußen und -Landeschef beschwört seine staatspolitische Verantwortung und seine Bereitschaft, eine Blockade zu lösen und schlägt letztlich vor: "Eine von unseren Parteien gemeinsam getragene Expertenregierung oder eine von meiner Partei unterstützte Minderheitsregierung wären denkbare Alternativen zum 'Weiter so' unter Rot-Rot-Grün." Mit freundlichen Grüßen.

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Der Brief datiert auf den 1. November, er ist drei Monate alt, die Wahl war erst ein paar Tage her. So lange wusste die FDP, dass passieren kann, was am Mittwoch wirklich passiert ist, wenn sie tut, was sie tat: ein Ministerpräsident von Gnaden der AfD. Was hat sich die Partei des Liberalismus in Deutschland dabei gedacht? Auch die freundlichste und wahrscheinlichste Interpretation ist ein politisches Armutszeugnis für FDP-Chef Christian Lindner.

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Wir können nichts dafür

Christian Lindner tritt am Mittwochnachmittag vor die Presse, es ist ein nur wenige Minuten langes Statement, Nachfragen von Journalisten sind nicht erlaubt. Und der FDP-Chef gibt sich ahnungslos. Die FDP verhandle und kooperiere nicht mit der AfD, sagt Lindner. "Wer umgekehrt unsere Kandidaten in einer geheimen Wahl unterstützt, das liegt nicht in unserer Hand." Und: "Die Unterstützung der AfD indessen ist überraschend, da sie nicht von Übereinstimmung in der Sache, sondern rein taktisch motiviert ist."

Überraschend also, und: Wir können doch nichts dafür.

Es spricht einiges dafür, dass genau das die Argumentationslinie ist, die sich die FDP vorher zurechtgelegt hatte. Denn dass die Situation überraschend kam, dagegen spricht nicht nur Höckes Brief und der Umstand, dass genau dieses Szenario seit Tagen in Thüringen kursierte. Dem widersprechen auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und der neue thüringische Ministerpräsident der FDP: Thomas Kemmerich.

Ein machtloser Parteivorsitzender ...

Man habe die Kandidatur "sehr detailliert in den Parteigremien" besprochen, sagt Kemmerich nämlich nur einige Stunden nach Lindners Statement im ZDF. "Wir mussten damit rechnen, dass dies passiert."

Und die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagt sogar, sie habe explizit vor der Gefahr gewarnt, dass ein Kandidat der FDP mithilfe der AfD gewählt werden könnte, genau vor diesem Szenario. Und zwar nicht nur ihre Partei, sondern auch Lindner, den sie "sehr herzlich darum gebeten" habe, keinen Kandidaten aufzustellen. Seine Antwort darauf umschreibt sie damit, dass er augenscheinlich nicht den Durchgriff auf den Thüringer Landesverband gehabt habe.

Das hieße: Lindner wollte Kemmerich abhalten, konnte aber nicht. Er wäre daran gescheitert, einen Landesverband zu beeinflussen, der nur denkbar knapp mit 73 Stimmen überhaupt wieder in den Thüringer Landtag eingezogen war. Ein machtloser Parteivorsitzender.

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... oder doch grünes Licht?

Allerdings spricht vieles dafür, dass Lindner das Handeln seines Landesverbandes wenn nicht gar gutgeheißen, dann doch zumindest geduldet hat. Am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin" wird der neue Ministerpräsident Kemmerich nämlich noch deutlicher als am Vorabend. "Ich war mit Christian Lindner permanent im Kontakt", sagt er da. "Wir haben auch besprochen, was wir hier in Thüringen beschlossen haben. Er hat gesagt, die Entscheidung trifft letztlich der Thüringer Verband."

Also: Ihr entscheidet.

Dieser Ablauf deckt sich mit einem Bericht des "Business Insider", der erfahren haben will, dass explizit über die mögliche Wahl Kemmerichs mit AfD-Stimmen gesprochen worden sei – und Lindner dafür grünes Licht gegeben habe. Die FDP habe sich hinter den Kulissen auf die Wahl Kemmerichs eingestellt.

Wie auch immer – für Lindner ist es fatal

Welcher Ablauf nun auch immer stimmt – beide wären fatal für Lindner. Ein machtloser Parteivorsitzender ist meist nicht lange einer. Und hätte Lindner zumindest implizit grünes Licht gegeben, wäre ihm mindestens eine gewaltige politische Instinktlosigkeit unterlaufen. Eine Instinktlosigkeit, die für ihn eher ungewöhnlich ist.


Lindner schafft es oft ziemlich gut, in einem rechten Spektrum Wähler anzusprechen, die für seine Partei noch gerade so zu erreichen sind, die zumindest noch nicht festgelegt sind auf die AfD und ihre prinzipielle Opposition zu den "Altparteien". Er spielt dann zwar mit dem Ressentiment gegen dieses oder jenes, rutscht aber selten komplett in die Verschwörungstheorie ab, oder zumindest nicht in Fragen, in denen es historisch besonders problematisch wäre.

Der bekennende Porsche-Fahrer pickt sich dann etwa die Verkehrspolitik heraus und behauptet in der "Bild"-Zeitung, es tobe ein Kulturkampf gegen das Auto. Es gehe den Akteuren nicht ums Klima, die Menschen sollten eigentlich umerzogen und die Auto-Wirtschaft enthauptet werden. "Freie Fahrt für niemanden ist für die das Ziel."

Totalschaden im Graubereich

Damit spricht er genau jene an, die sich von der Klimapolitik der anderen Parteien nicht vertreten fühlen, die die Nase voll haben davon, erzählt zu bekommen, sie müssten sich ändern, egal, ob sie insgeheim wissen, dass das stimmt oder nicht. Jene, die wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, denen die Veränderungen zu schnell gehen, also im besten Fall Konservative, die sich in der CDU nicht mehr wohlfühlen.

Dass als Beifang rechte Verschwörungstheoretiker applaudieren, nimmt er hin und hofft wohl darauf, dass sie eher AfD wählen. Zugleich grenzt er sich in seinen Aussagen explizit und eindeutig von der AfD ab.

Das tut er auch am Mittwoch wieder. Bei seinem kurzen Statement am Mittwochnachmittag fallen nämlich zwei weitere Sätze: "Ich würde nicht Vorsitzender einer Partei sein können, die eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD nicht klar ausschließt." Und: "Die FDP verhandelt und kooperiert mit der AfD nicht."

Meint er diese Sätze wirklich ernst und duldete er zugleich die Wahl Kemmerichs mit AfD-Stimmen, dann hätte Lindner der politische Instinkt völlig verlassen. Er hätte die empörten Reaktionen, die nicht nur aus der Linken, nicht nur aus der SPD, sondern auch aus der CDU und am schlimmsten auch aus der FDP kommen, völlig falsch eingeschätzt. Er hätte wirklich geglaubt, dass er sich auf die Position zurückziehen kann, dass man ja nicht wissen könne, wer in geheimer Wahl für wen stimmt. Und das obwohl Kemmerich auch nach der Wahl noch die Chance hatte, das Amt nicht anzunehmen.

Lindner hätte sich im rechten Graubereich völlig verfahren – und politischen Totalschaden erlitten.

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  • Johannes Bebermeier
Von Miriam Hollstein, Johannes Bebermeier
AfDAnnegret Kramp-KarrenbauerBjörn HöckeCDUChristian LindnerDeutschlandFDPZDF
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