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Pro und Kontra zu Habecks Vorschlag: Macht Mindestpreis auf Tierprodukte Sinn?


Habeck-Forderung
Fleisch-Mindestpreis: "Kritiker machen einen Denkfehler"

  • Peter Schink
Pro & KontraVon Rebekka Wiese und Peter Schink

Aktualisiert am 18.05.2020Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, fordert einen Mindestpreis für Tierprodukte. Er sagt: "Wenn wir von Bauern gute Arbeit, Tierschutz und Klimaschutz verlangen, dann müssen wir sie auch dafür bezahlen."Vergrößern des Bildes
Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, fordert einen Mindestpreis für Tierprodukte. Er sagt: "Wenn wir von Bauern gute Arbeit, Tierschutz und Klimaschutz verlangen, dann müssen wir sie auch dafür bezahlen." (Quelle: Michael Kappeler/dpa)

Die Bundesregierung verhandelt über Regeln für die Fleischindustrie, Grünen-Chef Habeck fordert einen Mindestpreis auf Tierprodukte. Zurecht?

Angesichts der Corona-Ausbrüche in verschiedenen Fleischbetrieben berät die Bundesregierung über strengere Regeln für die Branche. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will bis Mitte der Woche noch offene Fragen für eine stärkere Regulierung der Fleischindustrie ausräumen. In der Branche müsse aufgeräumt werden, sagte der SPD-Politiker in Berlin mit Blick auf die Arbeitsbedingungen und den Gesundheitsschutz.

In den Diskussionen geht es indes schon um viel mehr: Nicht nur von den Grünen, auch aus den Reihen der CSU erschallt angesichts der Arbeitsbedingungen mit vielen Niedriglöhnern aus Osteuropa der Ruf nach höheren Fleischpreisen.

Der Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) brachte eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch – derzeit sieben Prozent – ins Spiel. "Der unanständige Preiskampf beim Fleisch ist die Wurzel vieler Übel. Er bringt unsere Landwirte in Existenznöte, schadet dem Tierwohl und ist für die problematischen Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen verantwortlich", erklärte er in der "Augsburger Allgemeinen". In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur hatte Nüßlein zuvor bereits ein Ende von Billigpreis-Werbung für Fleisch gefordert.

Grünen-Chef Robert Habeck will direkt über einen Mindestpreis auf Tierprodukte eingreifen. "Wenn wir von Bauern gute Arbeit, Tierschutz und Klimaschutz verlangen, dann müssen wir sie auch dafür bezahlen", sagte er gegenüber "Bild". Das führt zu der Frage:

Sollte es einen Mindestpreis für Tierprodukte geben?

Pro
Rebekka Wiese

Ja, weil Dumpinglöhne in der Fleischindustrie unsozial sind

Der Schock war groß – zumindest taten alle so, als jetzt mal wieder an die Öffentlichkeit drang, unter welchen Bedingungen Schnitzel und Co. in Deutschland entstehen. Dabei war das natürlich nicht neu. Und es wird sich nicht ändern, solange Fleisch Billigware bleibt.

Wenige Themen sind so sensibel wie das Essen auf unseren Tellern. Trotzdem fordert Grünen-Chef Robert Habeck jetzt einen Mindestpreis für Tierprodukte. Diese Forderung ist – und das wird oft vergessen – nicht nur ökologisch, sondern auch sozial motiviert. Sie zielt nicht vorrangig darauf, dass wir weniger Schweine essen, sondern darauf, dass die Menschen bezahlt werden, die die Schweine verarbeiten.

Interessant ist das auch deshalb, weil Mindestpreis-Kritiker gern auf soziale Fragen verweisen: Sollen sich nur Reiche Fleisch leisten dürfen? Wer das fragt, macht einen Denkfehler. Der denkt an den Arbeiter vor der Fleischtheke im Supermarkt – und vergisst den Arbeiter, der das Fleisch zubereitet. Für letzteren bleibt der Mindestlohn ein leeres Versprechen, solange die Preise nicht steigen.

Und natürlich soll auch der erfreuliche Nebeneffekt eines Mindestpreises für Tierprodukte nicht vergessen werden: Auch soziale Maßnahmen können gut fürs Klima sein.

Kontra
Peter SchinkPeter Schinkstellvertretender Chefredakteur

Nein, der Preis schafft mehr Probleme als er löst

Einhundert Gramm Wurst dürfen künftig nicht weniger als zwei Euro kosten. So könnte man zuspitzen, was Grünen-Chef Robert Habeck meint, wenn er fordert: "Im Lebensmitteleinzelhandel darf ein Mindestpreis für tierische Produkte nicht mehr unterschritten werden". Die Forderung ist ehrenwert: Mehr Geld für die Fleischarbeiter und Bauern, mehr Schutz für die Tiere. Da kann ja niemand etwas dagegen haben, oder doch?

Doch. Fleisch würde auf einmal ein Produkt für Wohlhabende. An Menschen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen, hat Habeck bei seinem Vorschlag vermutlich nicht gedacht. Sie wären von einem staatlich regulierten Preis am stärksten betroffen. Zumal: Wer garantiert denn, dass das Geld am Ende wirklich bei Arbeitern, Bauern und beim Tierschutz ankommt? Wo Lebensmittel-Oligopole den Einkaufspreis diktieren, ist das Risiko hoch, dass am Ende Aldi, Rewe und Lidl die Profiteure sind.

Nicht beim Fleischpreis muss deshalb eine sinnvolle staatliche Steuerung ansetzen. Sondern bei den Arbeitsbedingungen auf Schlachthöfen, beim Tierschutz und bei der Förderung alternativer Konzepte, beim Aufbrechen von Preiskartellen. Das aber ist natürlich ungleich komplizierter. Am Ende aber der einzige Weg für eine nachhaltige Fleischwirtschaft.

Wer hat recht?

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Lesen Sie auch: das neue Pro & Kontra-Format "Frage der Woche" – beispielsweise zum Bundesliga-Start oder zur Reihenfolge der Corona-Lockerungen durch die Bundesregierung.

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