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Besuch aus Berlin: Söder empfängt Merkel – bei der K-Frage schweigt sie


Ziemlich beste Freunde


Aktualisiert am 14.07.2020Lesedauer: 4 Min.
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Bayern, Herrenchiemsee: Markus Söder und Bundeskanzlerin Angela Merkel fahren nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts auf der Insel Herrenchiemsee in einer Kutsche zurück zum Anlegesteg.Vergrößern des Bildes
Bayern, Herrenchiemsee: Markus Söder und Bundeskanzlerin Angela Merkel fahren nach der Sitzung des bayerischen Kabinetts auf der Insel Herrenchiemsee in einer Kutsche zurück zum Anlegesteg. (Quelle: dpa)

Angela Merkel besucht den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder: So belohnt die Kanzlerin seine Loyalität in der Corona-Krise – und heizt zugleich Spekulationen über ihre Nachfolge an.

Bereits vor Jahrzehnten entwickelte Markus Söder ein Gespür dafür, wie man sich als Macher inszeniert. In der Söder-Biografie "Politik und Provokation" wird etwa berichtet, wie er als junger CSU-Politiker bei einem Gartenverein anrief: Ihm wäre zu Ohren gekommen, dass ein kleines Fest geplant sei – ob er dabei das Bierfass anstechen könne? Die Antwort: Es sei gar kein Bierfass vorhanden. Daraufhin Söder: "Dann bringe ich das mit."

Seitdem hat sich der heutige bayerische Ministerpräsident weiterentwickelt. Als Nachwuchspolitiker reichte Söder vor Jahren noch ein Bierfass für seine Inszenierung; nun, als Regierungschef des Freistaats, muss es an diesem Dienstag im Juli ein Prachtbau sein: das Prunkschloss auf der Insel Herrenchiemsee. Hier empfängt Söder Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Sie sind per Schiff auf die Insel gekommen, um 11.50 Uhr fahren die beiden in einer Kutsche mit zwei Pferden vor dem Schloss vor. Der Himmel über Bayern ist, natürlich, weiß-blau. Ein kurzer Fototermin mit hinzugeeilten eleganten Damen und Herren. Kurz wirkt es, als sei der Hofstaat zum Appell angetreten, aber nein, es ist das Kabinett von Markus Söder. Dann verschwinden Kanzlerin und Ministerpräsident im Schloss, es steht die bayerische Kabinettssitzung an.

Merkel schätzt nichts mehr als Loyalität

Dass Angela Merkel als Bundeskanzlerin aus dem fernen Berlin anreist, um an der Sitzung eines Landeskabinetts teilzunehmen, ist eine große Ausnahme. Thematisch geht es um die EU-Ratspräsidentschaft und auch die Corona-Krise, doch Sachpolitik ist an diesem Tag Nebensache.

Denn Schloss Herrenchiemsee dient an diesem Tag als Kulisse einer Danksagung der besonderen Art: Merkel revanchiert sich mit diesem Besuch für die Treue Söders in der Corona-Krise, ihr Besuch im Freistaat Bayern gleicht einem internationalen Staatsbesuch. Während andere Ministerpräsidenten auf Lockerungen drängten, hielt Söder an einem harten Kurs fest. Wie von Merkel gewünscht.

Schnell ließ er die Schulen schließen, zügig verhängte er Ausgangsbeschränkungen. Söder, der auch den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz innehat, und die Kanzlerin wirkten in der Krise wie ein Duo, das sich gegenseitig unterstützt. Und Merkel schätzt nichts mehr als Loyalität.

"Der erste Orden aus dem Kanzleramt"

Die gesamte Inszenierung an diesem Tag wirkte zeitweise kitschig, die Schifffahrt, die Kutsche, das Schloss, solcher Pomp ist Merkel eigentlich zuwider. Sie, die den nüchternen Auftritt liebt, macht das nur Söder zuliebe. Einer aus der Unionsfraktion sagt: "Natürlich ist das ein Symbol: Die Kanzlerin lässt sich hofieren – es entstehen Fotos, die Markus Söder noch monatelang präsentieren kann. Das ist der erste Orden aus dem Kanzleramt, den sich der bayerische Ministerpräsident anheften kann."

Der Besuch zeigt auch, wie sich die politische Achse zwischen Berlin und München wieder verfestigt hat. Die Beziehung zwischen Söder und Merkel ist so eng wie nie, noch vor zwei Jahren durfte Merkel im Landtagswahlkampf in Bayern ein einziges Mal auftreten – aber nur, weil CSU-Urgestein Theo Waigel sie zuvor darum gebeten hatte. Von Söder kam keine Einladung. Kurz zuvor hätte Söders Vorgänger, Horst Seehofer, fast die Koalition in Berlin platzen lassen, weil er sich mit Merkel in der Asylpolitik nicht einig wurde.

Nun hat die Corona-Krise die Kanzlerin und den CSU-Chef miteinander verbunden. Dieses noch schmale Band will Merkel mit ihrem Besuch festigen, ihr ist daran gelegen, dass das letzte Jahr ihrer Amtszeit möglichst reibungslos verläuft. Auch deshalb ist sie für den Schönwetter-Termin in Herrenchiemsee angereist.

Die Kanzlerin düpiert Armin Laschet

Doch der Besuch der Kanzlerin fällt in eine politisch brisante Zeit. Die CDU sucht noch einen neuen Vorsitzenden, aber mittlerweile halten schon zwei Drittel der Deutschen Söder für einen geeigneten Kanzlerkandidaten. Er betont zwar immer wieder, dass sein Platz in Bayern sei, und dennoch gewinnt Söder durch den Besuch von Merkel, vor dem Hintergrund der glänzenden Umfragen, erheblich an Fallhöhe. Merkel selbst weiß das natürlich und hat sich trotzdem dazu entschlossen.

So schön die Fotos von Merkel und Söder sind, so sehr düpiert die Kanzlerin damit gleichzeitig ihren Parteifreund Armin Laschet. Der kandidiert selbst für den CDU-Vorsitz und wäre wohl auch gern ab 2021 Kanzler. Doch sein gutes Verhältnis zu Merkel zerbröselt, aus dem Umfeld der Kanzlerin erfuhr t-online.de, dass sie seinen politischen Kurs zunehmend kritisch sieht.

Laschet bleibt nur die Rolle des Zuschauers

Und obwohl Merkel so viel Wert auf Loyalität legt, scherte ausgerechnet Laschet in der Corona-Krise aus, argumentierte teilweise sogar deutlich gegen die Kanzlerin und forderte schnelle Lockerungen. Am heutigen Dienstag nimmt Laschet an einer Feier zum Nationalfeiertag in Paris teil. Gemeinsam mit Jens Spahn und dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier.

Laschet kann also bei der Pressekonferenz am Dienstagnachmittag lediglich zuschauen, wie die Kanzlerambitionen dem CSU-Chef angetragen werden. Ein Journalist vom Bayerischen Rundfunk hat etwa zwei Fragen, er will von Merkel etwas zur Digitalisierungsstrategie wissen und dann noch: "Hätte Markus Söder das Zeug zum Bundeskanzler?"

Es ist die Frage, auf die alle Journalisten gewartet haben, kurz wird es still vor dem Schloss. Merkel erklärt dann kurz, dass sie zu einer Kanzlerkandidatur Söders nichts sagen wolle, und spricht stattdessen ausführlich über die Digitalisierung. Und Söder? Der setzt ein schiefes Lächeln auf.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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  • Florian Schmidt
Von Florian Schmidt

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