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Robert Habeck: Grünen-Chef kritisiert Trump – und sorgt für kalkulierten Zoff


Debatte um Habecks Trump-Kritik
Grüne und Union: Kalkulierter Zoff

dpa, Von Jörg Blank und Teresa Dapp

25.01.2020Lesedauer: 4 Min.
Robert Habeck und Kramp-Karrenbauer zoffen sich nach Kritik an US-Präsident Donald Trump. Dabei ist es für beide eigentlich nur Taktik.Vergrößern des BildesRobert Habeck und Kramp-Karrenbauer zoffen sich nach Kritik an US-Präsident Donald Trump. Dabei ist es für beide eigentlich nur Taktik. (Quelle: Montage: t-online.de)
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Robert Habeck reist zurzeit viel durch die Welt – wer regieren will, sollte das tun. Dass er dabei auch den US-Präsidenten beschimpft, nutzt die Union für eine Serie von Attacken, die Grünen keilen zurück. Das ist Kalkül – von beiden Seiten.

Robert Habeck beschimpft Donald Trump, macht damit Schlagzeilen, und reist dann direkt weiter nach Washington. Die Choreographie ist gut, auch wenn der Grünen-Chef sie so wohl nicht geplant hatte. Es wirkt spontan, wie er auf die Frage einer ZDF-Reporterin bei der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos den US-Präsidenten angeht: "Er ist der Gegner, er steht für all die Probleme, die wir haben." Der US-Präsident hat davon höchstwahrscheinlich keine Notiz genommen. Andere dafür umso mehr – allen voran die Union.

Denn für die CDU-Spitze sind Habecks scharfe Worte in den Schweizer Bergen seltene und dafür umso willkommenere Gelegenheit zur Abgrenzung von dem populären Grünen-Chef – in der Union warten sie schon länger darauf, dass Habeck und Co-Parteichefin Annalena Baerbock Angriffsfläche bieten.

Annegret Kramp-Karrenbauer teilt dann auch schon am Donnerstag kräftig aus. "Was hat Herr Habeck mit seiner Äußerung im Interesse der Bundesrepublik Deutschland, im Interesse des Klimaschutzes, mit dieser Äußerungen verbessert? Nichts", sagt die CDU-Vorsitzende. Für sie seien die deutschen Interessen wichtiger.

Auch Kramp-Karrenbauer muss sich in Szene setzen

Von solchen Spitzen dürfte sich die mit miesen persönlichen Umfragewerten kämpfende Verteidigungsministerin erhoffen, ihr Profil als verantwortungsvolle Außenpolitikerin zu schärfen. Hintergrund: Sollte sich AKK im unionsinternen Gerangel um die Kanzlerkandidatur durchsetzen, gilt Habeck als ihr gefährlichster Konkurrent beim Rennen um die Regierungsspitze.

Ein ähnlicher Gedanke dürfte Armin Laschet bewegen. "Für einen potenziellen Kanzlerkandidaten war der Auftritt von Herrn Habeck in Davos unbeherrscht und maßlos", keilt der NRW-Ministerpräsident im "Handelsblatt" Richtung Grünen-Chef. In der Partei glauben viele, der CDU-Bundes-Vize wolle sich eine eigene Kanzlerkandidatur offen halten.

CDU und CSU stecken bei den Grünen in der Zwickmühle. Zwar gelten Habeck und Baerbock als Hauptgegner im nächsten Wahlkampf - doch zugleich als wahrscheinlichste Regierungspartner in der Zeit danach. In der zweiten Februarwoche will sich die legendäre "Pizza-Connection" wieder treffen, wie der "Tagesspiegel" berichtet hat. Für die Union wird die seit 25 Jahren existierende schwarz-grüne Runde von der neuen stellvertretenden CDU-Bundeschefin Silvia Breher koordiniert – sie war als CDU-Vize Wunschkandidatin von Kramp-Karrenbauer.

Es ist also ein Balanceakt: Attacken müssen sein, aber ohne tiefe Verletzungen, es könnten ja Koalitionsverhandlungen kommen. Die große Sorge bei der Union: Am Ende könnten die Grünen sogar bei der Bundestagswahl vorne liegen. Im jüngsten ARD-"Deutschlandtrend" haben CDU und CSU nur zwei Prozentpunkte Vorsprung. Das kann kippen.

Und wie schauen die Grünen auf den Trubel? Habeck und spontane Formulierungen in sozialen Netzwerken: Das ist für sie wahrlich kein neues Thema. Der Parteichef hatte Twitter und Facebook vor einem Jahr mit großer Geste und sichtlich zerknirscht verlassen. Der Schleswig-Holsteiner hatte sich erst über Bayern, dann über Thüringen unglücklich geäußert - man konnte ihn so verstehen, dass er die Länder undemokratisch nannte. "Nach einer schlaflosen Nacht komme ich zu dem Ergebnis, dass Twitter auf mich abfärbt", schrieb er später – auf Twitter. Und löschte sein Konto.

Das wäre Baerbock nicht passiert

Diesmal allerdings zeigen weder Habeck noch andere Grüne sich zerknirscht. Beim Sender n-tv räumt er zwar ein, dass es vielleicht höflicher gehe als "im ersten Brast". Im Deutschlandfunk sagt er aber nach drei Tagen Bedenkzeit: "Nein, es war kein Fehler." Von Jürgen Trittin (linker Parteiflügel) bis Omid Nouripour (Koordinator der schwarz-grünen "Pizza-Connection") stellen die Außenpolitiker seiner Partei sich hinter Habeck. Die Union verweigere die inhaltliche Debatte und rede lieber über Stilfragen, stichelt Franziska Brantner, Sprecherin für Europapolitik.

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Bestätigt fühlen sich allerdings die, die Baerbock sowieso für die bessere Kanzlerkandidatin halten. Mal wieder typisch, heißt es da, darf nicht passieren, wäre Baerbock auch nicht passiert. Die 39-Jährige ist in der grünen Doppelspitze eigentlich für die Außenpolitik zuständig – die Chefs legen Wert auf Arbeitsteilung.

Zuletzt war aber Habeck auffallend viel im Ausland unterwegs. Paris, Israel, Davos, nach der Trump-Schelte nun ausgerechnet Washington. Ohne Twitter und Facebook, dafür mit einem sorgfältig kuratierten Instagram-Account. Am Freitagabend deutscher Zeit hielt er eine Grundsatzrede an der Georgetown Universität in der US-Hauptstadt, Titel: "Eine progressive Vision für die Zukunft Europas". Er würdigt die Wurzeln der besonderen deutsch-amerikanischen Beziehung nach dem Zweiten Weltkrieg, spricht über das Ziel der europäischen Integration bis hin zu einer europäischen Bundesrepublik. Keine kleinen Brötchen. Trump-Kritik spielt nur am Rande eine Rolle.

Auch Baerbock wird in diesem Jahr noch reisen, voraussichtlich in die Balkanstaaten. Für beide Grünen-Chefs ist es wichtig, ihr außenpolitisches Profil rechtzeitig vor dem nächsten Wahlkampf zu schärfen. Ihr fehlt die Regierungserfahrung, er war immerhin mal Vize-Ministerpräsident. Kanzlerkandidaten brauchen die internationale Erfahrung sowieso. Und der Juniorpartner in der Koalition stellt oft den Außenminister. Oder die Außenministerin.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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