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Bundestagswahl | Markus Söder: Wird er doch noch Kanzlerkandidat?


Wird Markus Söder doch noch Kanzlerkandidat?

Von Sven Böll

Aktualisiert am 04.05.2021Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Man wird sich ja noch freuen dürfen: CSU-Chef Markus Söder bei einem Empfang im August 2019 in MünchenVergrößern des Bildes
Man wird sich ja noch freuen dürfen: CSU-Chef Markus Söder bei einem Empfang im August 2019 in München (Quelle: imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

heute schreibe ich für Sie den kommentierten Überblick über die Themen des Tages.

Für Armin Laschet zählt jetzt jeder Tag

"Stimmungen sind noch keine Stimmen."

"Wir wollen Wahlen gewinnen und nicht Umfragen."

"Wahlkampf ist ein Marathon – und kein Sprint."

Mit Sätzen wie diesen machen Politiker ihren Anhängern (und in der Regel auch sich selbst) Mut, wenn die Umfragen schlecht sind.

Ihre Botschaft lautet: Bloß nicht beirren lassen. Entschieden wird am Wahltag. Und dann liegen wir vorn.

Dieses Mantra verbreitet auch Armin Laschet derzeit. Sein Kalkül: Die Deutschen sind nicht gerade Revoluzzer. Je mehr über die Pläne der Grünen diskutiert wird, desto mehr wird die Partei entzaubert. Am Ende wollen die Leute zwar mehr Klimaschutz und irgendwie auch einen inhaltlichen und personellen Aufbruch. Aber zu teuer, zu anstrengend, nun ja: zu anders, soll es dann doch nicht sein.

Laschet setzt dabei auch auf eines der größten Erfolgsrezepte von Angela Merkel: Die Kanzlerin hat den Bürgern stets vermittelt, dass sie für alles vernünftige Lösungen ohne allzu große Zumutungen findet. Egal, ob irgendeine Stellschraube bei einem Gesetz angepasst werden musste oder mal wieder Weltkrise herrschte.

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Leben Sie! Wir kümmern uns um die Details. Gut möglich, dass die Union mit diesem Motto auch bei der Bundestagswahl Ende September als Erste durchs Ziel kommt. Und damit auch Laschets Prophezeiung wahr wird, dass er, der ewig Unterschätzte, es selbst bei der Eroberung des mächtigsten Amts im Land allen zeigt. Und danach ja eh alle erzählen, warum es genauso kommen musste.

Kann sein.

Muss aber nicht.

Zwar sind es bis zur Bundestagswahl noch 145 Tage. Aber das ist für Laschet wohl ein eher theoretischer Zeitraum. In der Praxis bleiben dem CDU-Kanzlerkandidaten vielleicht rund 50 Tage, um für seine Partei und sich eine Trendwende zu schaffen.

Warum?

Bereits am 24. Juni fangen in den ersten Bundesländern die Sommerferien an, erst am 13. September hören sie in Bayern auf. Es ist recht unwahrscheinlich, dass sich die Deutschen im Sommer allzu viel mit der Lenkungswirkung des CO2-Preises, den Problemen der digitalen Verwaltung und Reformkonzepten zur Riester-Rente beschäftigen wollen. Wer geimpft ist, will einfach Urlaub machen. Und wer noch nicht geimpft ist, plant zumindest voller Vorfreude einen Entspannungstrip.

Auf die letzten zwei, drei Wochen vor der Wahl am 26. September zu setzen, ist für die Union ebenfalls riskant. Typischerweise ist das zwar die heiße Phase, also der Zeitraum, in dem alle Parteien versuchen, möglichst viele Anhänger zu mobilisieren. Aber derzeit weiß niemand, welche Art von Wahlkampf in vier Monaten möglich sein wird.

Außerdem könnte es im September bereits zu spät sein: Ab Mitte August werden die Briefwahlunterlagen verschickt. Und wahrscheinlich werden mehr Menschen denn je diese Möglichkeit nutzen.

Eine nüchterne Analyse für die Union und ihren Kanzlerkandidaten lautet also: Jetzt zählt wirklich jeder Tag!

Womit Laschet der eigenen Kampagne allerdings den nötigen Schwung verleihen will, ist im Moment die große, unbeantwortete Frage. Grüne, SPD, FDP und Linke verabschieden in den kommenden Wochen auf Parteitagen ihre Wahlprogramme. Das sorgt zumindest für ein wenig Aufmerksamkeit.

Die Union sucht derweil noch nach passenden Inhalten. Und wird sie wohl erst kurz vor der Sommerpause präsentieren. Angesichts des Zeitdrucks erscheint das für eine Offensive reichlich spät.

Zumal Laschets härtester Gegner weiterhin weder Annalena Baerbock noch Olaf Scholz heißt. Der CDU-Chef wird an seinem Counterpart von der CSU vermessen.

Und Markus Söder, der sich von seinem Generalsekretär zum "Kanzlerkandidaten der Herzen" ausrufen ließ, hat seit seiner Niederlage gegen Laschet gezeigt, dass er diese nicht einfach wegstecken will und auch nicht gedenkt, sich zu verstecken. Er stichelt genussvoll gegen die CDU und ihren Chef – und treibt sie munter vor sich her.

Und zwar bei jeder sich bietenden Gelegenheit.

Gemeine Hinweise von Söder, ihn habe die Begründung der Kandidatur Laschets "nicht überzeugt" und nach den progressiven Merkel-Jahren sei es nicht klug, "eine Politik Helmut Kohl 2.0 aus der Vergangenheit" zu machen, sind da noch das kleinere Problem.

Weil der CSU-Chef sich noch immer für den deutlich besseren Spitzenkandidaten hält, arbeitet er auch weiter an seinem Image als Macher, indem er inhaltlich ständig vorprescht. So wie am Montag, als er seine Forderung nach einem früheren Kohleausstieg unter das griffige Motto "Mehr Kohle für weniger Kohle" stellte. Und einfach mal forderte, Deutschland müsse bereits 2040 – und nicht wie bislang geplant zehn Jahre später – klimaneutral sein.

Laschets Botschaften dagegen waren eher typisch Volkspartei: Alle mitnehmen, niemanden verprellen. Schnellere Klimaneutralität? "Deutlich vor 2050". Rascherer Kohleausstieg? "Wenn es schneller geht, sollten wir es auch schneller machen." Politisch ist das Verweilen im Ungefähren nicht unklug. Bei der Mehrheit der Bürger, die sich eher flüchtig für Politik interessiert, bleibt aber kaum etwas davon hängen.

Das Problem für Laschet ist, dass er aus einer Position der Schwäche agiert: Er muss seine Partei und die Wähler erst noch überzeugen, dass er kanzlerabel ist. Da ist es alles andere als hilfreich, wenn Söder aus einer Position der Stärke nicht nur regelmäßig darauf hinweist, dass er erfolgreicher wäre, sondern auch täglich alles dafür tut, dass sich der Eindruck weiter festsetzt.

Es ist Stand heute nicht sehr wahrscheinlich, aber eben auch nicht völlig ausgeschlossen, dass sich dieses menschlich nicht gerade sympathische, politisch aber überaus geschickte Verhalten für ihn doch noch auszahlen könnte. Und zwar bald.

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Je bescheidener die bundesweiten Umfragen für die Union und Laschet bleiben, und je schlechter das Ergebnis bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt Anfang Juni ausfällt, desto plausibler ist ein Szenario, in dem CDU und CSU allen anderslautenden Beteuerungen zum Trotz erneut über den Kanzlerkandidaten diskutieren.

Denn der Frust über die Art der Entscheidung für Laschet ist auch in der CDU nach wie vor groß – und die Unruhe angesichts des demoskopischen Tals ebenfalls. Die Angst vor dem Machtverlust im Bund könnte sich im Verlauf dieser Woche sogar noch verstärken. Am Donnerstag kommt der nächste ARD-Deutschlandtrend heraus, am Freitag veröffentlicht das ZDF ein neues Politbarometer. Beides sind renommierte Umfragen, die in der Politik zumeist ernster genommen werden als die manch anderer Anbieter.

Liegen die Grünen in beiden Erhebungen vor der CDU, ist Söder weiter deutlich populärer als Laschet, und sollte sich das bis Juni nicht ändern, könnte der aktuelle Kanzlerkandidat ein veritables Problem bekommen. Mit Mutmach-Sätzen über Stimmungen und Stimmen sowie über Umfragen und Wahlen wird er dann vermutlich nicht mehr durchkommen.

Und das naheliegende Argument, für einen Wechsel an der Spitze sei es im Juni zu spät, zieht auch nicht. Zumindest nicht im Fall von Söder. Denn der würde schon dafür sorgen, dass die Deutschen selbst im Urlaub ständig von ihm hören. So weit weg kann man auf dieser Welt gar nicht sein, um Söder tatsächlich zu entkommen.


Bittere Bilanz

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So nett wie damals

Erstmals seit zwei Jahren treffen sich in London die Außen- und Entwicklungsminister der G7-Staaten wieder persönlich. Von Angesicht zu Angesicht wollen sie auch den Gipfel der Staats- und Regierungschefs vom 11. bis 13. Juni in Cornwall vorbereiten.


Der Staat richtet's schon

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Das war's. Wirklich.

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Was mich amüsiert

Und da passt dann auch der Übergang:

Achten Sie lieber darauf, wie viel Fett und Zucker in Ihren Lebensmitteln sind. Morgen schreibt an dieser Stelle wieder mein Kollege Florian Harms.

Ihr

Sven Böll
Managing Editor t-online
Twitter: @SvenBoell

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Mit Material von dpa.

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