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"Ylenia" wütet: Berlin ruft zweiten Notstand aus – nächstes Sturmtief droht


"Ylenia" zieht über Deutschland
Berlin ruft zweiten Notstand aus – nächstes Sturmtief droht

Von afp, dpa, lw

Aktualisiert am 17.02.2022Lesedauer: 6 Min.
Nordrhein-Westfalen, Kreuztal: Einsatzkräfte der Feuerwehr räumen einen umgestürzten Baum vom Gleis.Vergrößern des BildesNordrhein-Westfalen, Kreuztal: Einsatzkräfte der Feuerwehr räumen einen umgestürzten Baum vom Gleis. (Quelle: Kai Osthoff/dpa)
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In der Nacht hat das Orkantief "Ylenia" Tausende Haushalte vom Stromnetz abgeschnitten – im Fernverkehr ist teilweise der Betrieb eingestellt. Und noch gibt es keine Entwarnung: "Zeynep" naht.

Das Orkantief "Ylenia" ist in der Nacht über Deutschland hinweggezogen. Polizei und Feuerwehren berichteten am Donnerstagmorgen vielerorts von zahlreichen Einsätzen durch umgestürzte Bäume und Verkehrsunfälle. In Bayern und Nordrhein-Westfalen kam es in Zehntausenden Haushalten kurzzeitig zu Stromausfällen.

Noch gibt es keine Entwarnung: Das Sturmtief "Zeynep" hat sich angekündigt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) teilte am frühen Donnerstagmorgen auf Twitter mit, dass der Schwerpunkt der Gewitter mittlerweile zwischen Nordhessen, Sachsen und dem südlichen Brandenburg liege. Zuvor hatte der DWD bereits vor Gewittern in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern gewarnt.

Die Deutsche Bahn stellte den Fernverkehr in mehreren Bundesländern ein. Wie die Bahn auf Twitter mitteilte, verkehren in der Nordhälfte Deutschlands voraussichtlich bis zum Mittag keine Fernverkehrszüge. Betroffen seien die Bundesländer Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin. Auch im Regionalverkehr komme es in diesen Regionen zu Zugausfällen und Verspätungen. In Niedersachsen können aufgrund der Sturmschäden südlich von Hamburg derzeit keine Züge fahren.

Auch in Rheinland-Pfalz, Hessen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen gab es laut Bahn Zugausfälle und Verspätungen aufgrund von Unwettern. Die Deutsche Bahn teilte mit, dass für den Zeitraum Donnerstag / Freitag Kulanzregelungen für die Gültigkeit bereits gekaufter Fernverkehrstickets gelten würden. Möglich sei eine flexiblere Nutzung über mehrere Tage oder kostenfreie Stornierung.

Bahnreisenden steht für Informationen die kostenlose Hotline unter 08000 99 66 33 zur Verfügung.

Stromausfälle in Bayern und NRW

"Ylenia" hat bei Tausenden Haushalten den Strom ausfallen lassen. In Bayern verzeichnete der größte Stromnetzbetreiber, Bayernwerk Netz, 10.000 Betroffene, wie ein Sprecher am Donnerstagmorgen sagte. In Nordrhein-Westfalen fiel für etwa 54.000 Haushalte in der Nacht zu Donnerstag der Strom aus, wie der Betreiber Westnetz auf Twitter mitteilte. Ursache für die Ausfälle waren häufig auf Leitungen gestürzte Bäume. Meist wurde die Versorgung demnach schnell wieder hergestellt.

Ausnahmezustand in Berlin

Der DWD warnte am Morgen weiter vor orkanartigen Böen in der Nordhälfte Deutschlands. Im Westen und Osten sollte es schwere Gewitter geben. Vielerorts warnten die Behörden insbesondere vor dem Betreten von Parkanlagen und Wäldern, so etwa in Berlin und Hamburg.

Die Berliner Feuerwehr rief am Donnerstagvormittag zum zweiten Mal den Ausnahmezustand aus. Die Einsatzkräfte wurden bislang zu mehr als 100 Einsätzen gerufen. Meistens hätten die Feuerwehrleute Bäume und Äste beseitigt, die auf der Straße und zum Teil auch auf Autos lagen. Menschen seien nicht verletzt worden. Bereits in der Nacht zu Donnerstag hatte die Feuerwehr den Ausnahmezustand ausgerufen.

Die Feuerwehr Hamburg zählte zwischen 22.00 und 05.30 Uhr laut einer ersten Bilanz 70 Unwettereinsätze wegen umgestürzter Bäume, umkippender Gerüste und anderer Gefahrenstellen.

Flug- und Fährverkehr ruht vielerorts

Einschränkungen werden derweil auch für den Flugverkehr gemeldet. Der Flughafen Berlin-Brandenburg BER hat am Donnerstagmorgen die sogenannte Flugzeugabfertigung unterbrochen. Das bedeutet, dass wegen der starken Sturmböen keine Maschinen beladen beziehungsweise entladen werden und zunächst auch keine Passagiere in die Flugzeuge einsteigen können, wie ein Sprecher des BER sagte. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt sind nach Betreiberangaben Verbindungen mit Berlin, München und Hamburg betroffen. Am Flughafen Hamburg fallen rund ein Dutzend Flüge aus.

Das Sturmtief zwingt auch Schiffsreisende zur Geduld. Weil die Elbe derzeit für große Schiffe gesperrt ist, darf etwa das Kreuzfahrtschiff "Aidaprima" nicht wie geplant den Hamburger Hafen anlaufen, wie eine Sprecherin der Hafenbehörde HPA am Donnerstag sagte. Auch der Fährverkehr wurde vielerorts vorübergehend eingestellt, etwa in Lübeck oder Rostock.

In Wilhelmshaven sind Bäume auf zwei Häuser in Wohngebieten gestürzt. Zudem wurde die Feuerwehr am Morgen an eine Grundschule gerufen, wo eine 25 Meter hohe Tanne drohte umzustürzen.

Regionalzüge mit Bäumen kollidiert

Auch in NRW hinterließ der Sturm Spuren. In Dorsten und Marienheide bei Gummersbach etwa sind am Mittwochabend und Donnerstagmorgen Regionalzüge mit umgewehten Bäumen oder Baumteilen kollidiert. Die Unfälle verliefen aber in beiden Fällen glimpflich.

Eine Corona-Teststation in Kleve am Niederrhein hielt dem Sturm am Mittwochabend nicht stand. Der Wind zerstörte das Zelt des Drive-in-Testzentrums, wie die Feuerwehr mitteilte. Verletzt wurde nach Feuerwehrangaben niemand.

In Südhessen meldete die Polizei in den frühen Morgenstunden "vermehrt" Anrufe über Sturmschäden. Auf zahlreichen Straßen lagen demnach Bäume. Feuerwehren, Straßenmeistereien und Polizei waren im Einsatz.

Wuppertaler Schwebebahn betroffen

In Wuppertal stürzte in der Nacht zu Donnerstag ein etwa 40 Meter hoher Baum um und fiel auf die Schienen der Schwebebahn. Die Feuerwehr sei mit einem Kran- und einem Leiterwagen im Einsatz gewesen, habe den Baum noch in der Nacht zersägt und weggeräumt, sagte ein Feuerwehrsprecher. Zuvor hatte der WDR berichtet. Laut dem Bericht sollen Statiker noch prüfen, ob die Schwebebahn am Donnerstag planmäßig an der Stelle fahren kann.

Zwischen Montabaur und Koblenz in Rheinland-Pfalz stürzte laut Polizeiangaben ein Baum auf einen fahrenden Transporter. Der Fahrer blieb dabei unverletzt.

Orkanböen bis 152 km/h

Auf dem exponiert liegenden Brocken im Harz wurden nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes zwischen 00.30 und 1.00 Uhr durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 120 km/h gemessen. Die Windspitze in dem Zeitraum lag hier bei 152 Kilometern pro Stunde.

Auch in anderen Teilen Deutschlands gab es in exponierten Lagen wie Bergspitzen zum Teil Orkanböen und orkanartige Böen: So wurden im oben genannten Zeitraum auf dem Feldberg im Schwarzwald Windgeschwindigkeiten von durchschnittlich 87 km/h gemessen, in Spitzen 125 km/h. Schwere Sturmböen gab es beispielsweise am Kap Arkona auf Rügen (77 km/h, 105 Spitze) und am Leuchtturm Kiel (79 km/h, 101 km/h in der Spitze).

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Schulausfall in NRW

Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen ordnete einen landesweiten Schulausfall für Donnerstag an. Die Regierung rief auch Eltern von Kitakindern auf, ihren Nachwuchs zu Hause zu lassen. Das Bundesland Bremen stellte für Donnerstag auf digitalen Fernunterricht um, auch Kommunen in Niedersachsen und Bayern sagten wegen des Sturms den Unterricht ab. Mehrere Bundesländer stellten Eltern die Entscheidung frei.


In Hamburg wurde am Donnerstagmorgen der Fischmarkt erneut überflutet. "Am Pegel St. Pauli wurde gegen 5.00 Uhr ein Wert von 1,98 Metern über dem mittleren Hochwasser (MHW) gemessen", sagte ein Sprecher des Sturmflutwarndienstes des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg. An der Nordseeküste spricht das BSH ab 1,5 Meter über MHW von einer Sturmflut. Von einer schweren oder sehr schweren Sturmflut wird erst ab Werten von 2,5 beziehungsweise 3,5 Metern gesprochen.

An der schleswig-holsteinischen Nordseeküste gab es in einigen Orten eine Sturmflut – in Husum etwa wurde ein Pegelstand von 1,64 Metern über dem mittleren Hochwasser gemessen. An vielen anderen Pegeln blieben die Wasserstände allerdings unter dem Wert einer Sturmflut. Auch für das Mittags- beziehungsweise Nachmittagshochwasser am Donnerstag warnte das BSH vor erhöhten Wasserständen.

Nächstes Orkantief kündigt sich an

Ab Donnerstagnachmittag lässt der Wind von Tief "Ylenia" laut DWD zwar langsam nach. Die Verschnaufpause dürfte jedoch nur kurz sein. Bereits für Freitagmittag wird das nächste Orkantief – "Zeynep" genannt – von den Britischen Inseln kommend erwartet. Der DWD prognostiziert Orkanböen im Bergland und orkanartige Böen im Norden und in der Mitte Deutschlands. Für das Sauerland und den Harz sagte er Dauerregen voraus.


Doch die Prognosen seien hierbei nicht ganz sicher: "Die Modelle haben da immer noch sehr unterschiedliche Simulationen", sagte der Pressesprecher und Meteorologe Andreas Friedrich am Mittwoch. Die Wetterlage sei sehr dynamisch.

Autofahrer sollen auf nicht notwendige Fahrten verzichten

Autofahrer sollten ihren Wagen besser stehen lassen und auf nicht unbedingt notwendige Fahrten verzichten, so der ADAC in Nordrhein-Westfalen. Es müsse jederzeit mit umgestürzten Bäumen oder herabfallenden Ästen gerechnet werden.

Zahlreiche Zoos, etwa in Berlin, Wuppertal in Nordrhein-Westfalen und in Magdeburg (Sachsen-Anhalt), sollten am Donnerstag vorsorglich geschlossen bleiben. Hier und dort wurde der Besuch von Friedhöfen untersagt. Auch viele Skigebiete stellten sich auf die Orkantiefs ein. Bereits am Mittwoch stand etwa die Fichtelberg Schwebebahn in Sachsen still. Wegen der Baumbruchgefahr sollen einige Loipen gesperrt werden. In vielen Städten wurden die Wochenmärkte für Donnerstag abgesagt.

Bereits Ende Januar war das Sturmtief "Nadia" mit gefährlichen Böen über Nord- und Ostdeutschland gefegt und hatte Millionenschäden verursacht. Nach Ansicht des DWD-Meteorologen Andreas Friedrich sind die jetzigen Stürme, was die Windspitzen angeht, mit Tief "Nadia" vergleichbar. Die aktuelle Lage sei aus seiner Sicht allerdings brisanter, "weil wir eine Kette von Sturmtiefs haben".

Hier finden Sie alle Informationen rund um Unwetter, Niederschlag und Temperaturen in Ihrer Region.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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