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Olaf Scholz unter Druck: USA liefern Patriots für die Ukraine


Olaf Scholz
Das wird jetzt unangenehm

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 22.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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Olaf Scholz: Die USA liefern Patriots – und was tut Deutschland? (Quelle: imago)

Die USA wollen mächtige Patriot-Luftabwehrsysteme an die Ukraine liefern. In Berlin wächst damit erneut der Druck, auch mehr zu tun.

Es war eine dieser Nachrichten aus Übersee, die die Ampelregierung in Berlin aufhorchen ließ. Am vergangenen Dienstag meldeten US-Medien, Präsident Joe Biden wolle Patriots in die Ukraine liefern. Und damit erstmals das wohl mächtigste westliche Flugabwehrsystem.

Die Ukraine wünscht sich die Patriots schon länger. Doch bislang schienen die Bedenken im Westen stets zu groß zu sein. Das System gilt als hochkomplex. Um eine der Raketenbatterien zu betreiben, braucht es mehr als fünfzig Soldaten, die eigentlich viele Monate lang geschult werden müssen.

Auch im Kanzleramt war deshalb erst nicht klar, was die Meldung konkret bedeutet, wie schnell also die USA die Patriots eigentlich liefern wollen. Mittelfristig – oder doch eher langfristig, um die Ukraine nach einem Ende des Krieges vor Russland zu schützen?

Spätestens jetzt steht fest: eher früher als später. Die Patriots werden wohl das wertvollste Versprechen sein, das der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von seinem Besuch bei Joe Biden an diesem Mittwoch mit nach Hause nimmt.

Für Kanzler Olaf Scholz aber dürfte dieses Versprechen unangenehme Fragen aufwerfen.

Deutschland, Polen und der Streit um die Patriots

Die Bundesregierung selbst hat mit Patriot-Angeboten in jüngster Vergangenheit eher schwierige Erfahrungen gemacht. Als Ende November in Polen verirrte Flugabwehrraketen an der Grenze zur Ukraine zwei Menschen töteten, bot die Bundesregierung Polen drei Patriot-Systeme zur Sicherung ihres Luftraums an.

Doch Polen wollte die Patriots erst gar nicht haben. Jedenfalls forderten sie die Bundesregierung auf, sie doch gleich in der Ukraine zu stationieren. Was erst mal gar nicht so abwegig klang, bei näherem Hinsehen aber doch mehr als schwierig gewesen wäre. Denn die Patriots sollten inklusive deutscher Soldaten und Eurofighter-Kampfjets die Nato-Außengrenze sichern.

Wären sie tatsächlich auf ukrainischem Boden stationiert worden, wären Deutschland und die Nato aktiv am Krieg gegen Russland beteiligt gewesen. Eine Grenze, die eigentlich keine Regierung überschreiten will.

Auch deshalb wurde in Berlin gemunkelt, dass der eigentliche Grund für den polnischen Vorschlag ein innenpolitischer sei. In Polen ist Wahlkampf, und die nationalpopulistische Regierungspartei PiS dürfte sich Zustimmung davon versprechen, Deutschland als zögerlich bloßzustellen.

Bundesregierung spricht von einer "guten Nachricht"

Doch abseits der innenpolitischen Wirrungen in Polen stellt sich in Deutschland natürlich einmal mehr die Frage, ob die eigene Unterstützung für die Ukraine ausreicht. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Mittwoch, die USA hätten die Patriot-Lieferung mit engen Verbündeten wie Deutschland natürlich besprochen.

Zumindest beim Training wird Deutschland wohl auch indirekt beteiligt sein. Die ukrainischen Soldaten sollen offenbar auf dem US-Truppenübungsplatz im bayerischen Grafenwöhr an den Patriots geschult werden. Das dürfte bis zum Frühsommer dauern, ist zu hören.

Deutschland "begrüße diesen Schritt" der Amerikaner ausdrücklich, betonte Regierungssprecher Hebestreit. Er sprach von einer "guten Nachricht", die man "mit Freude" aufgenommen habe.

Zugleich bemüht sich die Bundesregierung auffallend, der Lieferung keine neue Qualität in der Unterstützung der Ukraine beizumessen. Von einem "Game changer" wollte Hebestreit explizit nicht sprechen, also einer Entscheidung, die alles verändert. Stattdessen sagte er: "Es ist genau das, was andere Länder und auch wir machen." Deutschland liefere das Luftabwehrsystem Iris-T und den Luftabwehrpanzer Gepard, die USA nun eben die Patriots.

Deutschland sei auch gar nicht grundsätzlich dagegen, selbst ebenfalls Patriots zu liefern, betonte Hebestreit. Doch die Systeme, die nun an Polen gingen, seien die drei noch verfügbaren gewesen. Es gebe schlicht keine weiteren Patriots, die Deutschland liefern könne.

Aber was ist mit den "Leos"?

Das wiederum provoziert neben der Frage, ob die deutschen Patriots dann wirklich in Polen am besten aufgehoben sind, vor allem die Frage nach weiteren Waffen. Waffen, mit denen Deutschland helfen könnte – und die die Ukraine haben will.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP, hatte t-online schon vor einer Woche, als die Patriot-Meldung aufkam, gesagt: Neben ausreichend Munition solle Deutschland der Ukraine "endlich den Schützenpanzer Marder und den Kampfpanzer Leopard 2 zur Verfügung stellen".

Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter fordert das auch immer wieder. Zumindest hinter vorgehaltener Hand stimmen andere hochrangige Grüne zu. Vor einigen Wochen drängte die grüne Außenministerin Annalena Baerbock selbst in einem Interview auf eine Entscheidung bei den Kampfpanzern. Auch wenn sie das später nicht so gemeint haben durfte.

Für Experten wie den Politikwissenschaftler Gustav Gressel sind "Leos" ein wichtiger Bestandteil der Ukraine-Verteidigung. Und international wächst ebenfalls der Druck. Der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen widersprach in einem Interview der Berliner Argumentation deutlich, Kampfpanzer-Lieferungen könne es nur zusammen mit den Partnern geben.

"Ich hatte Gespräche im Weißen Haus, im Außenministerium und im Pentagon", sagte Rasmussen, der inzwischen die ukrainische Regierung berät, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Alle unterstützten "nachdrücklich", dass Deutschland Leopard-2-Panzer liefere. "In der amerikanischen Regierung haben sie es satt, dass die deutsche Regierung Amerika vorschiebt, um für verweigerte Panzerlieferungen einen Vorwand zu haben."

Es ist eine Diskussion, die wiederum das Kanzleramt mittlerweile satthat. Dort sind sie überzeugt, längst genug und genau das Richtige zu tun. Doch los werden sie die "Leo"-Frage so schnell nicht.

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