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Verliert Putin einen seiner europäischen Verbündeten?


"Die Krim ist Ukraine"
Verliert Putin einen seiner europäischen Verbündeten?

Von t-online, dpa, wan

Aktualisiert am 19.01.2023Lesedauer: 4 Min.
"Krim ist Ukraine": Verliert Putin einen seiner europäischen Verbündeten? (Quelle: Glomex)
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Der serbische Präsident Aleksander Vučić hat sich gegen die russischen Ansprüche auf die Krim und den Donbass ausgesprochen. Rekrutierungsversuche belasten die Beziehungen zu Moskau.

Einer von Russlands wichtigsten europäischen Verbündeten geht auf Distanz. Der serbische Präsident Aleksander Vučić hat sich in den vergangenen Tagen gleich zweimal kritisch gegenüber Moskau geäußert. Erst hatte er sich verbeten, dass russische Wagner-Söldner in seinem Land Soldaten rekrutieren. Jetzt erneuert er öffentlich seine Ablehnung von Putins vorgeschobenen Kriegsgrund: die Unterstellung, dass die Ukraine russisch sei. In einem Interview mit dem US-Magazin "Bloomberg" sagte er: "Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir Russlands Invasion in der Ukraine nicht unterstützen können. Für uns ist die Krim die Ukraine, der Donbass ist die Ukraine – und das wird auch so bleiben."

Serbien hatte sich nicht den Sanktionen der EU und der USA gegen Russland angeschlossen, um das historisch gute Verhältnis nicht zu belasten. Das aber erhöhte den Druck auf Vučić, der Serbien in die EU führen will. Gleichzeitig importiert Serbien billiges russisches Öl. Und: Russland unterstützt Serbien dabei, den Kosovo nicht als unabhängig anzuerkennen.

Russland unterstützt Serbien im Kosovo-Konflikt

Die serbisch-russische Freundschaft besteht schon lange. Lediglich während der Tito-Regierung im damaligen Jugoslawien gab es eine Abkühlung. In den Balkankriegen unterstützte Moskau dann Serbien, politisch und militärisch – Letzteres eher verhalten mit Transportern und Kriegsgerät. Wegen seiner Haltung zum Kosovo wurden gegen Serbien dann Sanktionen verhängt. Serbien betrachtet den Nachbarstaat bis heute als abtrünnige Provinz, und auch die russische Führung erkennt die Souveränität des Landes nicht an.

Vučić erklärte, er sei Russland dankbar, dass es ihn im Kosovo unterstützt habe, und das erklärt, warum Serbien wirtschaftliche Maßnahmen gegen Moskau nicht unterstützen kann. "Wir standen fast zehn Jahre unter Sanktionen, eigentlich acht Jahre, und wir glauben nicht, dass das eine Lösung ist", sagte der serbische Präsident. Noch immer gibt es Spannungen mit dem Kosovo, zuletzt ging es um die Anerkennung von Autokennzeichen. Manche Experten unken, dass Russland sogar eine Rolle dabei spielen könnte.

Dennoch scheint es jetzt zumindest kleine Risse im Verhältnis zu Moskau zu geben. Vučić gibt sich zwar diplomatisch: "Wir freuen uns nicht immer über einige ihrer Positionen", sagte der 52-Jährige. "Wir haben traditionell gute Beziehungen, aber das bedeutet nicht, dass wir jede einzelne Entscheidung oder die meisten Entscheidungen, die vom Kreml kommen, unterstützen." Dass er aber überhaupt die Beziehungen zum Thema macht, könnte als vorsichtige Abnabelung gesehen werden. Wirtschaftlich ist Serbien ohnehin schon der EU zugewandt, die wichtigster Handelspartner geworden ist.

Medien machen Stimmung für Russland

Noch gibt es – wie auch aus Ungarn – Flüge aus der Hauptstadt Belgrad nach Moskau, und viele Russen nutzen die Verbindung – auch um aus dem Land zu fliehen. Serbische Boulevardzeitungen zeigen sich prorussisch, wie die Tagesschau vor Kurzem berichtete. "Die Berichterstattung vieler serbischer Medien über den russischen Angriffskrieg ist sehr einseitig und entspricht dem Narrativ des Kremls. Einmal heißt es, Russland habe alles getan, was es konnte, für den Frieden in der Ukraine. Ein anderes Mal wird der russische Angriff als Antwort auf die Bedrohung durch die NATO dargestellt", heißt es in einer Analyse.

Das liegt auch an der Präsenz russischer Propagandamedien wie RT und Sputnik in Belgrad. Solche Berichte bedienen aber auch nationalistische Töne. Und Vučić selbst weiß, wie man mit Medien Stimmung macht. "Vučić ist ein Meister der Propaganda", sagt Antoinette Nikolova, Direktorin der Balkan Free Media Initiative der "Tagesschau". "Er hat die Medien unter seine Kontrolle gebracht." Als ehemaliger Informationsminister des serbischen Machthabers und Kriegsverbrechers Slobodan Milosevic würde Vučić das prorussische Narrativ geschickt für die eigenen Interessen nutzen und die Stimmung im Land weiter anheizen.

In den Krieg verwickelt werden will Vučić aber auf keinen Fall. Der serbische Präsident hat empört auf Versuche der russischen Söldnertruppe Wagner reagiert, Kämpfer in seinem Land für einen Einsatz in der Ukraine anzuwerben. "Warum tun Sie Serbien das an? Warum rufen Sie von Wagner dazu auf, obwohl es gegen die Vorschriften verstößt?", fragte Vučić laut der Nachrichtenagentur Beta in einem am Montagabend ausgestrahlten Fernsehinterview.

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"Ich weiß, dass die EU unser Weg ist"

Die umstrittene Werbung war in diesem Monat im serbischen Ableger des russischen Staatssenders RT ausgestrahlt worden. Darin rief die Söldnertruppe Serben dazu auf, in der Ukraine zu kämpfen. Eine kleine Anzahl an Serben hat an der Seite der von Russland unterstützten Kräfte in der Ukraine gekämpft, nachdem Moskau die ukrainische Halbinsel Krim im Frühjahr 2014 annektiert hatte. Eine genaue Zahl haben die Behörden bislang nicht veröffentlicht. Am Dienstag publizierte die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti Aufnahmen, die zwei serbische Staatsbürger zeigen sollen, die an einem Waffentraining in der Ukraine teilnehmen.

Trennen wird sich Vučić von Putin in absehbarer Zeit wohl nicht. Viele Serben befürworten den russischen Angriff auf die Ukraine, in der Hauptstadt Belgrad gab es zudem prorussische Demonstrationen. Dennoch ist für den Präsidenten die Marschrichtung klar. Vučić ist überzeugt, dass die Bürger, wenn und falls diese Wahl in einem Referendum getroffen wird, für den Beitritt in die EU stimmen und ihren Schwenk nach Westen festigen werden. Damit dies geschehen könne, brauche man Zusicherungen, dass die Mitgliedschaft realistisch sei. "Ich weiß, dass die EU unser Weg ist", sagte er. "Es gibt keine anderen Wege."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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