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Putins teure Angriffe auf Kiew: Will Russland nur ablenken?


Eine teure Strategie

Von t-online, wan

Aktualisiert am 01.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Menschen bringen sich in Sicherheit: An diesen Orten finden sie Schutz, während Raketen am Himmel aufsteigen. (Quelle: t-online)
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Russland verstärkt seine Luftangriffe auf Kiew – offenbar zu einem hohen Preis. Welche Strategie verfolgt Putin damit?

In den vergangenen Wochen hat es kaum einen Tag gegeben, an dem nicht Luftalarm in der Ukraine ausgelöst wurde. Immer wieder flogen russische Drohnen und Raketen zum Teil bis nach Kiew. "Großangriff", warnte am vergangenen Wochenende der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko. Doch die Schäden sind eher gering, die Kosten für Russland hoch. Was steckt hinter den neuen Angriffswellen?

Meistens sind es Wohngebäude in der Hauptstadt, die von herabfallenden Trümmern abgeschossener Raketen und Drohnen getroffen werden. Auch wenn Russland vor Kurzem offenbar ein Patriotsystem leicht beschädigt hat, wurden die meisten Flugkörper wohl rechtzeitig erkannt. Russland sprach hingegen zwar von wichtigen Zielen, die getroffen wurden, legte aber keine Beweise vor.

Bericht: Luftangriffe kosten Russland 1,7 Milliarden Dollar pro Monat

Die "Kyiv Post" hat ausgerechnet, dass im Mai alleine etwa 90 Prozent der russischen Raketen und Drohnen abgefangen wurden. Demnach habe es 563 Angriffe mit Kamikaze-Drohnen und Mittelstreckenraketen gegeben.

Die Zeitung beruft sich dabei auf Zahlen des ukrainischen Militärs, die aber unabhängig nicht bestätigt werden können. 533 Flugkörper seien von der Flugabwehr abgefangen worden, darunter seien 401 Shahed-Drohnen iranischer Baurat gewesen. Hinzu kämen 114 KH-101-555-Mittelstreckenraketen, von denen 106 nicht ihr Ziel getroffen hätten.

Auch das amerikanische Institut for the Study of War berichtet von erfolgreicher Flugabwehr und bezieht sich dabei ebenfalls auf ukrainische Angaben. Die "Kyiv Post" summierte die Kosten für das russische Material auf etwa 1,7 Milliarden Dollar – alleine im Mai.

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Viele Drohnen werden abgeschossen: Warum greift Russland an?

Selbst wenn die Zahlen nach oben oder unten variieren sollten, stellt sich die Frage, warum Russland immer wieder so teure Angriffswellen durchführt, die zum großen Teil abgefangen werden.

Die Gründe sind vielschichtig: Experten vermuten, dass man die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen will. Die russische Luftangriffsserie auf Kiew sei "einfacher Terrorismus", sagte Michael McFaul, der ehemalige US-Botschafter in Russland, dem US-Magazin Newsweek.

Ein weiterer wichtiger Grund könnte darin bestehen, dass Moskau die ukrainische Luftabwehr schlicht überfordern will. In den vor wenigen Monaten geleakten Pentagon-Geheimdokumenten zum Ukraine-Krieg war davor gewarnt worden, dass der Ukraine die Munition für ihre Luftabwehr ausgehen könne. Die Raketenvorräte für die Luftverteidigungssysteme S-300 und Buk aus der Sowjetzeit, die 89 Prozent des Schutzes der Ukraine gegen die meisten Kampfflugzeuge und einige Bomber ausmachen, könnten bis zum 3. Mai vollständig aufgebraucht sein, hieß es.

Der britische Geheimdienst sieht ebenfalls die Möglichkeit, dass Russland die Abwehrfähigkeit der Ukraine schwächen will. "Seit Anfang Mai 2023 hat Russland wieder häufig Angriffe mit Langstreckenraketen tief in die Ukraine gestartet. Sie zielen wahrscheinlich in erster Linie darauf ab, die ukrainische Luftverteidigung zu schwächen", so ein Lagebericht vom 21. Mai.

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Mehrere Angriffswellen, wie zuletzt in Kiew beobachtet, könnten auch einen taktischen Grund haben: Wenn in der ersten Welle die ukrainische Luftabwehr aktiv wird, verrät sie dadurch ihre Position.

"Danach folgte eine zweite Angriffswelle, die mit fortschrittlicheren Präzisionswaffen durchgeführt wurde und oft entweder auf die Luftabwehrsysteme selbst (...) oder auf Ziele von hoher militärischer Bedeutung abzielte", sagte Christian Mölling, Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), dem ZDF.

Allerdings gibt es bislang kaum offizielle Berichte, dass diese Strategie erfolgreich war. Dabei muss aber auch bedacht werden, dass die Ukraine erfolgreiche Angriffe auf ihre militärischen Einrichtungen geheim hält und nur in seltenen Fällen darüber berichtet.

USA schicken weitere Munition für die Luftabwehr

Zu Hilfe kamen der Ukraine die jüngst gelieferten Patriot-Systeme und die Iris-T-Systeme, unter anderem aus Bundeswehr-Beständen. Sie können offenbar auch die bislang von Russland als unverwundbar bezeichneten Kinschal-Überschallraketen abfangen. Deutschland hat alleine ein modernes Luftraumüberwachungsradar TRML-4D und zwei Iris-T-Systeme mit einer ungenannten Zahl von Flugkörpern geliefert.

Das am Dienstag verkündete 300-Millionen-Dollar-Hilfspaket aus den USA enthält weitere Munition für Patriots, AIM-7-Abwehrraketen, Avenger-Luftabwehrsysteme und noch mehr Munition für die Himars-Abwehrsysteme.

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Und schließlich könnte ein Fokus auf Kiew und Städte weiter entfernt von der Front auch ukrainisches Material binden, das eigentlich in den umkämpften Gebieten gebraucht wird. Russland versuche mit dem Angriff auf die Hauptstadt "wahrscheinlich, die Ukraine zu zwingen, mehr ihrer modernen Luftabwehrwaffen auf Kiew zu richten", so Konfliktforscher Mölling. Damit würde dann auch die ukrainische Luftverteidigung in den Frontgebieten geschwächt. Somit könnten die Drohnenangriffe auch als russische Präventivmaßnahme im Vorfeld der bevorstehenden ukrainischen Gegenoffensive betrachtet werden.

Unklarheit über Reserven

Wie groß die Reserven der ukrainischen Luftabwehr und von Russlands Drohnen und Raketen sind, ist unklar. Beide Seiten, inklusive der westlichen Lieferanten, halten sich weitgehend zurück, wenn es um genaue Zahlen geht.

Der britische Geheimdienst hatte noch im März Probleme beim russischen Nachschub gesehen, zumindest was Raketen betrifft. Vor neuen Wellen müssten erst weitere Waffen produziert werden. Die Unterstützung aus dem Westen für die Ukraine scheint noch ungebrochen. "As long as it takes" (zu Deutsch: so lange wie nötig), ist das gemeinsame Mantra von US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz, dem zuletzt auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius einstimmte.

Verwendete Quellen
  • newsweek.com: "Russia's Attacks on Kyiv Are 'Straight Up Terrorism': Former Ambassador" (englisch)
  • zdf.de: "Moskau will ukrainische Luftabwehr schwächen"
  • nytimes.com: "Leaked Documents Suggest Ukrainian Air Defense Is in Peril if Not Reinforced" (Englisch)
  • bundeswehr.de: Liste der militärischen Unterstützungsleistungen
  • kyvpost.com: "Russia’s Month of Missile Madness: 90% of Projectiles Failed, $1.7 Billion Spent" (englisch)
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