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Nagelsmann im "Haifischbecken" FC Bayern: Diese Rolle spielt Manuel Neuer


Nagelsmann-Diskussion beim FCB
Ist er nur ein kleiner Fisch im Haifischbecken?

Von Julian Buhl, München

Aktualisiert am 22.02.2023Lesedauer: 5 Min.
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Julian Nagelsmann: Bayerns Trainer muss Konsequenzen fürchten. (Quelle: Dennis Ewert/RHR-FOTO/Reuters)

Julian Nagelsmann verwunderte viele vor Kurzem mit einem brisanten Vergleich. t-online erklärt, wen der Bayern-Trainer damit gemeint hat.

Wie Julian Nagelsmann seine Situation beim FC Bayern sieht, das beschrieb der Chefcoach kürzlich mit einem Sprachbild: "Es gibt Trainer, die bringen acht, neun Leute mit zu einem Klub. Das hat auch einen Sinn", sagte der 35-Jährige. "Je größer der Klub, umso mehr Haie schwimmen um dich rum. Und da ist es nicht schlecht, wenn du im Schwarm in der Mitte bist und außen sind noch ein paar Pufferfische."

Mit dieser Metapher sorgte er nicht nur bei den Klubbossen für Verwunderung. Fühlt sich der Bayern-Coach in München etwa von Raubfischen umringt oder gar bedroht? Und wen genau meinte er mit den "Haien" und den "Pufferfischen"?

Die 2:3-Niederlage am Samstag in Gladbach trug jedenfalls nicht gerade zur Beruhigung der angespannten Stimmung bei. Das wurde auch durch den Wutausbruch deutlich, den sich Nagelsmann direkt im Anschluss daran leistete und das Schiedsrichterteam dabei als "weichgespültes Pack" bezeichnete.

Damit befeuerte der ohnehin häufig polarisierende Coach die Diskussionen um ihn ungewollt selbst und bot seinen Kritikern damit unnötig Angriffsfläche – extern und intern.

t-online erklärt, wer im vermeintlichen "Haifischbecken" FC Bayern momentan wie zu Nagelsmann steht.

Sein Trainerteam: Der erwähnte Hai-Vergleich fiel, als Nagelsmann nach der Verpflichtung des neuen Torwarttrainers Michael Rechner gefragt wurde. Mit dem 42-Jährigen hat er schon in Hoffenheim zusammengearbeitet und nun einen weiteren Vertrauten oder – wie er sagte – "Pufferfisch" um sich.

Zuvor hatten ihn bereits seine Co-Trainer Dino Toppmöller, Xaver Zembrod sowie Videoanalyst Benjamin Glück und Teampsychologe Max Pelka bei seinem Wechsel 2021 von RB Leipzig nach München begleitet. Dementsprechend eng und vertraut ist das Verhältnis zu seinem Trainerstab.

Die Bosse: Sowohl Vorstandschef Oliver Kahn, Sportvorstand Hasan Salihamidzic als auch Präsident Herbert Hainer sprachen Nagelsmann zuletzt erneut ihr Vertrauen aus. "Der Trainer wird ständig infrage gestellt, wo er überhaupt nicht infrage gestellt werden kann", sagte Salihamidzic nach dem 1:0-Hinspielsieg bei Paris Saint-Germain. "Das ist komisch für mich, für uns."

Davon lasse man sich aber nicht aus der Ruhe bringen. Nagelsmann sei schließlich ein "Langzeitprojekt des FC Bayern", so Salihamidzic. "Wir alle beim FC Bayern München wollen diesen Erfolg und stehen unter einem gewissen Druck", sagte Kahn, "das immer auf den Trainer zuzuspitzen, ist ein bisschen übertrieben." Hainer, der sich von Nagelsmann "Präsi" nennen lässt, gilt ohnehin als ein großer Fan von ihm.

Und auch Uli Hoeneß, der beim Thema Nagelsmann zuletzt auffällig zurückhaltend und laut "Sport Bild" klubintern sogar als Skeptiker wahrgenommen wurde, sagte im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Julian ist der Richtige, ein sehr junger, sehr fähiger und sehr reflektierter Trainer, der nicht auf jedem Satz fünfmal herumkaut, bevor er ihn ausspricht. Mir gefällt das." Die unbedachten Sätze, die in den Gladbacher Katakomben zu hören waren, dürften aber auch Hoeneß und den Bossen nicht gefallen haben.

"Die Frage ist, wieso man ihn von höherer Stelle nicht öffentlich so schützt und sich vor ihn stellt, wie es gerade ein Bayern-Trainer nötig hat, wenn viele Sachen auf ihn einprasseln?", schrieb Lothar Matthäus in seiner Sky-Kolumne. Er jedenfalls hat den Eindruck, "dass nicht mehr alle in der Vereinsführung hinter ihm stehen".

Manuel Neuer: Das Verhältnis zum Kapitän der Bayern gilt seit der Entlassung von Torwarttrainer Toni Tapalovic Anfang des Jahres als belastet. Tapalovic, der auch privat eng mit Neuer befreundet und sogar dessen Trauzeuge ist, war schließlich über viele Jahre dessen wichtigste Bezugsperson im Klub. Nagelsmann, mit dem es in der Trainerarbeit Differenzen gab, war die treibende Kraft bei der nun erfolgten Trennung.

"Ich hatte das Gefühl, dass mir das Herz herausgerissen wurde. Das war das Brutalste, was ich in meiner Karriere erlebt habe", sagte Neuer in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung", mit dem er unmittelbar vor dem wichtigen Paris-Spiel für große Unruhe im Verein sorgte.

Mittlerweile hat eine erste Aussprache zwischen Neuer und Nagelsmann stattgefunden. Der Torhüter kündigte an, mit seinem Trainer weiter "professionell arbeiten" zu wollen. Nach innigem Vertrauensverhältnis klingt das nicht gerade.

Die Kapitäne: In Abwesenheit von Neuer, der mit einer Unterschenkelfraktur für den Rest der Saison ausfällt, ist Thomas Müller nun eigentlich Bayerns Kapitän. Allerdings hat der 33-Jährige seinen Stammplatz an den 14 Jahre jüngeren Jamal Musiala verloren. Nachdem Dayot Upamecano gegen Gladbach die Rote Karte sah, wurde er aus taktischen Gründen nach nur 16 Minuten ausgewechselt.

Niko Kovac war in München einst auch an seinem komplizierten Verhältnis zu Müller, den er damals als "Notnagel" bezeichnete, gescheitert. Nagelsmann moderiert den Fall Müller bislang deutlich besser, ist in ständigem Austausch mit seinem Vizekapitän. Der beobachtet die Entwicklungen aber genau – sowohl wie Nagelsmann mit ihm umgeht als auch wie es mit Neuer weitergeht, jeweils aus einer neutralen Position.

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Joshua Kimmich ist dagegen Nagelsmanns engster Vertrauter und gehört somit wohl eher zu den "Pufferfischen". Wenn Müller, wie in Paris, auf der Bank sitzt, trägt er die Kapitänsbinde und ist faktisch bereits jetzt Bayerns Anführer auf dem Platz. Nagelsmann versteht sich gut mit dem 28-Jährigen und tauscht sich viel mit ihm aus – er besuchte ihn 2021 sogar schon mal im Urlaub.

Andere Leistungsträger: Genau wie die drei Kapitäne gehören auch Leon Goretzka und Kingsley Coman zum Mannschaftsrat und somit auch zu Nagelsmanns wichtigsten Ansprechpartnern und Unterstützern im "Haifischbecken"

Nagelsmann verhalf Musiala zu seinem Durchbruch und setzt uneingeschränkt auf den offensiven Mittelfeldspieler. Dessen engste Bezugsperson im Trainerteam ist allerdings Toppmöller, mit dem er seit der unglücklichen Weltmeisterschaft noch intensiver an seinem Torabschluss arbeitet.

Dass Nagelsmann Musiala zuletzt konkret für eine vergebene Möglichkeit öffentlich kritisierte, kam auch bei den Bossen nicht gut an. Das hatte er in der Hinrunde unter anderem auch bereits in ähnlicher Form bei Leroy Sané getan. Dessen Launen und regelmäßige Verspätungen duldet der Coach aber.

Die Ersatzspieler: Ryan Gravenberch macht kein Geheimnis daraus, dass er mit völlig anderen Erwartungen im Sommer für bis zu 24 Millionen Euro von Ajax Amsterdam nach München gewechselt ist. Das Problem: Der hoch veranlagte Mittelfeldspieler erhält viel Lob, aber dennoch wenig Spielzeit. Dementsprechend kompliziert ist sein Verhältnis zu Nagelsmann.

Und auch Sven Ulreich durfte die Winterverpflichtung von Yann Sommer als neue Nummer eins, auf die Nagelsmann drängte, nicht gerade als Vertrauensbeweis verstehen. Dabei hatte der 34-Jährige sich in der Vergangenheit häufig als verlässlicher und loyaler Neuer-Vertreter bewiesen. Auch er hatte ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis zu Tapalovic.

Den viel diskutierten Fashion-Week-Trip von Serge Gnabry hakte Nagelsmann dagegen schnell ab und beorderte den Nationalspieler, der seinen Stammplatz verloren hat, in Gladbach sogar mal wieder in die Startelf.

Ganz so wie in einem "Haifischbecken" geht es beim FC Bayern dann vielleicht doch nicht zu. Nagelsmann weiß aber: Damit das auch so bleibt, helfen ihm nur Siege – und am besten Titel.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Pressekonferenz mit Julian Nagelsmann am 10.02.
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