t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeSportFußballKolumne - Stefan Effenberg

FC Bayern | Effenberg: Was passiert, wenn Manuel Neuers Vertrag endet?


Suche nach Neuer-Nachfolger
Der Bayern-Plan ist krachend gescheitert

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 17.09.2021Lesedauer: 6 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Verlängert er noch mal? Manuel Neuer hat einen Vertrag bis 2023. Bei Ablauf ist er 37 Jahre alt.Vergrößern des Bildes
Verlängert er noch mal? Manuel Neuer hat einen Vertrag bis 2023. Bei Ablauf ist er 37 Jahre alt. (Quelle: imago-images-bilder)

Der FC Bayern hat mit großartigen Spielern verlängert, steht aber vor weiteren wichtigen Personalentscheidungen. Die betreffen sogar die Positionen von Kapitän Neuer und Torschützenkönig Lewandowski.

Die Champions League ist zurück – und das aus deutscher Sicht mit einem Mega-Unterhaltungswert:

  • Der FC Bayern hat beim 3:0 den FC Barcelona ähnlich dominiert wie beim legendären 8:2 vor eineinhalb Jahren und damit eine Botschaft an Europa gesendet: Wir spielen um den Titel – uns gilt es zu schlagen.
  • Der VfL Wolfsburg hat erneut wie ein Chamäleon agiert, sich dem französischen Meister Lille angepasst und mit dem 0:0 in Unterzahl alle Möglichkeiten aufs Weiterkommen bewahrt.
  • Borussia Dortmund hat mit einem überragenden 18-jährigen Jude Bellingham in der Türkei bei Besiktas Istanbul bestanden (2:1) und einen Riesenschritt Richtung Achtelfinale gemacht.
  • RB Leipzig hat drei Tore gegen Manchester City geschossen, trotzdem 3:6 verloren und nun ein ernstes Problem.


Vier Niederlagen für Leipzig in fünf Spielen, zehn Gegentore in fünf Tagen. Der Offensivdrang geht ganz klar auf Kosten der Stabilität: Es droht ein verdammt ungemütlicher Herbst – und sie sind selbst schuld.

Vor der Saison hat der RB Leipzig immer wieder betont, wie stark der Kader sei und damit die Erwartungen unnötig in die Höhe geschraubt. Wenige Wochen später, vor dem Duell mit City, gab Trainer Jesse Marsch seiner Mannschaft nun ebenso unnötig ein Alibi ("Vielleicht ist es nicht fair, dass wir so früh solche Tests haben. Vielleicht sind wir nicht bereit für so große Herausforderungen").

Absurd. Ich kann da nur mit dem Kopf schütteln. RB muss jetzt sofort Schluss machen mit Hurra-Fußball und den Negativtrend stoppen.

Der FC Bayern ist wieder der große Gewinner in dieser Woche, was allerdings nicht nur an dem Sieg liegt. Viel wichtiger für die Zukunft ist die Vertragsverlängerung mit Nationalspieler Leon Goretzka bis 2026. Nachdem der Klub bereits den Vertrag von Joshua Kimmich bis 2025 ausgeweitet hat, ist das das zweite dicke Ausrufezeichen im Mittelfeld – und ein wichtiges Zeichen an andere Spieler.

Denn beim FC Bayern der Zukunft – sagen wir mal für die nächsten drei, vier oder auch fünf Jahre – gibt es trotz dieser Vertragsverlängerungen noch diverse Fragezeichen. Vier, um genau zu sein, weil auf diesen Positionen Verträge von Top-Spielern bis maximal 2023 laufen, also weniger als zwei Jahre. Das ist deshalb durchaus brisant, weil es in der Regel bedeutet: verlängern oder ein Jahr vor Vertragsende verkaufen – damit gerade nach der Corona-Krise bloß nicht noch jemand ablösefrei gehen kann.

Das Fragezeichen auf der Torwartposition: Der Vertrag von Manuel Neuer endet 2023, der Kapitän ist dann 37 Jahre alt.

Und dann?

Der deutsche Markt gibt sicher grundsätzlich gute Torhüter her, allerdings keine auf dem Weltklasse-Niveau von Neuer. Deshalb sollte der Klub den Vertrag mit ihm trotz des hohen Alters über 2023 hinaus verlängern – um ein oder vielleicht auch zwei Jahre.

Der Plan, mit dem ehemaligen Schalker Alexander Nübel einen jungen Nachfolger im Verein aufzubauen, ist schon jetzt krachend gescheitert. Nübel ist aktuell an die AS Monaco und Trainer Niko Kovac verliehen – steht allerdings auch dort massiv in der Kritik. Ex-Paris-Torwart und Experte Jerome Alonzo fragte bei "L'Équipe TV": "Das soll der künftige Nachfolger von Manuel Neuer beim FC Bayern werden? Auf mich macht er keinen guten Eindruck. Er wirkt lahm, unsicher und limitiert."

Ich wünsche Nübel, dass er den Eindruck widerlegen kann. Aber selbst dann: Bayern ist noch mal ein ganz anderes Niveau als Monaco.

Ich gehe davon aus, dass der FC Bayern das erkannt und aus dem Fall Nübel gelernt hat – und auch aus der Vergangenheit, in der ähnliche Versuche mit Michael Rensing oder Thomas Kraft nicht erfolgreich waren. Das klappt einfach nicht. Punkt. Du brauchst den besten Torwart – und den findest du eben in der Regel nicht im eigenen Verein und kannst ihn auch nicht dort aufbauen.

Aus heutiger Sicht kann es deshalb eigentlich nur einen Nachfolger für Neuer geben: Dortmunds Gregor Kobel, der sich in der kurzen Zeit beim BVB schon enorm weiterentwickelt hat. Ob das nun in zwei, drei oder vier Jahren sein wird: das ist, nach aktuellem Stand, der richtige Mann für Bayern.

Das Fragezeichen in der Innenverteidigung: Auf den Außenpositionen in der Abwehr ist Bayern mit Benjamin Pavard und Alphonso Davies auf Jahre hervorragend aufgestellt, beide haben langfristige Verträge. Dahinter gibt es mit Josip Stanišić ein vielversprechendes Talent. Aber wer spielt in der Mitte neben Neuzugang Dayot Upamecano?

Ich persönlich sehe Niklas Süle auf einem sehr guten Weg und würde seinen Vertrag definitiv über das Saisonende hinaus verlängern. Er hat mit Hansi Flick beim DFB und Julian Nagelsmann bei Bayern zwei Trainer, die er sehr gut kennt – und die ihn auch schätzen und fördern. Das wäre mir an seiner Stelle mehr wert als ein paar Euro, die er vielleicht an Gehaltseinbußen hinnehmen muss.

Dahinter kann sich Tanguy Nianzou entwickeln – und womöglich auch Lucas Hernández noch mal angreifen. Ich halte ihn nach wie vor für einen hervorragenden Spieler, dem ich auch weiterhin Zeit geben würde. Wenn er allerdings von sich aus im Winter einen Abschied forcieren möchte, muss man ihn gehen lassen. Er hat 80 Mio. Euro gekostet – ist aber bis heute kein Stammspieler.

Schon diesen Sommer wurde Nationalspieler Matthias Ginter von Borussia Mönchengladbach mit Bayern in Verbindung gebracht. Zurecht. Sein Vertrag endet am Saisonende, er hat sich zu einem Top-Bundesligaspieler entwickelt und es scheint auf einen Wechsel im kommenden Sommer hinauszulaufen. Ich bin mir sicher, dass Ginter entweder zu Bayern geht – oder zurück zu Borussia Dortmund. Dort sehe ich eigentlich sogar den größeren Bedarf.

Der zwischenzeitlich gehandelte Thilo Kehrer von Paris ist in meinen Augen übrigens nicht gut genug, um ein Spieler für den FC Bayern zu sein – Stand heute.

Das Fragezeichen im offensiven Mittelfeld: Leroy Sané und Jamal Musiala haben langfristige Verträge – und spielen bislang eine sehr gute Saison. Die Verträge von Kingsley Coman, Serge Gnabry und Thomas Müller dagegen enden 2023.

Mit Gnabry sollte Bayern langfristig verlängern, mit Müller zumindest für zwei Jahre. Er ist fast nie verletzt, hat herausragende Gene. Vielleicht wird er irgendwann eine ähnliche Rolle wie einst Mehmet Scholl einnehmen und auch im hohen Fußballer-Alter noch als Backup agieren – derzeit ist er allerdings noch meilenweit von so einer Rolle im zweiten Glied entfernt. Sollte sich Bayern mit Coman in den nächsten Monaten nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen können, muss er im nächsten Sommer verkauft werden.

Fakt ist: Die Vertragsverlängerungen mit den Leistungsträgern sind das alles Entscheidende, um Ruhe und Zeit für Transfers zu haben, um den Kader punktuell zu verstärken – zum Beispiel mit Leverkusens Toptalent Florian Wirtz, der gerade am gestrigen Donnerstag in der Europa League den Siegtreffer gegen Budapest erzielt hat.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass seine Zukunft bei Bayern liegt – auch weil sich dort etwas Grundlegendes verändert hat. Früher war es für junge Spieler unheimlich schwierig, Spielzeit zu bekommen. Heute setzen Trainer wie zuletzt Hansi Flick und nun Julian Nagelsmann sie viel häufiger ein und bauen sie dabei behutsam auf. Das beste Beispiel ist Jamal Musiala.

Loading...
Loading...
Loading...

Das Fragezeichen auf der Mittelstürmer-Position: Robert Lewandowski ist mittlerweile 33 Jahre alt und mit einem Vertrag bis 2023 ausgestattet – behauptet aber in "Sport Bild", dass er noch vier Jahre auf Top-Niveau spielen könne.

Eine Verpflichtung von Erling Haaland von Dortmund ist eine "Mission Impossible", also unmöglich. Selbst Karl-Heinz Rummenigge als ehemaliger Vorstandsvorsitzender hat das deutlich gesagt und auf die irren Gehaltsforderungen von Haaland-Berater Mino Raiola verwiesen.

Deshalb sollte der FC Bayern Lewandowskis Worten Glauben schenken – und seinen Vertrag jetzt bis 2025 verlängern. Bei ihm deutet bislang nichts darauf hin, dass er in irgendeiner Hinsicht abbaut. Im Gegenteil. In dieser Saison hat er in sechs Spielen zehnmal getroffen. Er hat in Barcelona sogar in seinem 18. Spiel hintereinander getroffen. Lewandowski hat also seit dem 15. Februar immer ein Tor erzielt, wenn er auf dem Platz stand.

Genauso ist es sicherlich sinnvoll, mit Eric Maxim Choupo-Moting als Backup weiterzumachen und noch mal über 2023 hinaus zu verlängern. Er hat sich mit dieser Rolle sehr gut arrangiert.

Mein Fazit: Der FC Bayern ist für die nächsten drei, vier oder auch fünf Jahre hervorragend aufgestellt, wenn er in den nächsten vier, fünf Monaten weitere Verträge von Leistungsträgern verlängert – von Manuel Neuer, Niklas Süle, Thomas Müller, Serge Gnabry und Robert Lewandowski. Um dann punktuell Verstärkungen dazu holt. Florian Wirtz – und vielleicht auch Spieler wie Matthias Ginter, Florian Neuhaus oder Jonas Hoffmann aus Gladbach. National wird das in den nächsten Jahren immer reichen.

Und auch international gibt es so keine Mannschaft, vor der sich Bayern verstecken muss. Paris St. Germain oder Manchester United werden sicherlich noch Fahrt aufnehmen, haben aber zum Auftakt der Champions League erstmal nicht gewinnen können – ganz im Gegensatz zum FC Bayern München, der schon auf der richtigen Flughöhe ist.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website