Bald Finanzholding? Thyssenkrupp plant wohl große Entlassungen – Aktie schnellt nach oben

Thyssenkrupp bereitet sich wohl auf einen großen Umbau vor. Während sich die Anleger freuen können, müssen die Angestellten bangen.
Der Industriekonzern Thyssenkrupp soll einem Medienbericht zufolge in eine Finanzholding umgebaut werden. Der Vorstand um Konzernchef Miguel Lopez wolle damit die Basis schaffen, um weitere Teile zu verkaufen, berichtete "Bild" am Sonntag unter Berufung auf Konzernkreise. Die Zentrale solle von aktuell 500 auf 100 Mitarbeiter verkleinert werden, dazu seien weitere Streichungen in der Verwaltung mit rund 1.000 Beschäftigten geplant.
"Übrig bleibt nur eine Dachgesellschaft ohne Inhalt", habe eine mit den Vorgängen vertraute Person gesagt. Am Aktienmarkt kamen die Neuigkeiten gut an – die Aktie legte im frühen Montagshandel kräftig zu.
Thyssenkrupp plant weitere Börsengänge
Zuletzt stieg das Thyssenkrupp-Papier um fast 7 Prozent auf mehr als 9 Euro und war damit der Spitzenreiter im MDax, dem Index für mittelgroße Unternehmenswerte. Seit dem Jahreswechsel hat sich die Aktie um mehr als 130 Prozent verteuert, letztlich auch dank der Marine-Sparte und der damit verbundenen Rüstungsfantasie. Allerdings ist der Anteilsschein noch weit weg von seinen früheren Glanzzeiten: 2007 hatte er noch fast 47 Euro gekostet.
Neben den bekannten Maßnahmen in der Stahlsparte und der Marinewerft Thyssenkrupp Marine Systems solle der Werkstoffhandel an die Börse gebracht und damit dessen Abschied vorbereitet werden, berichtete die Zeitung weiter. Thyssenkrupp macht mit diesem Teil seines Geschäfts den größten Umsatz – wie "Bild" schreibt, mehr als 12 Milliarden Euro.
Konzernchef Lopez hatte bei der Vorlage von Quartalszahlen Mitte Mai allerdings gesagt, dass die Sparte Material Services "Kerngeschäft" sei und bleibe. Er wies damit einen Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg zurück. Diese hatte Anfang April unter Berufung auf informierte Kreise berichtet, dass der Essener Konzern Alternativen für das Geschäft erwäge, wie etwa eine Abspaltung.
Lopez steht vor Vertragsverlängerung
Dem Zeitungsbericht zufolge soll zudem ein Teil der Autozulieferer-Sparte geschlossen oder verkauft werden. "Nur ein Rumpf bleibt im besten Fall", wurde ein Manager zitiert. Laut Bericht würde die Sparte "Grüne Technologie" nur im Unternehmen eingegliedert bleiben, weil sie zu klein ist: abgespalten könnte sie nicht überleben.
Die Pläne müssten noch vom Aufsichtsrat gebilligt werden. "Größere Widerstände sind nicht zu erwarten – es sollte also so durchgehen", berichteten die Quellen. Auch politisch gehe man nicht von Gegenwind aus: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) steht den ganzen Entwicklungen einem Insider zufolge nur "passiv" gegenüber.
Mit dem Umbau einhergehen soll dem Bericht zufolge eine Verlängerung des Vorstandsvertrags von Lopez. Auf seiner Sitzung am 16. September werde der Aufsichtsrat den Kontrakt verlängern, heißt es in hochrangigen Konzernkreisen. Zu der geplanten Vertragsverlängerung hat Thyssenkrupp einen Kommentar abgelehnt.
Zurzeit bereitet Thyssenkrupp die Abspaltung eines Minderheitsanteils der Marine-Sparte an die Aktionäre von Thyssenkrupp vor, die an der neuen Holding dann minderheitlich beteiligt werden sollen. Dabei strebt Thyssenkrupp eine Beteiligung von "51 Prozent plus" an. Auch das Stahlgeschäft arbeitet an seiner Neuaufstellung. Thyssenkrupp will die Kapazitäten deutlich zurückfahren und tausende Stellen streichen. Nach der Kündigung der Lieferverträge mit den Hüttenwerken Krupp Mannesmann (HKM) ist ein Verkauf der Unternehmensanteile an HKM die bevorzugte Option.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- bild.de: "Nach 214 Jahren wird Thyssenkrupp zerschlagen"