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Dax-Erfinder Mella: "Der Dax 40 wird instabiler, unruhiger"


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Erfinder des Leitindex
"Der Dax 40 wird instabiler, unruhiger"

  • Florian Schmidt
InterviewVon Florian Schmidt

03.09.2021Lesedauer: 3 Min.
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Der echte Mister Dax: Frank Mella gilt als Erfinder des deutschen Leitindex.Vergrößern des Bildes
Der echte Mister Dax: Frank Mella gilt als Erfinder des deutschen Leitindex. (Quelle: Picture Alliance/dpa-bilder)

40 statt 30 Firmen: Der Dax wird größer – doch nicht alle finden das gut. Der Erfinder des deutschen Leitindex, Frank Mella, kritisiert die Erweiterung der Aktienliste im t-online-Interview scharf.

Airbus, Zalando, Hellofresh: Der Deutsche Aktienindex, kurz Dax , umfasst ab Ende September zehn Unternehmen mehr als bislang. Am Freitag gab die Deutsche Börse bekannt, welche Aktiengesellschaften in die erste deutsche Börsenliga aufsteigen.

Hintergrund für die Erweiterung ist auch ein entsprechender Wunsch von Marktteilnehmern, Investoren und Anlegern, die sich für einen größeren Index aussprachen. Doch die Verlängerung der Liste stößt auch auf Kritik. Im Interview mit t-online äußert sich jetzt erstmals der Gründer des Dax, Frank Mella, zu dem Vorhaben. Er findet: Es hätten auch weiter 30 Unternehmen bleiben können.

t-online: Herr Mella, Sie gelten als Erfinder des Dax. Welchen Anteil hatten Sie genau bei der Geburt des deutschen Leitindex?

Frank Mella: Ich war damals, in den 1980er-Jahren, Redakteur bei der "Börsen-Zeitung" und wurde von meinem Chefredakteur gebeten, einen neuen Aktienindex zu entwickeln, der die Performance der wichtigsten deutschen Aktien zeigt. Das habe ich dann auch gemacht und nannte die Liste zunächst "BZ-Index". Dass er einmal so erfolgreich wird, dass er als Vorlage für den heutigen Dax diente, hätte ich damals aber kaum zu träumen gewagt.

Warum nicht?

Weil es Anfang der 1980er-Jahre bereits eine Reihe von Indizes gab, es war nicht klar, dass sich unserer durchsetzen würde.

Warum kam es dann doch so?

Das lag daran, dass die meisten anderen Indizes nur einmal täglich berechnet wurden, sodass sie am nächsten Morgen in der Zeitung abgedruckt werden konnten. Unser Index jedoch wurde zunächst viermal täglich neu berechnet, später halbstündlich. Das war unser Glück.

Frank Mella, Jahrgang 1949, gilt gemeinhin als Erfinder des Dax. Als Redakteur der "Börsen-Zeitung" berechnete er erstmals einen sogenannten Laufindex für deutsche Aktien, die an der Frankfurter Börse gehandelt wurden. Später diente sein Index als Vorlage für den heutigen Dax. Mella ist heute Rentner und lebt in Königswinter bei Bonn.

Was genau meinen Sie damit?

In dieselbe Zeit fiel damals der Start des Börsenfernsehens. Auf Sat.1 wurde die Telebörse ausgestrahlt. Und die war auf einen immer wieder aktualisierten Laufindex angewiesen. Stellen Sie sich nur vor, der Moderator hätte gesagt: "Nun, vielleicht ist der Index heute gefallen oder gestiegen, so genau wissen wir das erst heute Abend." In einer Livesendung wäre das unmöglich gewesen. Da war unser Index perfekt geeignet.

So perfekt, dass die Deutsche Börse Ihren BZ-Index schließlich in den Dax überführte.

Verkürzt lässt sich das so sagen, ja. Ich habe dann die Zahlenreihen noch verkettet, sodass wir den Dax heute über den BZ-Index und wiederum dessen Vorgänger, den Hardy-Index, bis 1959 zurückrechnen können.

Dass der Dax nur 30 Werte hat, war seit jeher ein Kritikpunkt. Der Index, so heißt es, könne ob seiner Größe gar nicht die Gesamtheit der deutschen Wirtschaft abbilden. Ein Konstruktionsfehler, der auf Sie zurückgeht?

Nein, ganz und gar nicht. Der Dax sollte nie repräsentativ für die deutsche Wirtschaft sein. Das kann er überhaupt nicht. Wir haben in Deutschland etwa 700.000 Kapitalgesellschaften, davon rund 12.000 Aktiengesellschaften, von denen etwa 450 mit handelbaren Aktien an der Börse notiert sind. Der Dax wäre also selbst dann nicht repräsentativ für die Wirtschaft, wenn man sämtliche Aktien im Index berücksichtigte – eben weil die Börse schon nicht repräsentativ für die Volkswirtschaft ist.

Das heißt, die Zahl 30 haben Sie einfach willkürlich gewählt?

Nicht ganz. Mein Vorbild für den BZ-Index, also den Dax-Vorgänger, war der amerikanische Standardwerteindex Dow Jones. Der umfasst ebenfalls 30 Werte – übrigens bis heute.

Beim Dax wird sich das nun ändern. Ende September umfasst er 40 Titel. Was halten Sie davon?

Offen gestanden nicht besonders viel.

Warum?

Weil der Index dadurch deutlich schwächer in seiner Zusammensetzung wird. Elf Werte haben im neuen Dax 40 ein Gewicht von unter einem Prozent und wirken sich auf den Index kaum aus. Dann hätten wir auch bei 30 bleiben können.

Aber diese Firmen könne ja noch wachsen, ein Start-up wie etwa Hellofresh kann eines Tages ja auch einmal ein ganz großes Unternehmen sein.

Da wäre ich mir nicht so sicher, das kann keiner sagen. Fest steht aber: Der Dax wird instabiler, unruhiger, weil künftig häufiger Firmen ausgetauscht werden müssen. Die Änderung der Volatilität wird im Promillebereich liegen.

Was spricht noch gegen die Aufstockung?

Das Schicksal des MDax, der künftig nur noch ein Schatten seiner selbst sein wird. Es ist wirklich schade, dass der Index der mittelgroßen Unternehmen im selben Zuge verkleinert wird. Das macht ihn deutlich weniger attraktiv für Anleger und Investoren. Die Deutsche Börse reißt durch die Vergrößerung der ersten deutschen Börsenliga das gesamte Index-System ein. Das ist bedauerlich.

Herr Mella, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Frank Mella
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