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Schott Pharma geht an die Börse: Als Privatanleger dabei sein?


Börsendebüt Schott Pharma AG
Sollten Sie als Anleger jetzt dabei sein?

Von Leon Bensch

Aktualisiert am 06.10.2023Lesedauer: 6 Min.
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Medizinische Verpackungseinheiten aus GlasVergrößern des Bildes
Spritzen und Fläschchen (Symbolbild): Die Verpackung von Medikamenten ist besonders wichtig, um kein Risiko für Patienten einzugehen. (Quelle: Oleh Stefaniak)

Schott Pharma feierte Ende September sein Börsendebüt. Die ersten Aktien wurden mit einem Preis von 30 Euro gehandelt. Geht es jetzt steil nach oben?

Die Aktie von Schott Pharma (WKN A3ENQ5) stieß bei ihrem Börsendebüt am 28. September auf großes Anlegerinteresse, so die offizielle Pressemitteilung. Mit dem Börsengang wird Schott Pharma mit rund vier Milliarden Euro bewertet. Das Unternehmen bot 34,6 Millionen Aktien zu einem Ausgabepreis von 27 Euro je Aktie an. In der Spitze notierte das Papier 30 Euro und lag damit über dem Ausgabepreis.

Was für das Unternehmen ein gutes Geschäft ist, muss für den Investor nicht unbedingt ein solches sein. Wie bei jedem Börsengang stellt sich die Frage: Sollten Anleger bei Börsendebüts von Unternehmen unbedingt dabei sein? Zuvor lohnt sich ein Blick auf die Fakten.

Das stellt die Schott Pharma AG her

Schott Pharma mit Sitz in Mainz ist laut eigenen Angaben weltweit führend auf dem Markt für Polymerspritzen, Ampullen und Fläschchen aus Glas. All diese Produkte werden für medizinische Anwendungen benötigt, vor allem bei den Herstellern von Arzneimitteln in der Pharma- und Biotechindustrie. Ampullen aus Glas sind sogenannte geschäftskritische Komponenten in den Arzneimittelherstellungsprozessen. Das bedeutet, dass die in den Glasfläschchen und Ampullen enthaltenen Substanzen besonders geschützt werden müssen, damit sie ihre Wirkung nicht verlieren oder gesundheitliche Schäden verursachen.

Wer sind die Kunden von Schott Pharma?

Mögliche Kunden sind weltweit operierende Unternehmen aus der Pharma- und Biotechindustrie wie beispielsweise Merck, Biontech oder Novo Nordisk. Insgesamt arbeitet Schott Pharma mit über 1.800 Kunden und den 30 führenden Pharmaherstellern zusammen. Nähere Angaben möchte Schott Pharma aber nicht machen. "Wir können die Namen unserer Kunden nicht nennen, aber wir haben bereits langfristige Verträge mit den führenden Unternehmen unterzeichnet. Und ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass sich diese Verträge bis 2030 auf ein Volumen von etwa eine Milliarde Euro belaufen", sagte der Vorstandsvorsitzende Andreas Reisse bei "MarketScreener".

Das bedeutet IPO

IPO (Initial Public Offering) heißt das Börsendebüt eines Unternehmens, das erstmals an der Börse Aktien ausgibt. Mit der Ausgabe der Aktien zu einem bestimmten Wert sammelt das Unternehmen Geld sowohl von institutionellen Anlegern als auch von Privatanlegern ein. Das Geld soll in neue Geschäftsbereiche investiert werden oder die Übernahme von anderen Firmen finanzieren.

Wenn Sie als Anleger die Nachrichten lesen oder auf ihrer Broker-Website Werbebanner zur IPO entdecken, könnten Sie den Eindruck gewinnen, etwas zu verpassen, wenn Sie nicht von Anfang an dabei sind. Denn eines ist immer klar: Je höher der Andrang auf die ersten Wertpapiere ist, desto höher ist der Preis.

Wer profitiert vom Börsengang?

Nachteile bei Unternehmen, die erstmals an die Börse gehen, sind viele Unbekannte einer komplizierten Gleichung. Doch gerade diese vielen Unbekannten entscheiden oft darüber, ob ein Unternehmen für Privatanleger überhaupt geeignet ist, das hart verdiente Geld in dessen Aktien zu investieren.

Die erste Überlegung sollte sein, wer von den Einnahmen profitiert. Bleibt das Unternehmen in der Hand weniger Einzelaktionäre und sind nur wenige Aktien im Streubesitz? Dann ist der Aktienkurs zwar weniger anfällig für Schwankungen, aber es entsteht auch eine große Abhängigkeit von beteiligten Großaktionären, beispielsweise auch bei wichtigen unternehmerischen Entscheidungen.

Oder wollen Altaktionäre den Börsengang für ihren Exit nutzen, den sie sich gut bezahlen lassen? Danach sieht es bei Pharma Schott zumindest nicht aus. Die Schott Pharma AG & Co. KGaA hat ihren Hauptsitz in Mainz und bleibt auch nach der IPO Teil der Schott AG, einem Unternehmen der Carl-Zeiss-Stiftung. Die Schott-Tochter Glaswerke Beteiligungs- und Export GmbH bleibt mit 77 Prozent des Aktienkapitals Mehrheitseignerin von Schott Pharma. Ankerinvestor ist die Qatar Holding, die Aktien im Wert von 200 Millionen Euro erworben hat und damit 4,9 Prozent hält.

Ob der Börsenstart gelingt, zeigt sich erst später

Der Ausgabepreis orientiert sich vorrangig am Wunsch der Unternehmensführung, mit einer bestimmten Anzahl von Aktien eine bestimmte Menge an Geld einzunehmen. Sind die Aktien erst im Umlauf, ändert sich der Preis je nach Angebot und Nachfrage. Die eingenommene Geldsumme bleibt davon unberührt. Es ist verständlich, dass es im Sinne des Unternehmens ist, die Aktien so teuer wie möglich loszuschlagen.

Viele Unternehmen sind nach ihrem Börsendebüt nach einer kurzen und heftigen Kursexplosion abgestürzt. Hier sind einige Beispiele:

  • Das oft als südkoreanisches Amazon bezeichnete Unternehmen Coupang (WKN A2QQZ2) startete am 11. März 2021 mit einem Kurs von 63 US-Dollar an der Nasdaq und fiel in den folgenden Monaten bis zu einem Tief von rund 11 Dollar. Bis heute beträgt der Verlust 73 Prozent.
  • Das kanadische Cannabis-Unternehmen Tilray Brands (WKN A2JQSC) startete mit 176 US-Dollar an der Nasdaq. Der Kurs implodierte bis heute auf 2,24 US-Dollar, ein Verlust von 98 Prozent.
  • Das amerikanische Unternehmen Beyond Meat (WKN A2N7XQ) startete am 22. Mai 2019 an der Börse. Der Aktienkurs des Herstellers von veganen Fleisch- und Wurstwaren kletterte anfangs bis auf 235 US-Dollar, um danach mit hoher Volatilität auf 8,65 US-Dollar einzubrechen.
  • Das Bürovermietungsunternehmen Wework (WKN A3EVA5) startete mit einem Aktienpreis von 544 US-Dollar an der Nasdaq im Oktober 2021. Heute, knapp zwei Jahre später, liegt der Kurs bei 2,54 US-Dollar. Ein Verlust von über 99 Prozent. Damit die Aktienpreise auf die der ersten Handelstage zurückkommen, müsste sich der Kurs fast achtmal verdoppeln.
  • Der Börsenstart des schwedischen Hafermilchproduzenten Oatly (WKN A3CQRG) am 19. Mai 2021 wurde fulminant gefeiert. Der höchste Kurs in den ersten Handelstagen lag bei rund 24 Euro. Heute steht die Aktie bei 0,77 Euro. Ein Verlust von rund 95 Prozent.
  • Am 29. September 2022 betrat Porsche (WKN PAG911) trotz schwieriger Märkte das Börsenparkett. In den ersten Handelstagen stieg der Kurs je Aktie auf knapp 110 Euro. Heute steht die Aktie bei rund 89 Euro, zumindest aber über dem festgelegten Ausgabepreis von 82,50 Euro. Das zwischenzeitliche Allzeithoch wurde bei etwa 120 Euro markiert.

Kritisch hinterfragen

Für Privatanleger birgt ein Engagement bei der Erstnotierung einer Aktie hohe Risiken, selbst wenn es sich um scheinbar besonders wertvolle oder angesagte Unternehmen handelt. Weil jeder am Anfang dabei sein möchte, spiegelt sich genau das in steigenden Kursen wider. Wenn das Interesse abflacht und institutionelle Anleger ihre Gewinne mitnehmen wollen, werden die Aktien auf den Markt geworfen.

Es spielt auch überhaupt keine Rolle, in welcher Branche das Unternehmen angesiedelt ist. Die Marketingexperten versuchen in jedem Fall und mit allen Mitteln der Werbekunst, genügend Käufer der ersten Stunde zu finden. Aber die Realität zeigt, dass an der Börse niemand einen Blumenstrauß dafür bekommt, der Erste gewesen zu sein.

Finanzkennzahlen sind ausschlaggebend

Was am Ende den Unterschied ausmacht, ob Aktienkurse fallen oder steigen, sind die Geschäftszahlen. Und die muss jedes börsennotierte Unternehmen quartalsweise veröffentlichen. Die meisten Aktienkurse fallen deshalb nach dem Börsengang, weil die Erwartungen viel zu hoch angesetzt waren und in der Folge enttäuscht wurden – je schlechter das Unternehmensergebnis ausfällt, desto schneller rauscht die Aktie in den Keller.

Wie sieht es derzeit bei Schott Pharma aus? Im Jahr 2022 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 821 Millionen Euro. In den ersten sechs Monaten des laufenden Finanzjahres erwirtschaftete es bereits einen Umsatz von 449 Millionen Euro, was einem Wachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von rund 13 Prozent entspricht. Der Gewinn vor Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um 16 Prozent auf 132 Millionen Euro. Das entspricht bei insgesamt 150 Millionen Aktien aufs Gesamtjahr gerechnet 1,76 Euro Vorsteuergewinn pro Aktie.

Aktuelles Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV)

Bei einem Aktienkurs von aktuell rund 30 Euro und einem geschätzten Gewinn nach Steuern (30 Prozent) von rund 1,20 Euro pro Aktie läge das KGV bei 25. Dieser Wert erscheint bei einer Wachstumsprognose zwischen zehn und fünfzehn Prozent als recht hoch, stellt aber auch lediglich eine erste Schätzung dar. Es wird sich zeigen, welche Bewertung die Anleger dem Unternehmen in Zukunft zugestehen.

Noch ist es zu früh für eine fundierte Analyse. Dass am Ende nicht jeder Abverkauf gerechtfertigt ist, liegt an den gleichen Extremen an der Börse wie im Aufschwung. Je heftiger die Übertreibung nach oben ausfällt, desto wahrscheinlicher ist es, die Aktie zu einem besonders günstigen Preis erwerben zu können. Man muss nur lange genug warten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • schott.com: "Auf Erfolgskurs: SCHOTT Pharma wächst weiterhin stark im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2023"
  • handelsblatt.com: "Börsendebüt von Schott Pharma: Aktie startet über Ausgabepreis"
  • marketscreener.de: "Schott liefert Karpulen im Wert von $1 Milliarde für injizierbare Medikamente zur Gewichtsabnahme"
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • Der Artikel stellt keine Kauf- oder Anlageberatung dar. Auf Finanzanalysen von Dritten hat die t-online-Redaktion keinen Einfluss.
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