Pop Mart im Höhenflug Wird Labubu zum Millionengeschäft für Anleger?

Ein chinesisches Spielzeug mit fiesen Zähnen erobert die Welt – und treibt eine Aktie auf Rekordniveau. Doch lohnt sich der Einstieg für Anleger noch?
Es ist ein Bild, das man sonst eher von neuen Apple-Geräten oder Nike-Sneakern kennt: Am Berliner Alexanderplatz campieren Menschen mit Klappstühlen, Schlafsäcken und Thermoskannen – und das nicht etwa für ein neues iPhone, sondern für ein grinsendes Plüschwesen mit spitzen Zähnen. Labubu, eine der unzähligen Sammelfiguren des chinesischen Unternehmens Pop Mart, hat Deutschland erreicht – und gleich zum Start einen Ansturm ausgelöst.
Was auf den ersten Blick wie ein skurriler Modetrend wirkt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als globales Geschäft mit Milliardenpotenzial. In Asien sind die Figuren längst Kult, in Paris hängen sie in Museumsshops, in New York bilden sich über Nacht Schlangen vor den Läden – und an der Börse schießt die Aktie von Pop Mart senkrecht in die Höhe.
Für Anleger stellt sich jetzt eine entscheidende Frage: Lohnt es sich, in dieses Phänomen zu investieren – oder ist der Markt bereits heißgelaufen?
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Was ist der Hype um Labubu?
Labubu ist kein gewöhnliches Spielzeug. Die zahnige Kreatur mit ihren langen Ohren, schrägen Augen und ihrem boshaften Grinsen wirkt wie eine Kreuzung aus Monchhichi, Gremlin und nordischem Troll. Und genau das macht ihren Reiz aus.
Der Hongkonger Künstler Kasing Lung entwarf die Figur ursprünglich 2015 für seine Kinderbuchreihe "The Monsters". Inspiriert von nordischer Mythologie, wollte er eine Welt erschaffen, die gleichzeitig verstörend und liebenswert ist. Die Kombination von Hässlichem und Süßem ist eine Ästhetik, die im heutigen Sprachgebrauch von Kulturwissenschaftlern als "ugly cute" oder "creepy cute" bezeichnet wird.
Gerade in unsicheren Zeiten sei die Hinwendung zu niedlichen Dingen ein emotionales Ventil. Labubu bietet genau das – auf eine skurrile, fast widersprüchliche Weise.
Überraschungseffekt steigert Verkaufserfolg
Als das chinesische Unternehmen Pop Mart die Rechte an Labubu erwarb und 2019 mit der Produktion von Sammelfiguren begann, war der Startschuss für eine internationale Erfolgsgeschichte gefallen.
Entscheidend dafür war nicht nur das ungewöhnliche Design, sondern vor allem das Vertriebskonzept der "Blind Box": Wer eine Figur kauft, weiß vorher nicht, welche Variante sich in der Verpackung verbirgt – das Prinzip Überraschungsei für Erwachsene.
Standardfiguren kosten im Onlineshop oder in Geschäften zwischen 15 und 30 Euro, je nach Serie und Händler. Dazu kommen limitierte Editionen mit Preisen ab 200 Euro, Kooperationen mit Prominenten wie Lisa von Blackpink oder Rihanna und Events in Museumsshops wie dem des Louvre in Paris, wo Labubus als "Mona Lisa" oder "Mädchen mit dem Perlenohrring" verkauft werden. Das Ergebnis: ein Sammlerobjekt mit Statuswert.
Erwachsene hängen sich Labubus an Designerhandtaschen, posten ihre neuesten Errungenschaften auf TikTok oder campieren vor Shops – wie eben jüngst in Berlin. Auf Social Media wird das Auspacken der "Blind Boxes" millionenfach geklickt. Die Figuren sind inzwischen so begehrt, dass einzelne Sondereditionen auf Auktionsplattformen vier- bis fünfstellige Beträge erzielen.
Die Margen sind enorm – sowohl für das Unternehmen als auch für Wiederverkäufer mit Gespür für gefragte Serien. Labubu ist damit längst auch zu einem Spekulationsobjekt geworden. Für viele Käufer zählt nicht nur die Ästhetik, sondern auch die Wertentwicklung. Aber ist dieses Phänomen auch langfristig gesehen wirtschaftlich tragfähig? Und vor allem: Kann es Anlegern noch Rendite bringen?
Lohnt sich ein Einstieg für Anleger?
Der Hype um Labubu schlägt sich nicht nur in langen Schlangen vor den Geschäften, sondern auch in der Bilanz von Pop Mart (WKN: A2QKKF) nieder – mit Zahlen, die selbst erfahrene Börsianer aufhorchen lassen. Seitdem der internationale Durchbruch 2018 gelungen ist, hat sich das Geschäft des Unternehmens vervielfacht.
Der Umsatz liegt heute mit etwa 13 Milliarden Honkongdollar (1,42 Mrd. Euro) 25-mal höher als noch vor sieben Jahren. Was als Nischenmarke begann, ist inzwischen ein globaler Trend, der über 500 stationäre Läden in mehr als 30 Ländern umfasst. Dazu kommt der Onlinehandel, der Kunden und Sammler in über 90 Regionen weltweit erreicht.
Doch damit nicht genug: Der Gewinn pro Aktie (EPS), eine der wichtigsten Kennzahlen für Anleger, hat sich in dieser Zeit mehr als verdreifacht. 2018 verdiente das Unternehmen 0,07 HKD, sprich: weniger als 1 Eurocent je Aktie. Heute sind es 2,60 HKD, also rund 0,28 Euro je Aktie. Das zeigt: Pop Mart verdient nicht nur deutlich mehr, sondern schafft es auch, diesen Gewinn effizient auf die Aktionäre zu verteilen.
Auch der Aktienkurs kennt bislang nur eine Richtung: nach oben. Von rund 10 HKD im Jahr 2022 (1,09 Euro) stieg er auf zuletzt 245 HKD (26,73 Euro) – ein Zuwachs von mehr als 2.300 Prozent. Wer früh eingestiegen ist, konnte seinen Einsatz vervielfachen. Doch wo Licht ist, ist an der Börse auch Schatten – vor allem, wenn es um die Bewertung geht.
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Hohe Bewertung: Alles schon eingepreist?
Je stärker ein Unternehmen wächst, desto mehr sind Investoren bereit, für eine Aktie zu bezahlen. Doch bei Pop Mart hat diese Bereitschaft inzwischen extreme Formen angenommen:
- Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt über 100 – das heißt: Anleger zahlen mehr als das Hundertfache des jährlichen Gewinns je Aktie.
- Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) liegt bei über 20 – selbst wachstumsstarke Technologiewerte wie Amazon oder Tesla lagen über viele Jahre darunter.
- Gleichzeitig ist die Free-Cashflow-Marge solide, aber stark investitionsgetrieben – das Unternehmen expandiert aggressiv, was Mittel bindet.
- Positiv: Der Return on Capital (ROC) – also die Rendite auf das eingesetzte Kapital – liegt bei rund 20 bis 25 Prozent. Das zeigt: Pop Mart arbeitet effizient.
Für Anleger bedeutet das: Die Aktie ist teuer. Sehr teuer. Ein großer Teil des erwarteten Wachstums ist bereits im aktuellen Kurs enthalten. Das macht den Einstieg risikoreicher – vor allem dann, wenn der Hype nachlassen sollte.
Wachstumsstory oder Modetrend?
Pop Mart hat sich erfolgreich positioniert. Doch damit das Unternehmen die hohe Bewertung rechtfertigen kann, muss es weiter in der Geschwindigkeit wachsen wie bisher.
Das Unternehmen produziert zwar schnell, passt sich via KI-Analyse dem Markt an und setzt gezielt auf virales Marketing. Zudem ist das Geschäftsmodell hochprofitabel. Allerdings ist Pop Mart stark vom Labubu-Hype abhängig.
Sollte sich das Konsumverhalten ändern, etwa durch eine Konjunkturflaute oder einen Wechsel des Modetrends, könnten Umsatz und Gewinne schnell ins Stocken geraten. Figuren für 100, 200 oder mehr Euro sind Luxusprodukte, keine Alltagsgüter.
Hinzu kommt: Neue Konkurrenten schlafen nicht. In Asien, den USA und Europa entstehen ähnliche Marken, die ebenfalls vom Trend zur "emotionalisierten Sammelkultur" profitieren wollen.
Fazit: Spannend, aber nicht billig
Pop Mart ist ein Paradebeispiel dafür, wie man kulturelles Kapital in finanziellen Erfolg verwandelt. Das Unternehmen hat vieles richtig gemacht – und es verdient seinen Hype. Doch aus Anlegersicht ist entscheidend: Wer heute einsteigt, zahlt für eine sehr rosige Zukunft. Ob diese auch eintritt, ist offen.
Für langfristig orientierte Anleger kann sich Geduld lohnen. Ein Rücksetzer, etwa durch Marktrotation oder eine allgemeine Börsenschwäche, könnte die Einstiegschancen verbessern. Wer dennoch jetzt investiert, sollte Folgendes wissen: Er steigt nicht mehr in ein unterbewertetes Start-up ein, sondern in ein teuer gehandeltes Trendunternehmen mit glänzender, aber bereits eingepreister Zukunft.
- chinadaily.com: "Labubu, China's cool new culture ambassador" (Englisch)
- tagesspiegel.de: "Riesenschlange für Trend-Plüschtiere: Hunderte stehen vor neuem Labubu-Laden in Berlin an"
- tagesschau.de: "Der Hype um die kleinen Plüschmonster"