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Immobilienmarkt in der Krise: Der Traum vom Eigenheim platzt


Krise auf dem Immobilienmarkt
Der Traum platzt


Aktualisiert am 24.06.2022Lesedauer: 4 Min.
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Bauarbeiter am Werk (Symbolbild): Immer weniger Menschen können sich mit steigenden Zinsen eine eigene Immobilie leisten.Vergrößern des Bildes
Bauarbeiter am Werk (Symbolbild): Immer weniger Menschen können sich mit steigenden Zinsen eine eigene Immobilie leisten. (Quelle: ArtistGNDphotography/getty-images-bilder)

Innerhalb weniger Monate ist der Traum vom Eigenheim unerreichbar geworden. Selbst wer es sich noch leisten kann, wird nicht unbedingt glücklich, zeigt eine Studie.

Die Party am Immobilienmarkt ist vorbei. Während Banken vor einem Jahr noch mit Geld um sich geschmissen haben und mit Kusshand Häuser und Wohnungen weit über der Grenze der halben Million selbst zu 110 Prozent finanziert haben, herrscht nun Zurückhaltung. "Dieses Jahr dominiert das Gefühl: Ich habe den Zug verpasst", fasst Mirjam Mohr vom Baufinanzierungsvermittler Interhyp die Katerstimmung am Immobilienmarkt zusammen.

Das Unternehmen hat in seiner "Wohntraumstudie" 2.200 Menschen zu ihrer Wohnsituation, ihren Wohnträumen und ihren Immobilienplänen befragt. Die Ergebnisse zeigen: Für einige Deutsche ist der Traum vom Eigenheim in den vergangenen zwölf Monaten geplatzt. Waren es im Vorjahr noch 72 Prozent, die eine eigene Immobilie besitzen wollten, sind es in diesem Jahr nur noch 68 Prozent. Und selbst, wer es sich wünscht, kann sich den Traum oft nicht erfüllen. Nur jeder dritte Befragte, der sich eine Immobilie wünscht, traut sich die finanzielle Belastung zu.

Kein Wunder: Die Zinsen sind so rasant gestiegen, dass selbst für Menschen, die im vergangenen Jahr ohne Probleme den Immobilienkauf hätten stemmen können, dieser nun völlig außer Reichweite ist. So haben sich die Zinsen von knapp 1 Prozent im Jahr 2021 auf aktuell etwa 3 bis 4 Prozent erhöht. Damit steigt die Kreditlast um das Drei- bis Vierfache, während die Immobilienpreise noch immer auf dem Niedrigzinsniveau verweilen.

So wirken sich die höheren Zinsen auf die Monatsrate aus

Ein Beispiel:

Hätten Sie 2021 in Berlin eine Eigentumswohnung im Wert von 560.000 Euro zusätzlich der gängigen Nebenkosten kaufen wollen und ein Eigenkapital von 100.000 eingebracht, hätten Sie – bei einem Sollzins von 1 Prozent mit zehnjähriger Bindung einer Tilgungsrate von 2 Prozent – eine monatliche Belastung von 1.311 Euro gehabt. Das ist verglichen mit den Mieten in der Hauptstadt selbst mit monatlichen Rücklagen für Reparaturen sehr konkurrenzfähig – mit dem Unterschied, dass Sie dabei Eigentum erwerben.

2022 sieht diese Rechnung allerdings schon ganz anders aus. Bei einem Zinssatz von 3 Prozent müssten Sie für dieselbe Wohnung mit denselben Parametern bereits 2.186 Euro monatlich tilgen, bei 4 Prozent wären es sogar 2.623 Euro monatlich. Für viele Familien ist das bereits nicht mehr zu stemmen. "Dieses böse Erwachen, das spüren ganz viele Menschen in Deutschland", sagt Mohr.

Selbst wer es sich also leisten kann, eine Immobilie zu kaufen, muss oft aufs Land ausweichen – mit dem Effekt, dass die Preise im jeweiligen Umland Berlins, Frankfurts und Hamburgs im ersten Quartal noch sehr viel stärker gestiegen sind als in der eigentlichen Stadt. Als ein Beispiel nannte Mohr Berlin. Im Berliner Umland sind demnach im ersten Quartal die Preise um über 12 Prozent in die Höhe geschossen, in der Stadt dagegen um lediglich vier Prozent.

Immobilienbesitzer vermissen oft die Möglichkeiten der Stadt

Dabei ziehen viele nur notgedrungen aus ihrer Stadt weg und haben gar nicht die große Sehnsucht nach dem Landleben. "Stadtflüchtende sind vor allem zu Beginn nicht so glücklich, werden aber mit der Zeit zufriedener", sagt Mohr. Viele Stadtflüchtende vermissten die Vorzüge ihres alten Lebens: die Freunde vor Ort, das Kulturangebot und Konsummöglichkeiten. 42 Prozent der neuen Landbewohner können sich den Umzug zurück in die Stadt zumindest vorstellen, 6 Prozent bereuen es sogar ganz, den Schritt aufs Land gewagt zu haben.

Doch bei den steigenden Preisen müsste doch auf kurz oder lang auch eine Korrektur der Preise kommen, oder? Dieser tröstlichen Vorstellung widerspricht Mohr. Einen generellen deutschlandweiten Preisrückgang bei Wohneigentum erwartet sie nicht. "Wir gehen davon aus, dass die Preise langsamer steigen werden", so Mohr.

In einigen Regionen könne es durchaus Preisrückgänge geben, aber nicht flächendeckend, so Interhyp. Das Institut der deutschen Wirtschaft und der Branchenverband ZIA kommen dagegen bei einer Umfrage unter Immobilienspezialisten zu einem anderen Ergebnis. "Allen Anzeichen nach sind leicht fallende Preise zu erwarten", erklärt IW-Experte Ralph Henger die Ergebnisse der Umfrage dem "Handelsblatt". Der Boom am Immobilienmarkt könnte vorbei sein, Grund seien vor allem die gestiegenen Finanzierungskosten in Kombination mit deutlich höheren Preisen für Baumaterialien.

Das führt dazu, dass viele Interessenten den Traum vom Eigenheim aufgeben und sich vom Markt zurückziehen. Eine mangelnde Nachfrage drückt allerdings wieder die Preise. Dennoch dürften die Preise kaum so weit sinken, dass es die steigende Zinsbelastung ausgleicht. Denn sowohl Interhyp als auch die IW-Experten gehen von weiter steigenden Bauzinsen im Laufe des Jahres aus. Schon jetzt sind die Zinsen so hoch wie zuletzt vor zehn Jahren. 2011 mussten Interessenten in Berlin durchschnittlich 1.757 Euro pro Quadratmeter für eine Wohnung in Berlin ausgeben, 2021 lag der Angebotspreis laut dem Immobilienmakler Engel und Völkers dagegen durchschnittlich bereits bei 5.365 in Berlin. Die hohen Immobilienpreise bleiben also eine Belastung für Interessenten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Pressekonferenz der Interhyp
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