Nach BGH-Urteil Ihre Bank kündigt höhere Gebühren an? So sollten Sie reagieren
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Viele Deutsche bekommen dieser Tage Post von ihrer Bank, weil diese die Gebühren anheben will. Wie Sie darauf reagieren sollten – und wie sich unzulässig geforderte Gebühren zurückholen.
Post von der Bank landet bei vielen Menschen im Papierkorb. Ein Problem, denn bislang hatten Kunden das Nachsehen, wenn Sie etwa auf die Ankündigung einer Gebührenerhöhungen nicht reagierten. In diesem Fall galt ein ausbleibender Einspruch als Zustimmung zu den Kontoänderungen.
Damit aber ist seit Kurzem Schluss. Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) stärkt Verbrauchern seit Ende April den Rücken, Klauseln wie die eben beschriebene sind seitdem ungültig. Und mehr noch: Kunden können sogar zu viel gezahlte Beträge zurückfordern. t-online erklärt Ihnen, was Sie zu der BGH-Entscheidung wissen sollten.
Was hat der BGH entschieden?
Der BGH hat geurteilt, dass bestimmte AGB-Klauseln ungültig sind – und zwar solche, die sich auf eine schweigende Zustimmung stützen. Im Urteil heißt es, dass "Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank unwirksam sind, die ohne inhaltliche Einschränkung die Zustimmung des Kunden zu Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Sonderbedingungen fingieren".
Das heißt: Banken dürfen jetzt nicht länger die Zustimmung ihrer Kunden voraussetzen, sofern diese nicht auf die Schreiben des Kreditinstituts reagieren oder binnen zwei Monaten ihr Konto kündigten.
Konkret hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (Vzbv) gegen die Postbank geklagt. Nachdem der Verband zuvor in zwei Instanzen verloren hatte, folgte der BGH der Argumentation der Verbraucherschützer. Das könnte grundlegende Folgen für die Branche haben (siehe unten).
Was heißt das Urteil konkret?
Das Urteil bedeutet, dass die Postbank fortan grundlegende Änderungen nicht mehr stillschweigend durchsetzen kann. Doch auch für andere Banken könnte es greifen, erwarten Experten.
Denn die beanstandeten Klauseln entsprechen im Wesentlichen den Muster-AGB vieler Privatbanken und jenen der Sparkassen. Ein Sprecher der Deutschen Kreditwirtschaft, ein Zusammenschluss der sogenannten kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände wie dem Bundesverband deutscher Banken und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband bestätigte, dass viele Kreditinstitute im sogenannten Massengeschäft den fraglichen Mechanismus verwendeten.
"Für Kunden bedeutet das Urteil deshalb Sicherheit"
"In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Banken ihre AGB und Preise angepasst – und so durchgesetzt, dass etwa kostenfreie Konten plötzlich etwas kosteten", sagte David Bode, Rechtsexperte beim Vzbv, im Gespräch mit t-online. "Künftige AGB müssen deutlich konkreter werden, wann und in welchem Ausmaß Änderungen auf Verbraucher zukommen können."
Das heißt also: Wenn eine Bank eine grundlegende Änderung in ihren Geschäftsbedingungen durchsetzen möchte, muss der Kunde fortan zustimmen. Das gelte etwa, wenn eine Bank Kunden mit kostenlosen Depots anwerben und dann später mittels der Klauseln Gebühren einführen wolle, erklärte der Vorsitzende BGH-Richter Jürgen Ellenberger zur Urteilsbegründung.
"Für Kunden bedeutet das Urteil deshalb Sicherheit", so Bode vom Vzbv. "Denn nicht jede Kundin und jeder Kunde liest sich die Schreiben seiner Bank aufmerksam durch, insbesondere wenn die wichtigen Passagen in Werbung und unwichtigen Informationen untergehen. Das geht jetzt jedenfalls für grundlegende Vertragsänderungen nicht mehr."
Zudem gilt: Kunden können auch Geld zurückfordern, wie die Stiftung Warentest schreibt (siehe unten).
Was sollte ich tun, wenn meine Bank die Gebühren erhöhen möchte?
Zunächst einmal sollten Sie Ruhe bewahren. Denn Ihre Bank benötigt wegen des BGH-Urteils nun Ihre explizite Zustimmung, um die Konditionen Ihres Kontos grundlegend zu ändern – und etwa höhere Gebühren durchzusetzen.
Möglich ist aber, dass eine Bank einem Kunden kündigt, wenn er der Änderung nicht zustimmt. Allerdings ist fraglich, ob die Banken dies tatsächlich machen. Schließlich sind sie auch auf ihre Kunden angewiesen.
Doch selbst wenn Ihre Bank Ihnen kündigt, ist das kein Problem. Direktbanken haben oftmals ohnehin günstigere Kontomodelle als herkömmliche Filialbanken.
- Direktbanken im Vergleich: Das steckt hinter den günstigen Girokonten
Sie könnten daher auch Ihrer Bank zuvorkommen und selbst das Konto kündigen. Was Sie dabei beachten sollten, lesen Sie hier. Außerdem haben Sie die Möglichkeit, sich zu viel gezahlte Beiträge zurückerstatten zu lassen (siehe unten).
So lassen Sie sich Beträge zurückerstatten
Die Stiftung Warentest erläutert, dass Kunden sich nun Beträge zurückerstatten können – nämlich solche, die auf Klauseln beruhten, die ungültig sind.
Das heißt konkret: Jemand hat ein Girokonto bei einer Bank. Wenn nun die Preise erhöht worden sind, – und das auf Basis einer schweigenden Zustimmung beruhte – ist das ungültig. Sie können sich die Beträge in den Fällen samt Zinsen zurückerstatten lassen.
Wichtig: Die Erstattung von Beträgen vor Januar 2018 ist nicht möglich. Diese Forderung ist mittlerweile verjährt.
So gehen Sie bei der Erstattung vor
Sie müssen einen Brief an Ihre Bank schicken, der Folgendes enthalten sollte:
- Anschrift und Datum
- IBAN/Kontonummer
- Verweis auf das BGH-Urteil (Aktenzeichen: XI ZR 26/20)
- Kostenaufstellung (gezahlte Beträge und tatsächlich Beträge)
- Forderung der Rückzahlung samt Zinsen bis zu bestimmten Datum
Wenn Sie keine Kostenaufstellung besitzen, können Sie in dem Schreiben auch eine anfordern. Dann sollten Sie Ihr Recht auf eine Entgeltaufstellung geltend machen. Musterschreiben finden Sie aber auch auf der Seite der Stiftung Warentest.
Gehen Sie dafür auf diese Seite zu dem Punkt "So setzen Sie Ihr Recht auf Erstattung durch (mit Mustertexten)". Dort können Sie mehrere Mustertexte als "RTF"-Dokument herunterladen. Dieses sollten Sie dann mit Word oder einem anderen Textbearbeitungsprogramm öffnen können. Wenn der Download nicht funktioniert, wechseln Sie in einen anderen Browser.
- Eigene Recherche
- BGH-Urteil XI ZR 26/20
- Gespräch mit David Bode
- Finanztest: "Bundesgerichtshof hält fast alle Erhöhungen für rechtswidrig"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa