Unternehmen setzen deutlich stÀrker auf Frauen im Vorstand
Erst ab August muss in bestimmten VorstĂ€nden mindestens eine Frau vertreten sein. Die gesetzliche Vorgabe scheint aber schon jetzt zu wirken: Der Frauenanteil in groĂen Unternehmen ist zuletzt stark gestiegen.
Wer sich in den vergangenen Jahren in den Chefetagen der gröĂten deutschen Firmen umgesehen hat, musste Managerinnen zuweilen lange suchen. Vor allem in VorstĂ€nden, fĂŒr die sich die Unternehmen anders als fĂŒr AufsichtsrĂ€te freiwillige Ziele setzen durften, war die Frauenquote gering. Doch nun scheint ein Umdenken stattzufinden â auch dank einer gesetzlichen Vorgabe.
Wie das neueste Managerinnen-Barometer des Deutschen Instituts fĂŒr Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin zeigt, haben groĂe Unternehmen der Privatwirtschaft in Deutschland zuletzt deutlich mehr Frauen in ihre VorstĂ€nde berufen. Demnach gab es im vierten Quartal des Jahres 2021 in den 200 umsatzstĂ€rksten Unternehmen 139 VorstĂ€ndinnen, 38 mehr als ein Jahr zuvor.
StÀrkster Frauenzuwachs im Vorstand seit Beginn der Auswertung
Der Frauenanteil in den VorstÀnden der Top-200-Unternehmen stieg damit um gut drei Prozentpunkte auf fast 15 Prozent. So stark ging es seit Beginn des DIW-Managerinnen-Barometers im Jahr 2006 noch nie nach oben.
"VorstĂ€ndinnen sind in vielen groĂen Unternehmen zwar noch immer deutlich unterreprĂ€sentiert, aber die jĂŒngste Entwicklung ist sehr bemerkenswert", sagt Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW Berlin.
Gesetzliche Mindestbeteiligung wirkt offenbar schon vorab
Die Forscher erklÀren sich den Anstieg mit der neuen gesetzlichen Mindestbeteiligung. Die greift zwar offiziell erst ab August dieses Jahres, scheint aber schon jetzt Einfluss zu haben. Die Mindestbeteiligung sieht vor, dass in börsennotierten und paritÀtisch mitbestimmten Unternehmen mindestens eine Frau im Vorstand vertreten sein muss, wenn dieser aus mindestens vier Personen besteht.
Andersherum gilt die Regel auch fĂŒr MĂ€nner, wenn sie unterreprĂ€sentiert wĂ€ren. Einen solchen Fall gibt es aktuell aber nicht.
DIW: Mindestbeteiligung scheint effektives Instrument zu sein
Die gesetzliche Vorgabe wird zwar nur 66 Unternehmen betreffen, von diesen Ă€nderte aber bereits jetzt ein groĂer Teil die Zusammensetzung im Vorstand. So beriefen zwölf Unternehmen, die im Herbst 2020 noch ohne Frau im Vorstand waren, innerhalb eines Jahres eine VorstĂ€ndin. Damit waren die VorstĂ€nde in nur noch 19 der 66 Firmen reine MĂ€nnerdomĂ€nen.
Zum Vergleich: WĂ€hrend die Unternehmen, die an die Mindestbeteiligung gebunden sein werden, ihren Frauenanteil im Vorstand von gut 14 auf etwa 19 Prozent erhöht haben, fiel der Anstieg in den ĂŒbrigen Unternehmen kleiner aus. Er stieg um knapp drei Prozentpunkte auf rund 14 Prozent.
"Ăhnlich wie die gesetzliche Geschlechterquote fĂŒr AufsichtsrĂ€te scheint auch die Mindestbeteiligung fĂŒr VorstĂ€nde ein effektives Instrument zu sein, um den Frauenanteil in Spitzengremien zu erhöhen", sagt Virginia Sondergeld, wissenschaftliche Mitarbeiterin der DIW-Forschungsgruppe Gender Economics.
Weitere MaĂnahmen in der Familienpolitik nötig
Die Forscher weisen aber auch darauf hin, dass Quotenregelungen alleine nicht ausreichen. "In Deutschland sind Erwerbs- und Hausarbeit noch immer stark ungleich zwischen Frauen und MĂ€nnern aufgeteilt", sagt Forschungsgruppenleiterin Wrohlich. "Es braucht weitere ehrgeizige MaĂnahmen in der Familienpolitik, damit mehr Gleichstellung erreicht werden kann."
Dazu zÀhlten zum Beispiel eine Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld und eine Reform des Ehegattensplittings bei der Einkommensteuer.