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Amnesie: Ursachen, Formen und Behandlung bei Gedächtnisverlust


Wenn das Gedächtnis ausgelöscht wird
Amnesie: Ursachen, Formen und Behandlung

Von dpa, t-online, LT

Aktualisiert am 07.09.2017Lesedauer: 3 Min.
Amnesie kann durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden.Vergrößern des BildesAmnesie kann durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst werden. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Amnesie verwirklicht eine Urangst des Menschen: Den plötzlichen Verlust des Gedächtnisses. Betroffene haben keine Erinnerungen mehr oder können sich nichts Neues merken. Die eigene Identität verlieren sie aber nur selten. Die Krankheit ist äußerst komplex und tritt in vielfältigen Formen auf.

Wie entsteht eine Amnesie?

Für eine Amnesie gibt es verschiedene Ursachen. Alle haben gemeinsam, dass eine Störung im Gehirn vorliegt oder das Hirngewebe beschädigt wurde.

  • Gehirnentzündung
  • Unfälle, bei denen das Gehirn verletzt wird
  • Gehirnerschütterung
  • Migräne
  • Traumatische Erlebnisse
  • durch einen Schlaganfall
  • starke Medikamente
  • Alkoholmissbrauch
  • Demenz

Anterograde und retrograde Amnesie

Am häufigsten kommt die anterograde Amnesie vor. Sie wird auch als vorwärtswirkende Amnesie betitelt, weil kommende Ereignisse nicht mehr im Gedächtnis gespeichert werden können. Die Retrograde Amnesie bezeichnet im Gegensatz dazu die rückwirkende Amnesie. Alte Ereignisse, die vor der Hirnschädigung passiert sind, können nicht mehr ins Gedächtnis gerufen werden.

Anterograde Amnesie Retrograde Amnesie
Betroffene wissen meistens noch, wer sie sind Betroffene wissen oft nicht genau, wer sie sind
neue Erinnerungen können nicht gespeichert werden alte Erinnerungen können nicht abgerufen werden
häufig Folge von Drogenmissbrauch häufig Folge von Hirnverletzungen

"Betroffene mit anterograder Amnesie wissen zwar, wer sie sind und können sich an Details aus ihrer Vergangenheit erinnern, aber sie verharren im Hier und Jetzt und sind unfähig, Neues bleibend und bewusst abzuspeichern", erläutert Prof. Hans-Joachim Markowitsch, Hirnforscher an der Universität Bielefeld.

Globale und und transiente globale Amnesie

Die schwerste Amnesieform ist die globale Amnesie, die nicht rückgängig gemacht werden kann. Hierbei werden quasi sowohl anterograde als auch retrograde Amnesie vereint; Betroffene können sich nicht mehr an vergangene Ereignisse erinnern und gleichzeitig keine neuen Inhalte abspeichern. Was sie sich allerdings merken können, sind Abläufe und Prozesse.

Im Gegensatz dazu steht die transiente globale Amnesie, die nur vorübergehend eintritt. Der Verlauf ist ähnlich wie bei der globalen Amnesie, allerdings bilden sich die Symptome von selbst wieder zurück.

Kongrade und psychogene Amnesie

Bei der kongraden Amnesie ist nur ein einzelnes Ereignis betroffen. Die Erinnerung daran ist wie ausgelöscht, alles andere kann der Betroffene aber normal aufnehmen und zurückliegende Ereignisse können aufgerufen werden.

Die psychogene Amnesie setzt dann ein, wenn traumatische Erlebnisse verdrängt werden. Betroffene Personen löschen ein komplettes Erlebnis oder eine bestimmte Zeit in ihrem Leben komplett aus ihrem Gedächtnis. Hierbei ist allerdings unklar, ob die Erinnerung wirklich unwiderruflich verloren ist, oder ob sie so tief im Unterbewusstsein verborgen ist, dass sie mit Hilfe einer Therapie zurückgewonnen werden kann. Oft ist dies bei Missbrauchsopfern oder Zeugen von Gewalttaten der Fall.

Handlungsroutinen werden nicht vergessen

Bei beiden Amnesieformen ist in der Regel das deklarative Gedächtnis betroffen, das den bewussten Zugriff auf Informationen ermöglicht. "Handlungsroutinen wie Schwimmen und Radfahren bleiben meistens erhalten", sagt Prof. Bernd Leplow vom Institut für Psychologie der Universität Halle-Wittenberg. Typischerweise vergessen Betroffene häufiger autobiografische Gedächtnisinhalte, als das Wissen über allgemeine Fakten. "Der Mauerfall beispielsweise wird immer wieder zum Jahrestag ins Gedächtnis gerufen. Jedes Mal ist man an verschiedenen Orten mit verschiedenen Leuten, so dass dieses Datum unter verschiedenen Bedingungen im Gehirn abgelegt ist". Dadurch sind diese Gedächtnisinhalte stärker gefestigt.

"Das autobiografische Erinnern erfordert hingegen eine feine gleichzeitige Kopplung von Emotion und Kognition, und ist dadurch am anfälligsten gegenüber Hirnschäden", erklärt Markowitsch.

Computertraining und Verhaltenstherapien können helfen

Die Dauer und Therapiemöglichkeiten einer Amnesie hängen sehr davon ab, wie umfassend der Hirnschaden ist. "Ist das Gehirn nur einseitig geschädigt oder verteilt sich die Schädigung unsymmetrisch zwischen der linken und rechten Hirnhälfte, steigen die Heilungschancen", sagt Fink. Bei schweren Fällen von psychisch bedingten Amnesien schätzt Markowitsch die Chancen auf 15 Prozent, dass sich die Erinnerung der Betroffenen wieder erholt. "Das ist am wahrscheinlichsten, wenn der Patient noch jung ist und man sehr schnell nach Beginn des amnestischen Zustands mit einer Behandlung beginnt".

Bei körperlich bedingten Amnesien, etwa durch ein Schädelhirntrauma, kann man den natürlichen Wiederherstellungsprozess durch computerbasierte Trainings unterstützen. "Hier werden den Betroffenen täglich Bilder und Stichworte gezeigt oder Geschichten vorgelesen, die sie zuordnen oder wiedergeben sollen", sagt Fink.

Bei retrograden Amnesien sollte man zunächst die Persönlichkeit der Betroffenen stabilisieren und Vertrauen zurückgewinnen. Häufig geschieht das durch Verhaltenstherapien. Über abgespeicherte allgemeine Fakten sollen die Patienten Zugang zu kritischen Lebensereignissen bekommen. "Zum Beispiel kann der Betroffene beim Blättern im Fotoalbum die Bilder zunächst neutral beschreiben und sich dadurch langsam an seine Gefühle herantasten", erklärt Markowitsch.

Amnesiepatienten sind depressiv und gleichgültig

Vor allem retrograde Amnesiepatienten zeigen oftmals keine Gefühle. "Wir sagen, dass sie emotional nicht 'mitschwingen', sowohl bezüglich ihrer eigenen Vergangenheit, als auch generell im Alltag", sagt Markowitsch. Oft sind die Betroffenen leicht depressiv und gleichgültig, weil sie nicht wissen, wie sie sich früher benommen, wann sie losgelacht oder ihren Partner umarmt haben. Die Emotionen und Erinnerungen sind aber vermutlich nicht verloren, sagt Markowitsch. "Wahrscheinlich ist lediglich der Zugang zu den gespeicherten Erlebnissen durch die Freisetzung von Stresshormonen blockiert".

Das soziale Umfeld ist wichtig

Entscheidend ist, dass die Betroffenen in ein soziales Umfeld eingebunden sind. "Angehörige und Freunde müssen damit rechnen, dass sie immer wieder dasselbe erzählt bekommen", sagt Hohlweg. "Sie dürfen aber nicht ungeduldig werden, sondern müssen eine liebevolle und verständnisvolle Atmosphäre schaffen, in der sie bestimmte Dinge mit dem Betroffenen immer wieder durchgehen". Auch der gemeinsame Austausch in einer Selbsthilfegruppe könne viel bewirken.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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