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Putin macht dem Westen ein Angebot: Liefert Deutschland einen Killer aus?


Liefert Deutschland einen Killer aus?
Putin macht dem Westen ein brisantes Angebot


Aktualisiert am 10.02.2024Lesedauer: 3 Min.
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Wladimir Putin: Der russische Präsident gab dem US-Moderator Tucker Carlson ein Interview. (Quelle: reuters)

In einem Interview schlägt Wladimir Putin dem Westen einen Deal vor. Im Mittelpunkt steht die Bundesregierung. Doch Deutschland stellt das Angebot vor Probleme.

Normalerweise ist bei Verhandlungen über Gefangenenaustausche Diskretion oberstes Gebot. Noch mehr gilt das für den Austausch von Agenten. Der russische Alleinherrscher Wladimir Putin hat sich aber über diese goldene Regel der Geiseldiplomatie hinweggesetzt und dem Westen einen Handel angeboten. In einem Interview, das Putin mit dem Verschwörungstheoretiker und US-Moderator Tucker Carlson führte, bot der Autokrat die Freilassung des "Wall Street Journal"-Reporters Evan Gershkovich an.

Der 33-jährige Journalist Gershkovich war im März 2023 in Moskau festgenommen worden und sitzt seitdem in Haft. Russland betrachtet ihn als ausländischen Agenten und bezichtigt ihn der Spionage. Unabhängige Beobachter halten die Vorwürfe für fabriziert und Gershkovichs Festnahme als Teil einer perfiden Geiseldiplomatie, wie sie nicht nur Russland, sondern jüngst auch der Iran und andere diktatorische Staaten praktizierten, um eigene Gefangene im Westen freipressen zu können.

Der brisanteste Teil des Deals, den Putin nun vorschlägt, ist denn auch der personelle Erlös, auf den der russische Präsident hofft: Im Austausch gegen Gershkovich will der 71-jährige Autokrat nämlich den "Tiergarten-Killer" Wadim Krassikow bekommen. Der war 2021 von einem Berliner Gericht des Mordes an dem Exilgeorgier und Oppositionellen Tornike Changoschwili zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zudem stellte das Gericht die besondere Schwere der Schuld fest, was eine Entlassung Krassikows nach 15 Jahren unwahrscheinlich macht.

Entscheidend wird die Bundesregierung sein

Krassikow hatte den Oppositionellen Changoschwili 2019 am helllichten Tag im Berliner Tiergarten mit Schüssen in den Hinterkopf und Rücken ermordet und hatte danach in aller Ruhe den Tatort verlassen. Zeugen, die die Tat beobachteten, lieferten später Hinweise auf den Verdächtigen, die Polizei konnte ihn festnehmen. Wie ein journalistisches Recherchenetzwerk unter Mitwirkung des "Spiegel" aufdeckte, war Krassikow mutmaßlich vom russischen Inlandsgeheimdiensts FSB beauftragt worden. Er handelte demnach im Wissen Putins oder sogar auf seinen Auftrag hin.

Nun bemüht sich der Kremlherrscher in aller Öffentlichkeit um die Freilassung seines Auftragsmörders. "Wir sind bereit, das Problem zu lösen, aber es gibt bestimmte Bedingungen, die zwischen den Geheimdiensten diskutiert werden", sagte Putin im Interview mit Carlson. "Ich glaube, dass eine Einigung erzielt werden kann". Entscheidend bei einem solchen Handel wird die deutsche Bundesregierung sein.

Bereits 2022 hatten US-Diplomaten in Berlin vorgefühlt, ob die Bundesregierung für eine Freilassung Krassikows bereit wäre. Damals waren offenbar entsprechende Signale aus Moskau nach Washington gesandt worden. Doch die Bundesregierung lehnte ab. Wie der Sender CNN damals berichtete, soll Putin zu der Zeit die Freilassung der damals noch in russischer Haft sitzenden US-Basketballerin Brittney Griner sowie des US-Amerikaners Paul Whelan im Tausch gegen Krassikow angeboten haben.

Mutmaßlich Signalwirkung für den deutschen Rechtsstaat

Griner wurde wenige Monate später gegen den zu einer langen Haftstrafe in den USA im Gefängnis sitzenden Waffenhändler Wiktor But ausgetauscht. But, Spitzname "Händler des Todes", stieg nach seiner Rückkehr nach Russland in die Politik ein und hofft bei den kommenden Wahlen im März auf ein politisches Amt.

Putins Vorschlag setzt die deutsche Regierung unter Druck. Würde Berlin sich tatsächlich auf den Vorschlag Putins einlassen und Krassikow austauschen, müssten zuvor hohe rechtliche Hürden überwunden werden. Zu diesem Schluss war eine Expertise gekommen, die die Regierung 2022 in Auftrag gegeben hatte.

Formal müsste Krassikow entweder von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier begnadigt werden, oder er müsste zur Verbüßung seiner Reststrafe nach Russland überstellt werden – was jedoch bedeutete, dass der verurteilte Mörder in Russland sofort auf freien Fuß käme. Beide Optionen hätten für den deutschen Rechtsstaat eine ungute Signalwirkung.

Ein solcher Deal müsste zudem unter Einbeziehung der höchsten Ebene, also des Bundeskanzleramts, eingefädelt werden. Es ist davon auszugehen, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich, wenn überhaupt, nur dann darauf einlässt, wenn Deutschland davon in irgendeiner Weise politisch profitiert. Die Freilassung des amerikanischen Journalisten Gershkovich genügt nach Meinung von Experten vermutlich nicht.

Verwendete Quellen
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