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Saudi-Arabien: "Ausländer in erschreckendem Tempo hingerichtet"


Menschenrechtler schlagen Alarm
Ausländer werden in Saudi-Arabien massenhaft exekutiert

Von t-online, cc

Aktualisiert am 07.07.2025 - 09:55 UhrLesedauer: 3 Min.
Der saudische Kronprinz Mohammad Bin Salman zu Besuch beim Formel-Rennen in Jiddah.Vergrößern des Bildes
Der saudische Kronprinz Mohammad Bin Salman zu Besuch beim Formel-Rennen in Jiddah. (Quelle: HOCH ZWEI via www.imago-images.de)
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Saudi-Arabien zählt zu den Ländern, die weltweit die meisten Todesurteile vollstrecken. Häufig werden dabei Menschen aus Pakistan, Syrien oder Jordanien hingerichtet wegen Drogendelikten.

Menschenrechtler warnen: In Saudi-Arabien ist der Organisation Amnesty International zufolge die Zahl der Hinrichtungen auf "erschreckende Weise" angestiegen. Unter den Hingerichteten der vergangenen Jahre seien viele ausländische Staatsbürger, die wegen Drogendelikten verurteilt wurden, heißt es in einem heute veröffentlichten Bericht der Organisation. Darunter waren vor allem Menschen aus Pakistan, Syrien, Jordanien, dem Jemen sowie Ägypten und Somalia.

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"Wir erleben einen wahrhaft entsetzlichen Trend, in dem ausländische Staatsbürger in erschreckendem Tempo hingerichtet werden für Verbrechen, für die niemals die Todesstrafe vorgesehen sein sollte", sagte Kristine Beckerle, die bei Amnesty für die Region zuständig ist. Hinter dem "progressiven Image", das das Land weltweit ausstrahlen wolle, stehe eine "düstere und tödliche Realität".

In Saudi-Arabien wurden von 2014 bis Mitte des laufenden Jahres etwa 1.800 Menschen hingerichtet. Fast jeder Dritte davon sei wegen Drogendelikten verurteilt worden, erklärte Amnesty heute. Innerhalb dieser Gruppe seien drei Viertel der Verurteilten Staatsangehörige anderer Länder. Allein im Juni dieses Jahres wurden 46 Menschen hingerichtet – 37 davon wegen Drogendelikten. Laut Beobachtern wurden den meisten Verurteilten rechtsstaatliche Strafverfahren, die internationalen Standards genügen könnten, verweigert.

Wahhabiten-Regime gibt sich weltoffen

Auch unabhängig von Drogendelikten kommt die Todesstrafe weiter zum Einsatz. Hingerichtet wurde dieses Jahr etwa der Journalist Turki al-Jassir, der nach Angaben der Menschenrechtsorganisation ALQST 2018 festgenommen wurde. Al-Jassir hatte sich mit Themen wie Frauenrechten und Korruption befasst. ALQST zufolge wurden ihm unter anderem "Terrorismus" und die Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen.

Vergangenes Jahr gab es in Saudi-Arabien 345 Hinrichtungen und damit laut Amnesty so viele wie seit mehr als drei Jahrzehnten nicht. Die Regierung hatte zuvor angekündigt, die Todesstrafe in einigen Fällen nicht mehr einzusetzen. Wegen der Praxis steht das Land international in der Kritik, trotz der Bemühungen, sich etwa für Touristen und Investitionen mehr zu öffnen. 2034 wird in Saudi-Arabien die Fußball-WM ausgerichtet.

Das Engagement im Sportbereich hat der Wahhabiten-Staat seit Jahren als neues ökonomisches und gesellschaftspolitisches Spielfeld entdeckt. Das Projekt nennt sich "Vision 2030". Kronprinz Mohammad Bin Salman ließ über verschiedene Statthalter und Körperschaften Milliarden in den Erwerb von Fußballklubs, Sportlizenzen und Sportstätten investieren. So schuf Saudi-Arabien eine eigene Golfliga, stieg groß in die Vermarktung von Boxkämpfen ein und trägt inzwischen auch einmal im Jahr einen Formel-1-Grand-Prix aus.

Der Plan hinter der "Vision 2030"

Experten sprechen von "Sportswashing" in nie da gewesenem Ausmaß. Einer der größten Coups war dabei die Verpflichtung des mehrfachen Weltfußballers Cristiano Ronaldo. Der spielt seit zwei Jahren beim international unbedeutenden Klub Al-Nassr. Bin Salman versucht also durch die Austragung schillernder Sportereignisse und die Anwerbung prominenter Fußballer das Image seines Landes zu polieren. All das soll offenbar die schweren Menschenrechtsverletzungen, die Kritiker dem Land vorwerfen, verdecken. Der Kronprinz selbst verweist wiederholt auf umfassende staatliche Reformen, die bereits umgesetzt würden.

Tatsächlich bescheinigen Beobachter dem jahrzehntelang stark isolierten Land eine vorsichtige Öffnung sowie soziale Verbesserungen, etwa im Bereich der Frauenrechte. Andererseits bleibt Saudi-Arabien auch unter dem Kronprinzen Bin Salman eine absolutistische Monarchie mit einer strengen Auslegung des Islam. Das Wort des Königs ist Gesetz – und natürlich die Scharia, der strenge Sitten- und Rechtskodex des Islam.

Bin Salman: "Das ist mir egal"

Während der Portugiese Ronaldo sich an offiziellen Feiertagen des Königreichs brav mit saudischen Autokraten fotografieren lässt, warten in den Gefängnissen des streng religiösen Staates Hunderte Gefangene auf ihre Hinrichtung. Den Wahhabiten-Herrscher Bin Salman stört das offenbar nicht: Er sagte erst jüngst in einem Interview, dass er die Vorwürfe des Sportswashing in Kauf nimmt – solange die Initiative "Vision 2030" die gewünschten Ergebnisse bringt.

"Wenn das Sportswashing unser BIP (Anm.: Bruttoinlandsprodukt) um ein Prozent erhöht, dann werde ich weiter Sportswashing betreiben", erklärte Bin Salman im Sender Foxnews. "Das ist mir egal. Ein Prozent BIP-Wachstum nur durch den Sport – und ich strebe weitere eineinhalb Prozent an. Nennen Sie es, wie Sie wollen, aber wir werden diese weiteren eineinhalb Prozent Wachstum erreichen."

Das Ziel des saudischen Königshauses ist dabei ein langfristiges: Den Ölstaat unabhängiger von seiner Haupteinnahmequelle zu machen. Da die Quellen der fossilen Brennstoffe einst versiegen werden, benötigt Saudi-Arabien andere Ressourcen. Auch deshalb will das Regime Saudi-Arabien zu einer weltweit bedeutenden Destination für hochkarätige Sportevents und Tourismus ausbauen.

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