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Nato-Abzug aus Afghanistan: Experte warnt vor Wiederaufstieg al-Qaidas


Abzug aus Afghanistan
Experte warnt vor Wiederaufstieg al-Qaidas

Von dpa, cck

Aktualisiert am 01.05.2021Lesedauer: 3 Min.
Ein US-Soldat geht an einer US-Fahne vorbei: Nach fast 20 Jahren Einsatz beginnt der offizielle Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan.Vergrößern des BildesEin US-Soldat geht an einer US-Fahne vorbei: Nach fast 20 Jahren Einsatz beginnt der offizielle Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan. (Quelle: David Goldman/ap)
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Der Abzug der Nato-Truppen aus Afghanistan hat begonnen. Bei Experten löst das Besorgnis aus: Das Terrornetzwerk al-Qaida könnte in dem Land nun zu alter Stärke finden.

Zehn Jahre nach dem Tod von Al-Qaida-Chef Osama bin Laden warnt der Terrorexperte Guido Steinberg vor einem Wiederaufstieg der Dschihadisten. Nach dem US-Abzug aus Afghanistan werde es schwer, die Extremisten dort zu bekämpfen, sagte der Mitarbeiter der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) der Deutschen Presse-Agentur.

Nach fast 20 Jahren Einsatz zieht die Nato ab dem 1. Mai offiziell aus dem Land ab. Rund 10.000 Nato-Soldaten der Ausbildungsmission "Resolute Support", darunter 2.500 Soldaten aus den USA und rund 1.100 aus Deutschland, sollen bis spätestens September das Land verlassen haben.

Viele junge Dschihadisten sind orientierungslos

Steinberg geht nun davon aus, dass sich die militant-islamistischen Taliban nun in Afghanistan durchsetzen werden. "Das könnte zu einem Weckruf für Dschihadisten weltweit werden." Zudem hätten die Taliban keinen Grund, ihr Bündnis mit al-Qaida aufzugeben – wovon auch das Terrornetzwerk profitieren könnte. Die Taliban hatten sich im Februar 2020 in einem Abkommen mit den USA eigentlich dazu verpflichtet, ihre Zusammenarbeit mit al-Qaida zu kappen.

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Dabei hatte der Verlust des Anführers bin Laden vor zehn Jahren eigentlich den Niedergang al-Qaidas besiegelt. Eine US-Spezialeinheit hatte ihn an diesem Sonntag vor zehn Jahren im pakistanischen Abbottabad getötet. Der Al-Qaida-Chef war der meistgesuchte Terrorist weltweit. Sein Tod sei ein "Epochendatum in der Geschichte des islamistischen Terrorismus" gewesen, sagte Steinberg. Heute seien viele junge Dschihadisten orientierungslos, erklärte Steinberg. Der Nachfolger Aiman al-Sawahiri hatte auf sie kaum noch Wirkung. Ob Al-Sawahiri überhaupt noch am Leben ist, ist derzeit unklar.

Al-Qaida gewinnt still und heimlich an Stärke

Wenn die Taliban sich in Afghanistan nach dem US-Abzug durchsetzen und das "klug" spielten, könnten sie in der Lage sein, Dschihadisten aus der ganzen Welt in das Land zu holen, warnt Steinberg nun. Al-Qaida sei etwa in Syrien stark und könne dort bis zu 12.000 Kämpfer mobilisieren. Es sei jedoch nicht davon auszugehen, dass al-Qaida in den nächsten Jahren in der Lage sei, international einen großen Anschlag zu verüben.

Auch in einem UN-Bericht von Mai 2020 heißt es, Informationen deuteten darauf hin, dass al-Qaida in Afghanistan still und heimlich an Stärke gewinne. Die Führungsriege der Terrorgruppe sei in Afghanistan präsent, insgesamt sei das Netzwerk in 12 der 34 afghanischen Provinzen aktiv. Die Beziehungen zwischen den Taliban und der Organisation sind demnach weiter eng.

Abzug der Bundeswehr wird von KSK begleitet

Die Gefahr möglicher Angriffe der Taliban spielt auch beim Abzug der Truppen eine Rolle. Die US-Armee hält schwere Waffen bereit. Für Deutschland soll das Kommando Spezialkräfte (KSK) den Abzug absichern. Jegliche Talibanangriffe während des Rückzugs wolle man mit einer "entschiedenen Reaktion" beantworten, hieß es von der Nato.

Mit dem Abzug geht der verlustreichste und teuerste Auslandseinsatz in der Geschichte der Bundeswehr zu Ende. 59 deutsche Soldaten verloren ihr Leben, 35 bei Anschlägen oder in Gefechten. Mehr als 12 Milliarden Euro kostete der Einsatz, der ursprünglich der Friedenssicherung dienen sollte und dann zum Kampfeinsatz gegen die aufständischen Taliban wurde. Zuletzt war der Kernauftrag der Nato-Truppe die Ausbildung afghanischer Streitkräfte.

Liberale Afghanen wollen das Land verlassen

In Afghanistan wird der Abzug mit gemischten Gefühlen wahrgenommen. Viele Menschen freuen sich darüber und wollen einen neuen Unabhängigkeitstag feiern, wenn der letzte Soldat das Land verlassen hat, berichten lokale Medien. Bei anderen löst der Abzug blanke Angst aus. Vor allem finanziell gut situierte und liberale Afghanen wollen das Land verlassen. Sie fürchten eine Rückkehr des repressiven Regimes der Taliban oder einen neuen Bürgerkrieg.

Große Teile der afghanischen politischen Elite hätten sich einen "verantwortungsvollen" Abzug der Truppen gewünscht. Die USA hätten auf weitere Fortschritte im Friedensprozess warten sollen, lautet der Vorwurf. Friedensverhandlungen der Regierung mit den aufständischen Taliban laufen seit September, sind aber zuletzt ins Stocken geraten.

Der Terror-Experte Steinberg hält in Afghanistan eine Entwicklung wie einst im Irak möglich. Dort wurde nach dem US-Abzug im Jahr 2011 die mit al-Qaida verfeindete Terrormiliz Islamischer Staat (IS) nach und nach stärker, bis sie schließlich große Teile des Landes überrannte. 2014 rief der mittlerweile ebenfalls tote IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi im Irak und im benachbarten Syrien einen "Islamischen Staat" aus.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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