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Taliban-Vormarsch in Afghanistan: USA schicken 3.000 Soldaten nach Kabul


USA schicken 3.000 Soldaten nach Kabul
Taliban verkünden Einnahme von zweitgrößter Stadt Afghanistans

Von dpa, afp, pdi, aj

Aktualisiert am 13.08.2021Lesedauer: 4 Min.
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Knapp 250.000 Menschen auf der Flucht: In Afghanistan spitzt sich die Lage zu, die Taliban sind auf dem Vormarsch und Hunderttausende Menschen auf der Flucht. (Quelle: t-online)
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Der rasante Vormarsch der radikalislamischen Taliban in Afghanistan hat auch die USA überrascht. Offenbar ist nun auch die zweitgrößte Stadt des Landes, Kandahar, gefallen. Die USA ergreifen Maßnahmen.

Die USA werden rund 3.000 zusätzliche Soldatinnen und Soldaten zeitweise nach Afghanistan verlegen, um die Sicherheit am Flughafen Kabul zu verstärken. Es gehe darum, die Reduzierung des US-Botschaftspersonals zu unterstützen, erklärte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, am Donnerstag. Dies könne auch die Sicherung von Konvois von und zum Flughafen umfassen, sagte er. Die Truppen könnten das Außenministerium auch bei der Evakuierung früherer afghanischer Mitarbeiter des US-Militärs unterstützen. Die Truppen sollten in 24 bis 48 Stunden vor Ort sein, sagte er.

Taliban setzen Vormarsch fort

"Das ist eine zeitlich begrenzte Mission mit eng begrenztem Auftrag", sagte Kirby. Die Verstärkung sei angesichts des jüngsten Vormarsches Taliban in Teilen Afghanistans eine Vorsichtsmaßnahme, sagte Kirby. Die Entsendung der drei Infanterie-Bataillons, die bereits im Nahen Osten stationiert seien, sei angesichts der sich rasch verschlechternden Sicherheitslage in Afghanistan "angemessen" und mit den örtlichen Behörden abgesprochen, sagte er. Die Soldaten seien auch ausgerüstet, um sich im Angriffsfall zu verteidigen, betonte er.

Die radikalislamischen Taliban haben unterdessen bei ihrem Vormarsch in Afghanistan nach eigenen Angaben die zweitgrößte Stadt Kandahar eingenommen. "Kandahar ist vollkommen erobert", erklärte ein Taliban-Sprecher am Freitag im Onlinedienst Twitter. Ein Anwohner sagte der Nachrichtenagentur AFP, die afghanische Armee habe sich offenbar aus der Stadt zurückgezogen. Zahlreiche Soldaten begaben sich demnach zu einer Militäreinrichtung außerhalb der Stadt.

USA halten an Abzug fest

Das US-Militär wird auch rund 1.000 zusätzliche Soldaten auf einen Stützpunkt ins Emirat Katar verlegen, erklärte Kirby. Aus dem US-Bundesstaat North Carolina soll zudem ein Kampfverband einer Luftlandedivision nach Kuwait verlegt werden, falls weitere Unterstützung nötig sein sollte. Die 3.500 bis 4.000 Soldatinnen und Soldaten des Verbandes der sogenannten 82nd Airborne aus Fort Bragg sollten "kommende Woche" dort ankommen, sagte Kirby.

Das US-Militär will das Land eigentlich bis Ende August verlassen. Dies sei auch weiter der Plan, betonte Kirby. Zurückbleiben sollen nach dem Abzug nur einige Hundert Soldaten – vor allem um die US-Botschaft zu schützen. Zudem soll es eine recht kleine US-Präsenz am Flughafen geben. US-Präsident Joe Biden hatte den Abzug im Frühjahr angeordnet. Damals waren noch rund 2.500 US-Soldaten im Land gewesen. Bis Anfang der Woche war der Abzug aber bereits zu mehr als 95 Prozent abgeschlossen, wie das US-Militär erklärt hatte.

Am Donnerstag war die drittgrößte Stadt Afghanistans, Herat, an die Taliban gefallen. Die Afghanen müssten nun "selbst kämpfen, um ihren Staat zu verteidigen", hatte US-Präsident Joe Biden Anfang der Woche betont. Ihre Streitkräfte seien den Taliban militärisch überlegen, auch in Bezug auf die Truppenstärke. "Aber sie müssen auch kämpfen wollen". Er betonte gleichzeitig, seine Entscheidung zum Abzug nicht zu bereuen.

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Top-Republikaner: Biden muss afghanisches Militär sofort unterstützen

Kritik kam jedoch aus der Opposition: Der Minderheitsführer der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, die US-Regierung zu einer sofortigen Verstärkung der Unterstützung für die afghanischen Sicherheitskräfte aufgefordert. Falls Präsident Joe Biden seinen Kurs "nicht schnell ändert, sind die Taliban auf dem Weg dazu, sich einen bedeutenden militärischen Sieg zu sichern", warnte McConnell. Biden müsse den afghanischen Kräften "sofort" mehr Hilfe zusagen, darunter auch anhaltende Unterstützung aus der Luft nach dem Abzug der US-Truppen am 31. August, forderte er.

"Wenn das nicht geschieht, könnten al-Qaida und die Taliban den 20. Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September damit feiern, unsere Botschaft in Kabul niederzubrennen", warnte McConnell am Donnerstag (Ortszeit) mit Blick auf die Gruppen militanter Islamisten. Die Ankündigung der weiteren Reduzierung des Personals der US-Botschaft und die "hastige" Verlegung zusätzlicher Truppen nach Afghanistan "erscheinen wie Vorbereitungen für den Fall Kabuls", so McConnell.

Falls die Taliban in Afghanistan die Macht übernähmen und die Terrororganisation Al-Kaida dorthin zurückkehre, würde das islamistischen Extremisten in der ganzen Welt Auftrieb geben, warnte McConnell. "Die Strategie von Präsident Biden hat aus einer nicht-perfekten aber stabilen Lage innerhalb von Wochen eine große Peinlichkeit und einen globalen Krisenfall gemacht", zürnte der einflussreiche Republikaner. Die Kosten und Konsequenzen von Bidens Handeln würden die ganze Welt betreffen, warnte er.

McConnell erwähnte allerdings nicht, dass bereits Bidens Vorgänger, der republikanische Präsident Donald Trump, mit den Taliban einen Abzug aller internationalen Truppen bis zum 1. Mai vereinbart hatte.

Auch Nato-Länder haben Afghanistan verlassen

Die Bundeswehr und die Soldaten anderer Nato-Länder haben Afghanistan bereits verlassen. Deutschland, die USA, Großbritannien und andere Länder haben ihre Bürger zuletzt wegen der deutlich verschlechterten Sicherheitslage zur schnellstmöglichen Ausreise aus Afghanistan aufgerufen.

Die Internationale Gemeinschaft wird nach Angaben der US-Regierung keine neue afghanische Regierung anerkennen, falls diese die Macht mit Gewalt an sich gerissen haben sollte. Diese "Botschaft an die Taliban" werde später auch in einer gemeinsamen Stellungnahme mit mehreren internationalen Partnern, darunter auch Deutschland, ausgedrückt werden, kündigte Außenministeriumssprecher Price an. Eine gewaltsame Machtübernahme durch die Taliban würde Afghanistan international isolieren, woraufhin auch Hilfszahlungen eingestellt würden, betonte Price.

Seit dem Beginn des US- und Nato-Truppenabzugs der USA Anfang Mai haben die Taliban massive Gebietsgewinne verzeichnet. Die Islamisten hatten von 1996 bis zur US-geführten Intervention 2001 weite Teile Afghanistans unter ihrer Kontrolle.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und afp
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