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USA-Reise von Johann Wadephul: Warum die Trump-Panik umgeht


USA-Reise von Außenminister Wadephul
Ein Ritt auf der Rasierklinge


Aktualisiert am 28.05.2025 - 07:40 UhrLesedauer: 5 Min.
Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (CDU) vor seiner Abreise in die USA.Vergrößern des Bildes
Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (CDU) vor seiner Abreise in die USA. (Quelle: Michael Kappeler/dpa)
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Außenminister Johann Wadephul reist zu seinem bislang schwierigsten Antrittsbesuch in die USA. In den Beziehungen zur Trump-Regierung geht es für Deutschland um Schadensminimierung. Ein Scheitern hätte schwere Folgen.

Aus Washington berichtet Patrick Diekmann.

Es ist ein wahrer Kurztrip, ein Abstecher über den Atlantik und zurück. Die Antrittsreise von Außenminister Johann Wadephul in die Vereinigten Staaten soll die Bedeutung der transatlantischen Partnerschaft für Deutschland und die junge Bundesregierung betonen. Der CDU-Politiker bleibt kaum 24 Stunden im Land, hat nur wenige Termine. Und trotzdem hat die Reise eine besondere Brisanz.

Seitdem der neue US-Präsident Donald Trump an der Macht ist, justiert sich auch die transatlantische Partnerschaft neu. Und mehr: Die Zusammenarbeit im westlichen Bündnis hat ihre Leichtigkeit der vergangenen Jahre unter US-Präsident Joe Biden verloren. Politische Gewissheiten in der Zusammenarbeit mit den USA zählen nicht mehr. Es bröckelt an vielen Ecken und Enden.

Die Bundesregierung steht dabei vor der schwierigen Aufgabe, außenpolitische Prioritäten im Dialog mit den USA zu setzen. Beispiele sind der Zollstreit, der fehlende US-Druck auf Russland und Trumps mangelnde Einflussnahme auf den israelischen Premier Benjamin Netanjahu angesichts der humanitären Lage im Gazastreifen. Dies sind nur einige der problematischen Themen, bei denen sich die Bundesregierung bislang mit Kritik an der US-Regierung zurückhält.

Das hat einen Grund: Mit Sorge blickt auch Deutschland auf den kommenden Nato-Gipfel im Juni in Den Haag. Legen die Amerikaner das Verteidigungsbündnis lahm? Steigt Trump unter dem Jubel seiner Anhänger in den USA aus oder kündigt er gar den Artikel 5 und damit die amerikanischen Sicherheitsgarantien für Europa auf?

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Das sind aktuell die drängendsten Fragen der europäischen Staats- und Regierungschefs, die viele andere Probleme mit der Trump-Administration in den Schatten stellen. Die Angst vor Trumps Unberechenbarkeit ist groß. Auch deshalb reist Außenminister Wadepuhl mit der strategischen Maßgabe nach Washington: Führe nicht alle politische Kämpfe gleichzeitig. Es ist im übergeordneten Interesse der Europäer, Trump in Europa zu halten – und das hat gegenwärtig Priorität.

Mehr Zuckerbrot für Trump

Eines liegt auf der Hand: Trump hat die Europäer in den ersten vier Monaten seiner Amtszeit aufgeschreckt. Dass viele der europäischen Staats- und Regierungschefs den politischen Super-Gau – also den völligen Rückzug der Amerikaner aus Europa – zumindest für denkbar halten, darüber gab es schon vor der erneuten Machtübernahme des Republikaners kaum Illusionen.

Deswegen blickten die europäischen Nato-Mitglieder schon seit Längerem besorgt auf den Gipfel in den Niederlanden vom 24. bis zum 26. Juni. Trump kommt persönlich, und das Militärbündnis hat sich vorbereitet. Der Gipfel ist kurz, ebenso wie die Arbeitssitzungen. Die Abschlusserklärung wird eingestampft und fällt deutlich kürzer aus als bei den vorherigen Nato-Treffen. Die Nato möchte Trump nicht verärgern, dafür sorgen, dass er sich wohlfühlt, und damit möglicherweise Übersprunghandlungen verhindern.

Auch Deutschland verfolgt derzeit eine Strategie des Entgegenkommens. Einerseits wirbt die Bundesregierung in den Gesprächen mit den Amerikanern mit der deutschen Bereitschaft, mehrere hundert Milliarden Euro für die eigene Aufrüstung auszugeben. Andererseits ist es kein Zufall, dass Wadephul beim Nato-Treffen in der Türkei erklärte, dass die Bundesrepublik perspektivisch fünf Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben möchte – 3,5 Prozent für militärische Aufrüstung, 1,5 Prozent für Infrastruktur.

Ob dieser Wert tatsächlich erreicht wird, ist fraglich. Dass die anderen und vor allem die südeuropäischen Nato-Mitglieder bei diesem Ziel mitziehen, ist sogar unwahrscheinlich. Doch darum ging es der Bundesregierung nicht. Es sollte ein Signal an die Amerikaner sein: Deutschland geht voran. Trump hatte genau das viele Jahre gefordert, und die Bundesregierung gibt ihm etwas, was er theoretisch für sich als politischen Erfolg verkaufen kann.

Deutschland umschifft kritische Themen

Im Gegenzug erhofft sich Deutschland vor allem eine Erhaltung des Status quo, also ein Bekenntnis der Amerikaner zum Artikel 5 und zur Nato. Auch Wadephul versucht, in Washington mögliche Streitthemen zu umschiffen. Zwar wird es bei seinem heutigen Besuch auch um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Lage im Gazastreifen und wirtschaftliche Themen gehen.

Doch Wadephul hat nur ein 30-minütiges Gespräch mit US-Außenminister Marco Rubio, der zugleich Trumps Nationaler Sicherheitsberater ist. Rubio und der CDU-Politiker haben sich in unterschiedlichen Formaten in diesem Monat schon mehrfach getroffen. Der US-Außenminister gilt unter den Europäern als Politiker, mit dem ein konstruktiver Austausch möglich ist. Eine Eskalation beim Besuch von Wadephul in Washington ist deshalb kaum zu erwarten.

Die Bundesregierung zielt darauf ab, Streitthemen mit den Amerikanern möglichst wenig Raum zu geben. Mit Erleichterung werden europäische Regierungen registriert haben, dass Trump seine Zölle auf EU-Importe bis Ende Juli doch nicht eskalieren möchte, also bis nach dem Nato-Gipfel. Auch mit Blick auf den Ukraine-Krieg versucht Wadephul eher Themen Gewicht zu geben, bei denen Amerikaner und Europäer eine gemeinsame Linie haben – etwa im Bestreben, einen schnellen Frieden zu erreichen.

Die deutsche Strategie offenbart in der Frage einige argumentative Schwachstellen. "Damit Putin an den Verhandlungstisch kommt, damit Russland endlich in ernsthafte Verhandlungen einsteigt, müssen wir den Druck auf Russland aufrechterhalten", sagte Wadephul vor seinem Abflug in die USA. Diese Aussage ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil Trump auf Druck gegen Putin weitestgehend verzichtet und vergangene Woche die Europäer mit Blick auf neue Sanktionen im Stich gelassen hat. Aber die Bundesregierung möchte wahrscheinlich keinen Druck auf die Amerikaner ausüben, aus Sorge vor den Konsequenzen.

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Mühsames Ringen um Ukraine-Politik

Der deutsche Außenminister möchte in den Vereinigten Staaten also keine ohnehin schon bestehenden Konflikte befeuern. Kein Wunder: Das westliche Bündnis ringt um die Stabilität seines eigenen Fundaments. Dieses trotz aller Widrigkeiten abzusichern, kostet Zeit und Energie. Die Folge: Das transatlantische Bündnis scheint aktuell nicht die Kraft zu haben, sich mühsam auf gemeinsame Linien und Kompromisse in den großen geopolitischen Krisen zu verständigen. Ein Problem, das perspektivisch noch größer werden dürfte.

Die Folgen treffen besonders die Ukraine. Der Sicherheitsexperte Carlo Masala attestierte den Europäern jüngst, dass sie beabsichtigen, Trump mit Blick auf den Nato-Gipfel im Juni zu besänftigen. "Die Europäer machen alles, um die USA bei der Stange zu halten", erklärte er im Podcast von t-online. Es ginge "in der Güterabwägung" aktuell darum, dass es zu keinem großen Eklat beim Nato-Gipfel kommt und Trump die Sicherheitsgarantien für die europäischen Staaten nicht infrage stellt. Daher sei momentan "die Frage der Nato wesentlich wichtiger als die Frage der Ukraine."

Trump setzt aktuell im Ukraine-Konflikt offenkundig auf eine Form der Neutralität, wobei er die Europäer und die ukrainischen Verteidiger bewusst auf Distanz hält. Es ist darum eines der obersten diplomatischen Ziele der europäischen Verbündeten der Ukraine, dies zu ändern. "Wir Europäer werde die Sanktionsschrauben weiter anziehen, auch der US-Kongress ist zu mehr Sanktionen bereit", erklärte Wadephul in seinem Abflugstatement. Deutschland unterstützt indirekt die republikanischen Stimmen in den USA, die einen härteren Kurs gegenüber Putin einschlagen. Aber auch hier wird deutlich: Jeder Schritt, der unter Biden fast selbstverständlich war, ist inzwischen mühsam und nimmt viel Zeit in Anspruch.

Das nehmen die Europäer wortarm in Kauf. Weil sie Trump brauchen, unabhängig davon, wie groß oder klein der amerikanische Beitrag ist. Und weil sie Angst haben, dass der US-Präsident im Juni das Nato-Haus doch noch in die Luft jagt. Für Deutschland und die Europäer geht es darum: Trump einbinden, wo er sich einbinden lässt. Ohne Forderungen, Kritik oder verbale Schlagabtausche mit der US-Regierung. Das Motto dabei: Bitte recht freundlich.

Verwendete Quellen
  • Mitreise mit Außenminister Johann Wadephul
  • Eigene Recherchen und Beobachtungen vor Ort
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