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Macron besucht Trump: Wenn der Junge den Alten betört


Macron besucht Trump
Wenn der Junge den Alten betört

  • Gerhad Spörl
MeinungVon Gerhard Spörl

Aktualisiert am 24.04.2018Lesedauer: 4 Min.
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Emannuel Macron, Donald Trump und die First Ladies Brigitte Macron und Melania Trump beim Essen im Eiffelturm: Der französische Präsident gibt sich alle Mühe, seinen Kollegen zu umgarnen.Vergrößern des Bildes
Emannuel Macron, Donald Trump und die First Ladys Brigitte Macron und Melania Trump beim Essen im Eiffelturm: Der französische Präsident gibt sich alle Mühe, seinen Kollegen zu umgarnen. (Quelle: Kevin Lamarque/Reuters-bilder)

Endlich kommt Donald Trump jemand besuchen, den er mag. Emmanuel Macron bezirzt den amerikanischen Präsidenten. Trotzdem bekam er zuletzt nicht, was er wollte. Auch diesmal hat er ein Anliegen.

Es gibt dieses Bonmot, das Henry Kissinger zugeschrieben wird, wonach Europa ganz schön und gut sei, aber hat es auch eine Telefonnummer? Die Frage lässt sich heute leicht beantworten: ja, sie gehört Emmanuel Macron in Paris.

Schon lange hat es keinen mehr wie ihn gegeben. Einen, der Europa Sinn und Gewicht verleiht. Der mit Schwung und Konsequenz sein Land reformiert. Der mit Ernst und Elan Streiks und Rückschläge im Land aushält und nicht um Probleme herumredet. Der mit Sinn und Verstand den Staats- und Regierungschefs auf Augenhöhe begegnet. Und das mit nur 40 Jahren.

Trump ist fasziniert von Macron

Donald Trump könnte mit seinen 71 Jahren sein Vater sein. Er lässt sich von Macron charmieren. Er ist zweifellos fasziniert von diesem kultivierten jungen Mann, der Jugendlichkeit ausstrahlt wie der Kanadier Justin Trudeau, aber ihn nicht so belehrt.

Trump war ganz aus dem Häuschen, als er voriges Jahr an Macrons Seite am französischen Nationalfeiertag in Paris die Parade abnehmen durfte. Der ältere Herr war neidisch und wollte sofort auch so etwas Schönes haben; diese Trompeten und Signalhörner, die das Vorbeidefilieren der militärischen Eliteverbände ankündigen. Eine Stadt in Glanz und Glamour. Er wird wohl eine Parade bekommen, aber ohne Panzer.

Seit diesem Treffen telefonieren der Junge und der Alte angeblich fast täglich. Das ist fast sicher übertrieben, solche Geschichten streuen interessierte Kreise gern, in Washington wie in Paris. Aber es ist bestimmt nicht von Nachteil, wenn der amerikanische Präsident regelmäßig Vernünftiges von jemandem zu hören bekommt, dem er vertraut, weil er nett zu ihm ist.

Von Amerika entfremdet man sich nicht folgenlos

Macron verhält sich Trump gegenüber pragmatisch. Amerika hat Trump gewählt, das mag er für seltsam halten, aber Präsident ist Präsident, deshalb muss er mit ihm auskommen. Amerika ist wichtig für Europa. Von Amerika entfremdet man sich nicht folgenlos. Also versucht Frankreich, gut mit Amerika auszukommen – und gerade heißt das: gut mit Trump auszukommen.

Nach 9/11 hat sich schon einmal ein Europäer bemüht, ein besonderes Verhältnis zum amerikanischen Präsidenten aufzubauen, um nicht zu sagen: ein Sonderverhältnis. Das war Tony Blair, damals auch jung, auch dynamisch, auch ehrgeizig. Bestrebt, auf der großen Bühne mitzumischen. Der Präsident hieß George W. Bush, der den Briten mochte, ihn bevorzugt behandelte und ihn sogar vor dem US-Kongress reden ließ. Eine große Ehre (Angela Merkel durfte das vor Jahren auch). Damals ging es um den Irakkrieg, den Blair treu unterstützte. Bush goutierte das. Aber weil der Irakkrieg herbeigelogen war, zog er auch Tony Blair herunter. Er wurde als "Pudel Amerikas" karikiert.

Trump belohnt Loyalität

Emmanuel Macron hat sich kürzlich auch einem Militärschlag der USA angeschlossen. Er ließ Frankreich bei den Luftschlägen auf Syrien mitmachen. Sie bewirkten nichts, das heißt aber auch: Sie weiteten den Krieg nicht aus. Kein Schaden für Macron.

Seine Loyalität wird belohnt, wie Loyalität in Amerika eben belohnt wird. Mit Dankbarkeit und mit einer Sonderbehandlung. Deshalb schwebt Emmanuel Macron zu einem dreitägigen Staatsbesuch ein, samt Fahrt zum Nationalfriedhof in Arlington, privatem Dinner und zahllosen Gesprächen. Am Freitag folgt ihm dann Angela Merkel zu einem Arbeitsbesuch.

Merkel hat schon zu viel gesehen – Macron ist noch frisch

Wie viel Gewicht hat Europa eigentlich? Wie viel Gewicht sollte Europa in den Augen Amerikas haben? Das hängt vor allem an Deutschland und Frankreich, weil sie im engeren Sinne Europa sind. Gehen sie gemeinsamen Zielen nach, kommt Europa voran. Dass sie zurzeit nicht wirklich gemeinsam gehen, liegt an Deutschland. Macron hat vor einiger Zeit Vorschläge für die Vertiefung der Union unterbreitet. Dass nicht alle auf große Gegenliebe stoßen, ist in Ordnung. Dass nicht mit gebührender Intensität über sie diskutiert, gestritten oder auch nur geredet wird, ist ein Ärgernis.

Manchmal denke ich, dass sich Angela Merkel in Brüssel zu oft mit zu vielen Problemen zu viele Nächte um die Ohren geschlagen hat, und dass sie all das etwas desillusioniert hat. Sie hat alles schon gehört, alles schon gesehen. Sie kennt alle Tricks und alle Kniffe und alle Argumente. Macron ist noch nicht so abgefeimt.

Interessanterweise hat die vierte Regierung Merkel verkündet, Deutschland werde sich außenpolitisch stärker engagieren. Der neue Außenminister Heiko Maas weilt momentan in New York und wirbt dafür, dass Deutschland einen nicht-ständigen Platz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bekommt. Frankreich sitzt dort schon, als ständiges Mitglied mit Vetorecht.

Wenn er kann, weitet Macron seinen Spielraum aus

Ökonomisch mag Frankreich schwächer sein als Deutschland. Macron muss überfällige Reformen durchpeitschen, an denen etliche seiner Vorgänger gescheitert sind, wenn sie sich überhaupt daran versucht haben. Politisch aber ist Frankreich stärker. Vor allem deshalb, weil Emmanuel Macron nicht nur über mehr Einfluss redet, sondern ihn ausübt.

Macron weitet seinen Spielraum aus, wenn er kann. Auch bei Trump. Mal sehen, wie weit er damit kommt.

Er hätte Trump gern daran gehindert, das Pariser Klimaschutzabkommen zu kündigen; das hat er nicht geschafft. Er dürfte jetzt in Washington auf ihn einreden, das Atomabkommen mit Iran nicht auch noch dreinzugeben. Amerika zieht gerade in Erwägung, mit Nordkorea diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Trump möchte Kim Jong Un treffen. Nordkorea ist der Schurkenstaat schlechthin. Trotzdem läuft es auf einen Ausgleich zu, auf eine kleine Revolution: Ist es da nicht völlig unsinnig, das Abkommen mit Iran mir nichts, dir nichts zu annullieren?

Ich würde gerne hören, was Donald Trump zu diesem Argument sagt. Vielleicht trägt Macron es ja vor.

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