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Weltpolitik à la Trump : Wie "The Donald" der Welt zeigt, wo der Hammer hängt


Weltpolitik à la Trump
Wie "The Donald" der Welt zeigt, wo der Hammer hängt

  • Gerhad Spörl
MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 11.06.2018Lesedauer: 5 Min.
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Donald Trump fliegt nach Singapur: Der US-Präsident trifft am Dienstag den nordkoreanischen Machthaber Kim.Vergrößern des Bildes
Donald Trump fliegt nach Singapur: Der US-Präsident trifft am Dienstag den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un. (Quelle: Evan Vucci/ap-bilder)

Europa ist unwichtig, auch wenn Macron ganz nett ist. Nordkorea ist schon wichtiger, weil Entspannung dort China ärgert und schwächt. Trump reduziert Probleme zielsicher auf den Machtkern und hält sie für gelöst. Wie weit kommt er damit?

Kein Zweifel, Donald Trump schreibt in diesen Tagen Geschichte in zwei Etappen. Am Samstag stand er auf der Gangway, die rechte Faust gen Himmel erhoben: seht her, ich bin es, auf mich kommt es an und der Kampf geht weiter. In der Air Force One setzte er wenig später einen Tweet ab, in dem er von einem "sehr unehrlichen und schwachen Menschen" röhrte. Diese moralische Erniedrigung ist normalerweise für Hillary Clinton oder seinen Justizminister Jeff Sessions reserviert, aber diesmal meinte er Justin Trudeau, den schönen, jungen kanadischen Ministerpräsidenten.

Keine Ahnung, welche Laus ihm über die Leber gelaufen war. Wahrscheinlich hat ihm John Bolton, sein Mephisto, der beim G7-Gipfel stets an seiner Seite war, irgendetwas eingeblasen, was ihn dazu bewog, nicht nur Sottisen abzusondern, sondern seine Zustimmung zum Communiqué zurückzuziehen und mit Strafzöllen für Autos aus Kanada und Europa zu drohen. Trump hat die Zusammenkunft der G7 beherrscht. Auf allen Bildern sitzt oder steht er im Mittelpunkt, während Angela Merkel und Emmanuel Macron auf ihn einreden und Shinzo Abe so regungslos wie fassungslos daneben steht. Die Körpersprache finde ich hinreißend: Trump mit Schlitzaugen, die Arme verschränkt, lasst mich in Ruhe, ich will hier weg, ihr könnt mich mal.

Wenn sich 7 oder 20 oder auch nur drei Regierungschefs zusammen setzen, tun sie hinterher immer so, als seien sie erfolgreich im Finden gehobener Kompromisse gewesen. Dann wissen wir: war nichts oder nicht viel, hätten sie auch bleiben lassen können, aber vielleicht ist es ja doch richtig so, dass sie miteinander reden. Für Donald Trump ist diese Art Diplomatie eine Veranstaltung für Weicheier, weshalb er das Gegenteil anstrebt. Er reduziert jedes Treffen auf den Machtkern: Ich bin der Präsident der einzig zählenden Weltmacht und damit ein Riese und ihr seid nichts als Zwerge und deshalb behandle ich euch auch so und wenn ihr nicht macht, was ich will, dann gibts Zölle ohne Ende.

Europa hat eben nicht, worauf es ankommt: einen Machtkern

Der Machtkern ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, dass Amerika mit seinen Kernwaffen und seinen konventionellen Streitkräften Europa beschützt. England und Frankreich haben zwar auch Atomwaffen, aber niemand erwartet ernsthaft, dass sie Europa vor einem Angriff schützen können. Amerika konnte es damals und könnte es heute, wenn es wollte, aber womöglich will es nicht mehr und nötig ist der Schutz momentan auch nicht. Europa möchte sich aber weiterhin auf Amerika verlassen, weil es weder die Kraft noch den Willen hat, die Vereinigten Staaten von Europa aufzubauen, mit Atommacht und allem anderen Drum und Dran. Denn Europa hat eben nicht, worauf es ankommt: einen Machtkern.

Nun können wir uns noch lange über Trumps Unflätigkeit und Sprunghaftigkeit erregen, aber in Wahrheit ist er nur Weltmacht in Reinkultur: arrogant, ignorant, bösartig, laut und lärmend und selbstverliebt. Weltmächte sind so, sie müssen nicht zivilisiert auftreten. Niemand kann sie daran hindern, so zu sein, wie sie sein wollen. Die Verbündeten sind ihr vollkommen gleichgültig, weil sie die Weltmacht brauchen und nicht die Weltmacht sie.

Im 21. Jahrhundert wird Europa endgültig zur Nebensache, gerade noch wichtig genug für einen kleinen Handelskrieg. Nicht zufällig fällt Donald Trump ein, dass er Russland gerne wieder dabei hätte, wobei es unerheblich ist, ob er eigentlich weiß, dass die Annexion der Krim und der Krieg in der Ostukraine die Ursache für die Reduktion der G8 zu G7 war. Putin ist der große Zyniker, der Konflikte auch auf den Machtkern reduziert: Assad ist die Gewähr für russische Stützpunkte am Mittelmeer, also muss er bleiben. Iran braucht Uran, nichts wie hin damit. Die Rechten in Deutschland, Frankreich, Holland und Österreich schwächen die Demokratie, also werden sie nach Moskau eingeladen und bekommen Geld, wenn es nötig ist.

Newsblog: Der G7-Gipfel und die Nachwirkungen

Aber warum sollte sich Donald Trump, der 45. US-Präsident, über Russland oder Syrien aufregen? Er verlässt sich auf Israel und Saudi-Arabien und isoliert den Iran. Damit hat es sich. Mehr muss nicht sein. Ansonsten ist Europa ein Verbündeter ohne Gewicht und damit tschüs.

Im 21. Jahrhundert steht Asien im Zentrum der Weltpolitik, weil dort China systematisch zur nächsten Weltmacht aufsteigt, ökonomisch, politisch, nur nicht kulturell, denn auf diesem Feld bleibt Amerika unschlagbar, soweit jedenfalls. Und deshalb ist es auch kein Zufall, dass Donald Trump im Zorn Kanada verließ und morgen in Singapur wieder Weltpolitik betreibt. In Kanada hat er sich aufgepumpt und jetzt zeigt er Kim Jong Un, wo der Hammer hängt, natürlich freundlich und vielleicht sogar zivilisiert, jedenfalls so lange es nötig ist und mit Unterwerfung belohnt wird.

Nordkoreas Annäherung an die USA schwächt China

Es stimmt, dass China beunruhigt ist. Nordkorea ist sein Satellitenstaat, abhängig und isoliert von der Welt. Jetzt sucht Kim Anschluss an die Welt und das bedeutet Lockerung der Abhängigkeit von China. Er will die Macht seiner Familie durch ökonomische Fortschritte sichern. Das wird Zeit. Bisher gibt es wenig mehr als florierende Geschäfte über die chinesische Grenze hinweg und in der Sonderwirtschaftszone Kaesong zwischen den beiden Koreas.

Im Machtkern geht es darum, dass Trump dem jungen Mann aus Nordkorea entgegen kommt, weil er damit China schwächen kann. Es beginnt mit einem Friedensvertrag, der den Krieg zwischen den beiden Koreas nach 65 Jahren offiziell beendet. Es geht weiter damit, dass der Westen einige der wirtschaftlichen Sanktionen aufhebt, so dass Nordkorea auf längere Sicht Teil der globalen Welt werden kann. Schon darin liegt eine historische Veränderung in Asien. Schon das wird China nicht amüsieren. Alles Weitere wird schwierig und tückisch und kann alles zunichte machen.

Nordkorea hat unendlich viel in sein Nukleararsenal investiert. Dafür musste das Volk hungern. Die nationale Propaganda um das Atomprogramm ist irrwitzig, gerade weil es dem Land über lange Jahre so viel abforderte. Kim hat die Entwicklung der Langstreckenraketen, die amerikanischen Boden erreichen, in kurzer Zeit intensiv vorangetrieben. Atomwaffen bedeuten Souveränität. Mit Atomwaffen werden Länder wie Israel oder Pakistan oder Nordkorea viel größer, als sie ökonomisch oder kulturell sind. Und das sollte sich Kim abhandeln lassen wie einst Südafrika oder Libyen?

Zu Trumps Machtkern gehört Nordkoreas völlige Abrüstung

Ja, Kim erweckt den Anschein, als lasse er über vieles mit sich reden, inklusive der Vernichtung sämtlicher Atomwaffen. Aber glaubt das irgendjemand? Könnte er das überhaupt, ohne eine Rebellion seiner Junta zu provozieren? Und warum sollte er das Wagnis eingehen, nach der nationalen Großanstrengung, nach der Konzentration der Ressourcen auf die Entwicklung eines ausgefeilten Nukleararsenals?

Trump hat in den letzten Tagen immer wieder gesagt, Iran und Nordkorea gehörten logisch zueinander. Ich habe mich gefragt, wie er das wohl meint. Das Abkommen mit Iran hat ihm nicht gefallen und deshalb kündigt er es auf. Gefällt ihm das sich abzeichnende Abkommen mit Nordkorea nicht, wird er sich unter wüsten Beschimpfungen zurückziehen. Zum Machtkern, wie Trump ihn sieht, gehört die völlige Abrüstung in Nordkorea.

Was am Ende dabei herauskommt? Keine Ahnung, aber bei Trump müssen wir mit allem rechnen, das wissen wir ja.

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