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Proteste in den USA: Tausende ignorieren Donald Trumps Drohung


"Scheiß auf eure Ausgangssperre"
Tausende Demonstranten ignorieren Trumps Drohung

Von dpa, reuters, aj

Aktualisiert am 03.06.2020Lesedauer: 4 Min.
Demonstrationen in New York: Die Stadt hat ihre Ausgangssperre bis Sonntag verlängert.Vergrößern des BildesDemonstrationen in New York: Die Stadt hat ihre Ausgangssperre bis Sonntag verlängert. (Quelle: Wong Maye-E/ap)
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Nach dem Tod von George Floyd gehen die Demonstrationen in den USA weiter. Auch vor dem Weißen Haus und nach Einbruch der Dunkelheit – obwohl US-Präsident Trump mit Konsequenzen gedroht hat.

Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz haben sich Demonstranten vor dem Weißen Haus erneut über die Ausgangssperre in Washington hinweggesetzt. Friedliche Proteste vor der US-Regierungszentrale dauerten auch nach Inkrafttreten der nächtlichen Ausgangssperre am Dienstagabend um 19 Uhr (Ortszeit) an. Hunderte Menschen protestierten gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Demonstranten skandierten Slogans wie "Wir bewegen uns nicht" und "Scheiß auf Eure Ausgangssperre".

Nach Einbruch der Dunkelheit schlugen die friedlichen Demonstrationen trotz der Ausgangssperre auch teilweise in Gewalt um: Es kam in mehreren Städten zu Ausschreitungen, Vandalismus, Brandstiftung und Plünderungen. Demonstranten zertrümmerten Fenster und plünderten Luxusgeschäfte auf der Fifth Avenue in New York und setzten ein Einkaufszentrum in Los Angeles in Brand. In einigen Städten wurden Polizeibeamte mit Steinen und Gegenständen beworfen. In zwei Städten wurden nach offiziellen Angaben fünf Polizisten von Schüssen getroffen, einer davon schwer.

Seit Tagen kommt es in Washington, New York und anderen US-Metropolen zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Auslöser ist der Tod Floyds in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota am Montag vergangener Woche. Zahlreiche Städte haben eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. In der Millionenmetropole New York wurde sie nach neuerlichen Plünderungen in der Nacht zu Dienstag bis Sonntag verlängert. Sie sollte am Dienstagabend um 20 Uhr in Kraft treten.

Tagsüber blieb es friedlich

Auch am Dienstag hat es tagsüber erneut friedliche Massendemonstrationen gegeben, die teilweise gegen Abend in gewaltsame Ausschreitungen umschlugen. Große Märsche fanden neben Washington, D.C. auch in Los Angeles, Philadelphia, Atlanta und New York City statt.

Auf dem Hollywood Boulevard in Los Angeles füllten Hunderte von Menschen die Straßen und marschierten an berühmten Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei. Andere versammelten sich vor der Hauptwache der Polizei in der Innenstadt, umarmten Polizisten und reichten sich die Hände als Zeichen des Friedens. In New York City marschierten Tausende friedlich die 86th Street hinauf, hielten Schilder mit der Aufschrift "Keine Gerechtigkeit, kein Frieden" und skandierten: "Sag seinen Namen, George Floyd", gefolgt von einer stillen Mahnwache. In Floyds Heimatstadt Houston versammelten sich Tausende zu einem von seinen Freunden und seiner Familie organisierten Marsch.

In Minneapolis forderte Roxie Washington, die Mutter von Floyds 6-jähriger Tochter Gianna, Gerechtigkeit und sagte, Floyd sei ein guter Vater und ein guter Mensch gewesen, der es nicht verdient habe, unter dem Gewicht von drei Polizisten mit dem Gesicht nach unten auf dem Bürgersteig zu sterben. "Am Ende des Tages können sie nach Hause gehen und bei ihren Familien sein", sagte Washington. "Gianna hat keinen Vater mehr. Er wird sie nicht aufwachsen sehen, nicht bei ihrem Abschluss dabei sein. Er wird sie nie als Braut zum Altar führen können."

Polizei löste friedliche Proteste gewaltsam auf

Vor dem Weißen Haus hatten Sicherheitskräfte – darunter auch die Militärpolizei – erst am Montagabend Proteste gewaltsam aufgelöst. Während die Polizei gegen weitgehend friedliche Demonstranten vorging, drohte US-Präsident Donald Trump bei einem Auftritt im Rosengarten des Weißen Hauses mit dem Einsatz des US-Militärs, um Unruhen zu stoppen. Er sagte auch, er werde "Abertausende schwer bewaffnete Soldaten" entsenden, um weitere Ausschreitungen in Washington zu stoppen. US-Justizminister William Barr kündigte an, die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt würden in der Nacht zu Mittwoch noch einmal verstärkt.

US-Präsident droht mit militärischem Vorgehen

Trump hatte bei seiner Ansprache am Montagabend gesagt: "Wir beenden die Unruhen und die Gesetzlosigkeit, die sich in unserem Land ausgebreitet haben." Der Präsident fügte hinzu: "Wenn eine Stadt oder ein Bundesstaat sich weigern, Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um das Leben und den Besitz ihrer Bürger zu schützen, dann werde ich das Militär der Vereinigten Staaten einsetzen und das Problem schnell für sie lösen." Trump hat Floyds Tod wiederholt verurteilt und das Recht auf friedliche Proteste betont.

Nach dem Fall Floyd wird die Polizei in Minneapolis einer eingehenden Untersuchung wegen möglicher diskriminierender Praktiken unterzogen. Der Gouverneur des Bundesstaats Minnesota, Tim Walz, teilte mit, die Menschenrechtsabteilung seiner Verwaltung habe eine Bürgerrechtsklage gegen die Polizeibehörde der Großstadt eingebracht. Nun würden deren Richtlinien, Verfahren und Praktiken der vergangenen zehn Jahre untersucht, um herauszufinden, ob die Polizei in Minneapolis systematisch Minderheiten diskriminiert habe.

Interessieren Sie sich für US-Politik? Unser Washington-Korrespondent Fabian Reinbold schreibt über seine Arbeit im Weißen Haus und seine Eindrücke aus den USA unter Donald Trump einen Newsletter. Hier können Sie die "Post aus Washington" kostenlos abonnieren, die dann einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Bei dem Polizeieinsatz in Minneapolis hatte einer von vier beteiligten Beamten Floyd fast neun Minuten lang sein Knie in den Nacken gedrückt. Alle Bitten des 46-Jährigen, ihn atmen zu lassen, ignorierte er. Die vier Polizisten wurden entlassen.

Der weiße Ex-Polizist, der Floyd sein Knie in den Nacken drückte, muss sich wegen Totschlags (bis zu zehn Jahre Gefängnis) und "Mordes dritten Grades" (bis zu 25 Jahre Gefängnis) verantworten. Er sitzt in Untersuchungshaft. "Mord dritten Grades" ist eine Besonderheit des US-Rechtssystems, die es nur in einzelnen Bundesstaaten wie Minnesota gibt. Nach den Gesetzen Minnesotas macht sich eines solchen Verbrechens schuldig, wer eine "besonders gefährliche Tat" mit Todesfolge, aber ohne Vorsatz begeht. In Deutschland ist Vorsatz dagegen Voraussetzung für eine Mordanklage.

Floyds Angehörige fordern eine härtere Anklage gegen den Ex-Polizisten. Sie verlangen außerdem, dass die anderen drei an dem Einsatz beteiligten Polizisten festgenommen und angeklagt werden.

Laut einer am Dienstag veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage sympathisiert eine Mehrheit von 64 Prozent der US-Bürger mit den Protesten. Mehr als 55 Prozent der befragten Amerikaner gaben an, dass sie Trumps Umgang mit den Protesten missbilligten, darunter 40 Prozent, die sein Vorgehen "stark" missbilligten. Ein Drittel der Befragten stehe laut der Umfrage hinter Trump.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
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