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Chicago: Trump kündigt Einsatz von "Hunderten" Bundespolizisten an


Nach Schießerei
Trump kündigt Einsatz von "Hunderten" Bundespolizisten an

Von dpa, aj

Aktualisiert am 23.07.2020Lesedauer: 4 Min.
Portland in Oregon: Bundespolizisten sind dort eingesetzt worden.Vergrößern des BildesPortland in Oregon: Bundespolizisten sind dort eingesetzt worden. (Quelle: ZUMA Press/imago-images-bilder)

Der US-Präsident wirft Bürgermeistern der Demokraten vor, ihre Städte nicht im Griff zu haben. Deshalb schickt er schwer bewaffnete Bundespolizisten. Dagegen laufen die Betroffenen Sturm.

Im Streit um den Einsatz von Sicherheitskräften des Bundes in US-Städten hat die Regierung in Washington die Entsendung von "Hunderten" Beamten in die Stadt Chicago angekündigt. Damit solle einer Welle der Gewalt in der Millionenmetropole begegnet werden, erklärte US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus. Dort habe es zuletzt eine "schockierende Explosion an Tötungen" und Gewaltverbrechen mit Schusswaffengebrauch gegeben. "Dieses Blutvergießen muss ein Ende haben", sagte Trump. "Wir haben keine andere Wahl, als uns einzumischen."

Chicagos Bürgermeisterin Lori Lightfoot nannte Trumps Ankündigung einen "politischen Stunt". Die Demokratin hatte sich schon vor der Ankündigung klar gegen die Entsendung von paramilitärisch anmutenden Sicherheitskräften des Bundes ausgesprochen. Am Mittwoch sagte sie: "Wir brauchen keine Bundestruppen. Wir brauchen keine namenlosen Beamten, die in den Straßen von Chicago umherstreifen, unsere Einwohner ohne Grund aus dem Verkehr ziehen und ihre verfassungsmäßigen Rechte verletzen."

Erst am Dienstag waren bei einer Schießerei in Chicago 15 Menschen teils schwer verletzt worden. Bei einem separaten Zwischenfall wurde ein dreijähriges Mädchen angeschossen. In Chicago – der drittgrößten Stadt der USA – kommt es bei Auseinandersetzungen rivalisierender Gangs zu vielen Gewaltverbrechen. Die Gewalt ist aber auch auf eine große Anzahl illegaler Waffen und soziale Probleme zurückzuführen.

Barr: Schicken Sicherheitskräfte auch in andere Städte

Die Regierung werde Sicherheitskräfte des Bundes auch in andere Städte schicken, kündigte Justizminister William Barr an. Mehr als 200 seien bereits in Kansas City, eine vergleichbare Zahl an Beamten werde nach Chicago geschickt. 35 weitere würden nach Albuquerque in New Mexico entsandt. Nach Angaben des Justizministeriums ist die Zahl der Morde in Chicago im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegen. Trump versprach, dass Straftäter ausfindig gemacht, festgenommen und strafverfolgt würden. Dies werde eine harte und "mühsame Arbeit" werden und einige Zeit in Anspruch nehmen, sagte er.

Angesichts der Stärke der Polizei in der Millionenstadt, in der rund 13.000 Polizeikräfte arbeiten, stellt sich die Frage, wie viel 200 zusätzliche Beamte ausrichten können. Lightfoot sagte, Trump wolle nur von seinem "Versagen" im Kampf gegen die Corona-Pandemie ablenken. Wenn Trump wirklich etwas tun wollte, um die Gewalt in Städten zu bekämpfen, sollte er sich zum Beispiel auf Bundesebene für ein strengeres Waffenrecht einsetzen, forderte sie. "Es ist ihm egal. Es ist ihm absolut egal", sagte sie. Dem Präsidenten gehe es nur darum, sich selbst zu helfen und andere schlecht zu machen. "Falls ihm Städte wichtig wären, falls ihm Chicago wichtig wäre, gäbe es bedeutsame Wege, wie der Präsident tatsächlich helfen könnte", sagte Lightfoot.

Trump macht Anarchisten für Proteste verantwortlich

In einem politisch ungewöhnlichen Schritt hatte die Regierung bereits gegen den erklärten Willen der Stadt Sicherheitskräfte nach Portland im Westküstenstaat Oregon entsandt. Chicago dürfte zunächst auch keine juristische Handhabe gegen die Entsendung der Kräfte des Bundes haben. In Oregon sind aber bereits Klagen gegen das teils brutale Vorgehen der Bundestruppen anhängig, unter anderem von der Justizministerin des Bundesstaats. Was sich in Portland nach der Entsendung der Bundesbeamten abgespielt habe, sei nicht Demokratie, sagte Lightfoot. "Das nennen wir Tyrannei und Diktatur", sagte sie.

Auch die Bürgermeisterin der Hauptstadt Washington, Muriel Bowser, forderte gemeinsam mit Kollegen die Regierung von Präsident Donald Trump auf, den Einsatz zu stoppen.

Trump aber begründete dies mit Protesten, für die er "Anarchisten" verantwortlich machte, und mit der Zunahme von Gewaltverbrechen in diesen Städten. Bei Protesten, die nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz vor knapp zwei Monaten begannen, war es wiederholt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei sowie Sachbeschädigungen gekommen.

Einsatz ist "beispiellos"

In einem Brief an Justizminister William Barr und Heimatschutzminister Chad Wolf hatten Bowser und Lightfoot geschrieben, der Einsatz in Portland sei "beispiellos" und verstoße gegen die Verfassung. Er sei weder angefordert worden, noch akzeptabel. In einem zweiten Brief forderten sie den US-Kongress auf, den Einsatz zu untersuchen. Bowser veröffentlichte die Briefe auf Twitter.

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"In Portland haben Bundeskräfte jede Nacht erhebliche Gewalt gegen Demonstranten angewandt", heißt es in einem der beiden Briefe, den auch der Bürgermeister von Portland, der Demokrat Ted Wheeler, unterzeichnete. Der Einsatz der Sicherheitskräfte in Portland habe zu Eskalationen geführt und das "Risiko von Gewalt gegen Zivilisten und Strafverfolgungsbeamte" erhöht. Außerdem warfen die Bürgermeister der Regierung vor, die Sicherheitskräfte zu politischen Zwecken zu nutzen. "Ihre Worte und Taten haben ein Klima der Angst und des Misstrauens geschaffen", heißt es weiter.

Die Regierung beruft sich derweil auf das Recht, Einrichtungen des Bundes vor Ort zu schützen. Trump, der sich im November um eine zweite Amtszeit bemüht, wirbt im Wahlkampf mit dem Einsatz für Sicherheit, Recht und Ordnung. In Videos seiner Kampagne wird nahegelegt, dass die USA bei einem Erfolg der Demokraten bei der Wahl im November in Chaos und Anarchie versinken würden.

Bedenken aus Oregon

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums stellte am Dienstag klar, dass keine Kräfte des Militärs in Oregon im Einsatz seien. Verteidigungsminister Mark Esper habe mit Blick auf die Tarnuniformen der Beamten Bedenken innerhalb der Regierung geäußert, dass die Sicherheitskräfte des Bundes mit Soldaten verwechselt werden könnten.

Trumps Regierung hatte zum Höhepunkt der friedlichen Floyd-Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt auch in der Hauptstadt Washington Kräfte des Bundes eingesetzt – und dafür heftige Kritik von Bürgermeisterin Bowser geerntet. Demokraten warfen Trump vor, die Sicherheitskräfte des Bundes wie eine private Miliz einzusetzen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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