"Deutschlandtag" der Jungen Union Alexander Dobrindt warnt vor "linken Spinnereien"
Der "Deutschlandtag" der Jungen Union machte deutlich: Die Unterschiede zwischen den Unionsparteien bleiben groß. Während CSU-Landesgruppenchef Dobrindt von "roten Linien" für Jamaika-Verhandlungen sprach, zeigte sich Kanzlerin Merkel bereit zum Kompromiss. Weiter hoch umstritten: eine Obergrenze für Flüchtlinge.
Die CDU-Chefin kündigte bei dem Treffen des Unions-Nachwuchses in Dresden erstmals offiziell Gespräche mit FDP und Grünen über eine Koalition an. Es werde schwierige Verhandlungen geben, aber es gehe darum, eine verlässliche Regierung zu bilden, sagte Angela Merkel. "Ich möchte, dass sie zustande kommt." Über einen Koalitionsvertrag werde ein Sonderparteitag der CDU entscheiden. Die rund 1000 Delegierten des Parteinachwuchses quittierten die Ankündigung mit Applaus.
Dobrindt spricht von "roten Linien" für Verhandlungen
Der Berliner CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt pochte bei dem Treffen auf den konservativen Kern der Union. Es werde einen Verhandlungsmarathon mit FDP und Grünen geben, bei dem es rote Linien geben müsse. Seine Partei werde konservativ-bürgerliche Positionen nicht für ein Bündnis mit den Grünen opfern.
Er forderte die Unterstützung der JU in den nächsten Wochen, "wenn es darum geht, dass alles das, was an linken Spinnereien in den Koalitionsverhandlungen auf den Tisch gelegt wird, zurückgedrängt und vermieden wird." Die Parteijugend müsse das konservative Gewissen in Deutschland bleiben.
Merkel ruft zu Einigung auf
Die Spitzen von CDU und CSU wollen an diesem Sonntag in Berlin versuchen, ihren Streit über eine Obergrenze für Flüchtlinge beizulegen und eine gemeinsame Linie für die Verhandlungen mit FDP und Grünen zu finden. Merkel rief die CSU zu einer Einigung auf.
Die Schwesterparteien hätten im Wahlkampf geschafft, mit diesem Dissens zu leben, sagte die CDU-Vorsitzende. "Aber jetzt steht eine neue Aufgabe an: gemeinsam den Wählerauftrag umzusetzen". Die Flüchtlingspolitik habe wie kein anderes Thema CDU und CSU erschüttert. Merkel sagte, sie werde alles daran setzen, eine Lösung zu finden, bei der sich keiner verleugnen müsse.
Neue Köpfe sollen her
Ihre umstrittene Reaktion auf den schweren Einbruch der Union bei der Bundestagswahl verteidigte Merkel. Zu ihrer intern schwer kritisierten Äußerung, sie könne nicht erkennen, was sie im Wahlkampf hätte anders machen sollen, sagte sie, direkt davor habe sie lange darüber geredet, welchen Konsequenzen aus dem Wahlergebnis gezogen werden müssten. Hängengeblieben sei aber nur der eine Satz.
Es gehöre zu verantwortlicher Politik, dass man nach einem solchen Wahlergebnis "nicht nur geschockt ist", sondern dass man auch die strategischen Möglichkeiten sehe, sagte Merkel. Alles andere wäre gegenüber den Wählern der Union nicht in Ordnung. "Das würde auch unsere Verhandlungsposition nicht besonders stärken", sagte die CDU-Vorsitzende angesichts der bevorstehenden Verhandlungen mit FDP und Grünen über ein Jamaika-Bündnis.
Auf die JU-Forderung nach personeller Erneuerung in einer künftigen Regierung erklärte Merkel, sie wolle "neue Köpfe" berücksichtigen. Eine öffentliche Personaldiskussion werde sie aber derzeit nicht führen. Zudem habe sie auch in der Vergangenheit darauf geachtet, dass junge Köpfe in Partei und Regierung Verantwortung hätten. Bestes Beispiel sei der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Jens Spahn. Er hatte am Vorabend kaum verborgen heftige Kritik an ihrem Kurs geäußert. Spahn sei Staatssekretär "ja nicht geworden, weil ich ihn verstecken wollte", sagte Merkel.
JU-Mitglied fordert Merkel-Rücktritt
Eine Rücktrittsforderung eines JU-Mitglieds an Merkel wurde bei dem JU-Bundestreffen mit lauten Buhruhen quittiert worden. Lediglich die bayerischen Delegierten applaudierten. Zuvor hatte Diego Faßnacht Merkel am Samstag bei der Aussprache zu ihrer Rede auf dem "Deutschlandtag" gefragt, ob sie bereit sei, "den Weg frei zu machen für einen inhaltlichen und personellen Neuanfang".
Die Kanzlerin sei für einen "vollkommenen Kontrollverlust" der Behörden in der Flüchtlingskrise verantwortlich, kritisierte Faßnacht, der aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis stammt, dem ehemaligen Wahlkreis des früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach. Er habe den Eindruck, dass Merkel entweder nicht bereit oder nicht mehr in der Lage sei, eine Trendwende für die Union zu erreichen. Merkel ging auf die Rücktrittsforderung nicht direkt ein, sondern entgegnete, sie fühle sich durch das Wahlergebnis "demokratisch legitimiert", eine Regierung zu bilden.
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Die Nachwuchsorganisation von CDU und CSU hatte zum Auftakt ihres "Deutschlandtags" am Freitag eine Schärfung des konservativen Profils der Schwesterparteien und personelle Wechsel als Konsequenzen auf das Wahldesaster gefordert. Die JU hat aktuell etwa 110.000 Mitglieder, sie bezeichnet sich als größten politischen Jugendverband Europas.