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Koalitionsvertrag: Diese Projekte will die große Koalition umsetzen


Koalitionsvertrag von Union und SPD
Diese Projekte will die große Koalition umsetzen


07.02.2018Lesedauer: 5 Min.
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Pflege (Quelle: Marijan Murat/dpa)

Gesundheit, Wohnen, Breitbandausbau: SPD und Union haben ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Ist es ein großer Wurf? Ihre Meinung ist gefragt.

1. Europa

Union und SPD befürworten einen künftigen "Investivhaushalt" für die Eurozone, sind zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit. Für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit soll mehr Geld der EU ausgegeben werden. Das Austauschprogramm Erasmus+ soll ausgebaut werden. Die Parteien wollen einen Rahmen für Mindestlöhne und Sozialhilfe innerhalb der EU erarbeiten und eine Finanztransaktionssteuer endgültig einführen. Der Europäische Stabilitätsmechanismus soll zu einem Europäischen Währungsfonds werden.

2. Familien und Gleichstellung

Das Kindergeld wollen Union und SPD in zwei Schritten um 25 Euro pro Monat erhöhen: Zum 1. Juli 2019 um zehn Euro, zum 1. Januar 2021 um weitere 15 Euro. Gleichzeitig soll der steuerliche Kinderfreibetrag entsprechend steigen. Geplant ist zudem eine Erhöhung des Kinderzuschlags.

Gebührenfreie Kitas wird es nicht geben, aber die Parteien wollen sich bemühen, Kita-Betreuung günstiger zu machen. Kinderrechte sollen im Grundgesetz verankert werden. Intersexuelle Kinder sollen nicht mehr umoperiert werden dürfen, es sei denn, es ist nötig, um das Leben des Kindes zu retten.

Bis 2025 sollen Frauen und Männer gleichermaßen in Leitungsfunktionen im öffentlichen Dienst vertreten sein. Eine Bundesstiftung soll sich mit der Teilhabe von Frauen in der Gesellschaft befassen.

Den vorläufigen Koalitionsvertrag (Stand 07.02.2018 11:45 Uhr) können Sie sich hier herunterladen.

3. Digitalisierung

Das schnelle Internet soll mit 10 bis 12 Milliarden Euro ausgebaut werden. Bis 2025 soll das ganze Land mit Gigabit-Netzen versorgt sein. Auch das mobile Internet soll schneller werden: Deutschland soll Vorreiter beim künftigen Standard 5G werden. Netzneutralität bleibt festgeschrieben. Funklöcher soll man künftig per App melden können.

4. Bildung und Forschung

Das Kooperationsverbot im Grundgesetz soll gelockert werden, damit der Bund künftig die Schulen nicht nur in finanzschwachen, sondern allen Kommunen unterstützen kann – davon sollen gerade auch Berufsschulen profitieren. Sechs Milliarden Euro sollen für Kitas, Ganztagsschulen, berufliche Bildung und Hochschulen ausgegeben werden, 3,5 Milliarden Euro sollen in den Digitalpakt für die Schulen fließen. Ab 2025 soll es einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung im Grundschulalter geben. Das Bafög soll erhöht werden.

5. Arbeit

Die Möglichkeit, Arbeitsverhältnisse zu befristen, wird deutlich eingeschränkt. So sollen Befristungen nicht mehr möglich sein, wenn mit dem gleichen Arbeitgeber zuvor ein unbefristetes Arbeitsverhältnis oder aber befristete Arbeitsverhältnisse mit einer Gesamtdauer von insgesamt fünf Jahren oder mehr bestand. Dabei soll auch Leiharbeit berücksichtigt werden.

Bei Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten soll zudem die Zahl der sachgrundlos befristet Beschäftigten auf maximal 2,5 Prozent der Belegschaft begrenzt werden. Zudem soll es in Betrieben mit mehr als 45 Mitarbeitern ein Recht auf befristete Teilzeit geben, allerdings mit Einschränkungen. Die Gründung und Wahl von Betriebsräten soll vereinfacht werden.

6. Steuern und Abgaben

Der Soli soll schrittweise abgeschafft werden. In einem ersten Schritt sollen rund 90 Prozent aller Soli-Zahler entlastet werden. Steuerliche Mehrbelastungen soll es nicht geben, also keine Vermögens- oder Reichensteuer. Auch der Spitzensteuersatz soll nicht steigen. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung soll sich um 0,3 Prozentpunkte verringern.

7. Wirtschaft, Finanzen und Verkehr

Das Ziel bleibt: keine neuen Schulden. Mit dem tatsächlich Bedarf an Fachkräften soll sich eine Kommission befassen. Die Parteien bekennen sich zum Freihandel.

Zwischendurch schien es so, als solle die Luftverkehrsteuer abgeschafft werden. Das soll jetzt nicht mehr so sein. Diesel-Nachrüstungen könnten kommen, aber nur, wenn sie technisch und wirtschaftlich sinnvoll scheinen. Die Ladeinfrastruktur für E-Autos soll ausgebaut werden. Bis 2030 sollen doppelt so viele Menschen Bahn fahren wie heute.

8. Energie und Klimaschutz

Der Kohleausstieg ist nicht festgelegt, das wollte keine der Parteien. Eine Kommission soll den Strukturwandel in Regionen begleiten, in denen Kohle abgebaut und verarbeitet wird.

Bis 2030 soll 65 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Union und SPD wollen verbindliche CO2-Einsparungen in Bereichen wie Industrie und Verkehr festlegen, um zumindest das Klimaziel bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Das Klimaziel für 2020 wird wohl nicht erreicht.

Deutschland soll wieder Batteriezellen erforschen und produzieren.

9. Landwirtschaft

Das Schreddern von Küken soll verboten werden, ebenso das Klonen und der Anbau von genmanipulierten Pflanzen. Ein "Tierwohllabel" soll den Verbrauchern aufzeigen, welche Lebensmittelhersteller mehr für die artgerechte Haltung tun, als gesetzlich vorgeschrieben ist.

10. Rente

Das Rentenniveau soll bis 2025 bei den derzeitigen 48 Prozent bleiben. Die Beiträge zur Rentenversicherung sollen bis 2025 nicht über 20 Prozent steigen.

Menschen, die über 35 Jahre Beiträge gezahlt haben, sich um Kinder gekümmert oder Angehörige gepflegt haben, sollen rund zehn Prozent mehr Geld bekommen, als ihnen an Grundsicherung (850 Euro) zusteht.

Die Mütterrente wird ausgebaut: Frauen, die vor 1992 drei oder mehr Kinder auf die Welt gebracht haben, bekommen ein drittes Erziehungsjahr auf die Rente angerechnet.

11. Gesundheit

Für gesetzlich Versicherte sollen die Gesundheitsleistungen verbessert werden. Arzttermine soll auch eine zentrale Servicestelle vergeben, die bundesweit unter einer einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein soll. Der Zuschuss für Zahnersatz soll von 50 auf 60 Prozent steigen. Zudem soll es ein Verbot des Versandhandels bei verschreibungspflichtigen Medikamenten geben. Eine Kommission soll bis Ende 2019 Vorschläge für eine Reform der Arzthonorare vorlegen.

12. Pflege

Durch eine Gesetzesänderung soll es einfacher werden, flächendeckende Tarifverträge abzuschließen. Durch ein Sofortprogramm sollen zudem 8.000 neue Stellen geschaffen werden.

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13. Asyl, Migration, Integration

Der Familiennachzug soll bei subsidiär geschützten Flüchtlingen nach gut zweijähriger Aussetzung ab August für monatlich 1.000 Angehörige wieder ermöglicht werden. Hinzu kommen Härtefälle. Insgesamt sollen abzüglich der Ausreisen und Abschiebungen nicht mehr als 180.000 bis 220.000 Flüchtlinge pro Jahr nach Deutschland kommen.

Ein Einwanderungsgesetz soll den Zuzug von Fachkräften steuern, und zwar nach Kriterien wie Bedarf, Qualifikation, Alter oder Sprachvermögen.

14. Wohnen und Mieten

Vermieter sollen künftig die Vormiete offenlegen müssen. Modernisierungskosten dürften sie nicht mehr in gleicher Höhe wie bisher an die Mieter umlegen, in teuren Städten nur noch 8 Prozent statt 11 Prozent der Ausgaben, maximal aber 3 Euro pro Quadratmeter. Durch eine Grundgesetzänderung soll es dem Bund erlaubt bleiben, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Zwei Milliarden Euro für rund 60.000 Wohnungen sind geplant.

Wer selbst baut und Kinder hat, soll künftig ein Baukindergeld von 1.200 Euro pro Jahr und Kind für zehn Jahre bekommen. Voraussetzung: Ein Bruttohaushaltseinkommen von maximal 70.000 Euro im Jahr plus 15.000 Euro Freibetrag pro Kind.

15. Innere Sicherheit

Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern sollen um zusätzlich 15.000 Stellen (jeweils 7.500 bei Bund und Ländern) aufgestockt, dazu 2.000 Richter eingestellt werden. Die Parteien halten am Netzwerkdurchsetzungsgesetz fest. Die Musterfeststellungsklage soll eingeführt werden. Ermittlungsbehörden sollen gleiche Befugnisse haben, egal ob jemand per SMS oder Messenger kommuniziert – das wirft die Frage auf, was das für verschlüsselte Dienste bedeutet.

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16. Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit

Rüstungsexporte sollen künftig restriktiver gehandhabt werden. Ein striktes Verbot des Exports an Staaten wie Saudi-Arabien, die am Krieg im Jemen teilnehmen, gibt es nun aber nicht. Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sollen eingefroren werden. Die Russland-Sanktionen sollen weiter an eine Umsetzung des Minsker Abkommen gekoppelt bleiben. Für 2019 bis 2020 soll sich Deutschland um einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat bewerben.

17. Kunst und Kultur

Die Parteien wollen die Erinnerungskultur fördern, an Nationalsozialismus, SED-Diktatur, aber auch an den Kolonialismus. Die Deutsche Welle soll ausgebaut werden. Als Pilotprojekt soll die Dauerausstellung im Humboldt-Forum im neu aufgebauten Berliner Stadtschloss kostenlos sein, künftig könnte das für staatlich geförderte Dauerausstellungen gelten.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Entwurf des Koalitionsvertrags vom Montag
  • Entwurf des Koalitionsvertrags von Dienstagmittag
  • dpa, Reuters, afp
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