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CDU-Politiker auf Krisenmission: Wie sich Armin Laschet selbst schadet


Laschet auf Krisenmission
Wie der Kanzlerkandidat sich selbst schadet


Aktualisiert am 03.08.2021Lesedauer: 4 Min.
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Armin Laschet: Bei seinem Besuch im Hochwassergebiet traf der Kanzlerkandidat der Union auf Anwohner, die sich wenig Hilfe von der Politik versprechen. (Quelle: reuters)

Als Kümmerer und Krisenmanager wollte sich Armin Laschet im Hochwassergebiet inszenieren. Dann bekam er die Wut der Flutopfer zu spüren. Gefährdet er damit seine Kanzlerchancen?

So hatte sich Armin Laschet seinen Besuch im Flutgebiet sicherlich nicht vorgestellt: Im nordrhein-westfälischen Swisttal bei Bonn wollte sich der NRW-Ministerpräsident am Montag eigentlich ein Bild von der Lage machen und mit Betroffenen über mögliche Hilfen sprechen. Doch beim Gang durch die zerstörten Straßen bekam der CDU-Kanzlerkandidat die Wut der Flutopfer zu spüren.

Weder von der Landesregierung noch von der örtlichen Verwaltung seien bisher Hilfen bei den Betroffenen angekommen, so der Vorwurf – stattdessen räumten junge Leute im Krisengebiet auf. Über "riesengroße Versager" schimpfte ein Mann – und polterte in Laschets Richtung, er werde es bei der Wahl merken.

Bei vielen Betroffenen hat sich in den vergangenen Wochen offenbar der Eindruck verfestigt, Laschet inszeniere sich nur für den Wahlkampf als Kümmerer, wirklich ernst mit den versprochenen Hilfen meine er es aber nicht. Das könnte Gift für seine Ambitionen als Kanzlerkandidat sein. Warum ist das so?

"Das ist zu wenig als Krisenmanager"

Nach Einschätzung des Politikberaters Frank Stauss, der selbst unter anderem an Wahlkampagnen der SPD und ÖVP in Österreich beteiligt war, hat Laschet selbst nach mehreren Besuchen im Krisengebiet keine handfesten Hilfsangebote für die Flutopfer zu bieten.

"Mir scheint, dass er immer sehr unvorbereitet auf diese Reisen geht. Wenn man sich nicht gut vorbereitet, dann soll man es lieber lassen, denn nur auf Fototerminen den Kümmerer abzugeben, das ist mehr als vierzehn Tage nach der Katastrophe viel zu wenig", bilanziert Stauss. Die Konkurrenz habe bei ihren Besuchen besser ausgesehen und sei auch "schlichtweg besser vorbereitet" gewesen, sagt er. "Und bei Laschet geht irgendwie alles schief, er macht einen Pressezirkus draus und hat nichts zu bieten."

Dass am Dienstag für Laschet erneut ein Besuch im Krisengebiet anstand, dieses Mal zusammen mit Finanzminister Scholz, ist aus Sicht von Stauss für Laschet eher als Glücksfall zu werten. Beide könnten zeigen, dass sie auch jenseits des Wahlkampfs die Flutkatastrophe als gemeinsame Aufgabe fürs ganze Land verstanden haben.

Zwar sei Laschet anzurechnen, dass er schon früh die Flutgebiete besuchte. Denn zu gewinnen gebe es dort eigentlich nichts. "Doch auf der anderen Seite ist es so, dass er jetzt schon in einer Folge von Besuchen kein richtig gutes Bild abgegeben hat. Man hatte nie wirklich das Gefühl, dass er mit einer klaren Botschaft kommt, außer der Betroffenheitsbotschaft. Und das ist zu wenig als Krisenmanager."

Besonders für einen Besuch im nordrhein-westfälischen Erftstadt wurde Laschet heftig kritisiert. Wenige Tage nach der Hochwasserkatastrophe war er gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ins Krisengebiet gereist. Während Steinmeier in einer Rede den Betroffenen sein Mitgefühl aussprach, war Laschet im Hintergrund zu sehen, wie er zusammen mit CDU-Landrat Frank Rock scherzte und lachte.

Eine Aktion, für die sich Laschet später entschuldigen musste und die – so zeigten es Umfragen in den vergangenen Wochen – auch nicht spurlos an seinem Wahlkampf vorübergegangen ist.

Schlechte Umfragewerte

Laut einer aktuellen Insa-Umfrage würden bei einer Direktwahl gerade noch 13 Prozent für den CDU-Kandidaten stimmen. Das sind zwei Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche. Damit liegt Laschet neun Prozentpunkte hinter SPD-Kanzlerkandidat Scholz. Annalena Baerbock, Kanzlerkandidatin der Grünen, kommt ebenfalls auf 13 Prozent.

"Keiner der drei Kanzlerkandidaten drängt sich derzeit als Nachfolger für Angela Merkel auf. Auch nicht Armin Laschet", kommentiert Wahlforscher Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim das momentane Stimmungsbild. Einer aktuellen Wahlstudie zufolge, die seine Uni gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa durchführt, liegen die drei Kandidaten (Laschet 17 Prozent, Baerbock 19 Prozent, Scholz 18 Prozent) bei einer möglichen Direktwahl in etwa gleich auf. Knapp die Hälfte der Wähler würden sich jedoch für keinen der drei Kandidaten entscheiden.

Besonders wichtig seien Wählern bei einem Kandidaten neben Themenkompetenz, Integrität und Bürgernähe auch Führungsqualitäten wie Tatkraft, Entscheidungsfreude oder Führungsstärke. Bei vielen dieser Punkte liege Laschet teils deutlich hinter seinen Konkurrenten, so Brettschneider. Einzig bei der wahrgenommenen Bürgernähe könne er Baerbock und Scholz hinter sich lassen. Allerdings sei auch dieser Wert angesichts seines Krisenmanagements in Gefahr.

"Bilder, die zeigen, wie er von Betroffenen angegangen wird, erzeugen eher den Eindruck von Bürgerferne. Als Krisenmanager konnte der CDU-Spitzenkandidat jedenfalls nicht überzeugen", so Brettschneider. Besonders für Wechselwähler könnte dies am Wahltag eine Rolle spielen – zu Ungunsten der Union. "Sollte sie bei der Bundestagswahl Erfolg haben, dann nicht wegen Armin Laschet, sondern trotz Armin Laschet."

Gefährdet sein Krisenmanagement Laschets Weg ins Kanzleramt?

Auch Politikberater Stauss erwartet für Laschet und seine CDU holprige Wochen bis zur Bundestagswahl. "Die Leute schauen, je näher der Wahlkampf rückt, ganz konkret auf die Person: Kann die das? Traue ich der das Kanzleramt zu? Und im Moment gibt Laschet einfach kein gutes Bild ab – und das wird ihn noch weiter beschädigen, das wird die CDU noch in weitere Schwierigkeiten bringen, je näher der Wahltag kommt."

Neben der Corona-Pandemie wird die Flutkatastrophe und mit ihr die Klimapolitik laut Stauss eine entscheidende Rolle bis zur Wahl spielen. Doch auch bei diesem Thema machte Laschet zuletzt keine gute Figur. Auf eine Frage in einem WDR-Interview zu Änderungen seiner Klimapolitik nach dem Hochwasser befand Laschet: "Entschuldigung, weil jetzt so ein Tag ist, ändert man nicht die Politik." Auch dafür musste er Kritik einstecken.

Dem Thema Umweltpolitik könne die Union als Partei, der man im Gebiet Umweltschutz nicht unbedingt so viel zutraue, eigentlich nur mit ihrer organisatorischen und wirtschaftspolitischen Kompetenz begegnen, zum Beispiel beim Wiederaufbau, befindet Stauss. "Doch wenn das schiefgeht, wenn sie da nicht liefern kann, wenn der Kandidat nicht liefern kann, dann beschädigt das die Union doppelt."

Gehe es so weiter, könnte laut Stauss selbst das Szenario wahrscheinlicher werden, das CSU-Chef Markus Söder kürzlich in einem "Spiegel"-Interview skizzierte: Dass es am Wahltag auch Mehrheiten jenseits der Union geben könnte.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Anfrage an Frank Brettschneider am 03.08.2021
  • Gespräch mit Frank Stauss am 03.08.2021
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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