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Hetze im Wahlkampf: Der kleine deutsche Steve Bannon


Hetze im Wahlkampf
Der Beelzebub der Stunde

  • Gerhad Spörl
MeinungVon Gerhard Spörl

Aktualisiert am 13.08.2021Lesedauer: 3 Min.
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Ein Plakat mit den Schriftzügen "Wohlstandsvernichtung" und "Klimasozialismus" hängt am Straßenrand: Die Schmähkampagne gegen die Grünen hat Empörung ausgelöst.Vergrößern des Bildes
Ein Plakat mit den Schriftzügen "Wohlstandsvernichtung" und "Klimasozialismus" hängt am Straßenrand: Die Schmähkampagne gegen die Grünen hat Empörung ausgelöst. (Quelle: dpa / t-online-Fotomontage/imago images))

Der lahme Wahlkampf erlebt eine erste richtige Schmutzkampagne. Fake-Plakate denunzieren die Grünen als Partei mit totalitären Tendenzen und Vernichtungsfantasien. Dahinter steht ein Mann, dem die CSU zu links war.

Irgendwie warten wir ja wohl alle darauf, dass der Wahlkampf richtig losgeht und nicht mehr nur vor sich hinwabert. Momentan scheint die Frage zu sein, wie schmutzig er wird.

Einen Vorgeschmack gibt es gerade in zahlreichen deutschen Städten, in denen Schmähplakate gegen die Grünen hängen. Sie sind täuschend echt, mit sämtlichen Accessoires versehen, nur dass die Sonnenblume den Kopf hängen lässt und Leitbegriffe darauf stehen wie "Sozialismus. Bevormundung. Verbote.".

Kampagne von rechts

Na ja, eher oberlehrerhaft, könnte auch Christian Lindner gesagt haben. Dann steht da aber auch dieser Dreiklang: "Industrievernichtung. Arbeitsplatzvernichtung. Wohlstandsvernichtung." Das ist schon härter und das Echo fiel entsprechend aus: CDU und SPD solidarisierten sich umgehend mit den Grünen, den Leidtragenden dieser Kampagne.

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Worum es geht, sagt ein anderer Dreiklang aus: "Totalitär. Sozialistisch. Heimatfeindlich." Diese Formel stammt aus dem Wehrmachtstornister der Rechten. Der Mann, der die Kampagne orchestriert, heißt David Bendels, war mal in der CSU, die ihm aber zu links war. Und als sie sich nicht auf selige Strauß-Zeiten ("Freiheit oder Sozialismus") zurückdrehen mochte, wandte er sich der AfD zu. Er nannte sie schon vor Jahren die einzig wählbare Partei und trat dankbar mit Alice Weidel und Alexander Gauland auf.

Der deutsche Steve Bannon

Bendels ist so was wie ein kleiner deutscher Steve Bannon. Er ist Chefredakteur des "Deutschland-Kurier" und führt den "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten". Alles, was er macht, bezahlt er angeblich aus Spenden, aber das muss nicht die ganze Wahrheit sein. In 50 Städten Fake-Plakate kleben zu lassen, ist nicht nur logistisch anspruchsvoll, sondern auch teuer. Vielleicht hören wir da bald mehr.

Viele rechnen ja damit, dass der Hass, der das Netz vergiftet, direkt in die politische Arena schwappt und sie kontaminiert, wie es Donald Trump in Amerika vormachte. Sein Mephisto war damals Steve Bannon, der ihn zum Präsidenten machte, dann aber in Ungnade fiel und seither durch Europa tourt, um die hiesige nationale bis halbfaschistische Rechte zu großen Taten anzuspornen.

Leute wie Bannon und Trump machen keine halben Sachen, sie versuchen Gegnerinnen und Gegner zu zerstören, in den Wahnsinn zu treiben. Dafür ist ihnen kein Mittel zu schade und jeder recht, der sich anbietet. Bei uns gibt es manchmal Anklänge an solche Vorbilder, wie der Umgang der SPD mit Nathanael Liminski zeigt.

Liminski ist jung, 36 Jahre alt, und sehr katholisch. Vor allem aber ist er der Leiter der Staatskanzlei in Düsseldorf und für Armin Laschet eine wichtige Bezugsfigur. Wird Laschet Kanzler, dürfte Liminski ihn auch in Berlin privilegiert beraten.

Vor 14 Jahren, da war er 22, gab Liminski dem "Spiegel" ein Interview, in dem er Abtreibungen ablehnte und von Homosexuellen sagte, manche täten ihm leid und die Ehe von Mann und Frau sei naturgegeben. Niemand hat ihn gefragt, ob er heute auch noch so denkt oder redet, aber die SPD hat ihm daraus einen Strick gedreht. Wer CDU wähle, wähle "erzkatholische Laschet-Vertraute, für die Sex vor der Ehe ein Tabu ist", heißt es in einem Wahlkampfspot.

Fällt euch nichts Intelligenteres ein?

Ziemlich billig, aber eben auch ein abstoßendes Beispiel für "Negative Campaigning", wie es im Neudeutschen heißt. Vielleicht fand die SPD die Idee, Laschet über Liminski zu treffen, besonders gelungen. Vielleicht war es aber auch nur ein dümmlicher Trugschluss, weil der geneigte Wähler jenseits von Düsseldorf kaum wissen dürfte, wer dieser Herr Liminski überhaupt ist. Außerdem könnte man ja professionell einwenden: Fällt euch, werte SPD, eigentlich nichts Intelligenteres gegen Laschet ein?

Kann ja noch werden. Muss ja nicht so lau bleiben. Strengt euch mal an. Wäre mehr los, wäre nicht halb Deutschland im Urlaub, dann wäre David Bendels auch nicht der Beelzebub der Stunde.

Ich habe noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass Anfang September Ernst in die Diskussionen einzieht und es endlich um die Themen geht, die wirklich wichtig sind. Dann ist die Kampagne à la Bendels/Bannon leichter als das zu erkennen, was sie ist: Schmutz.

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