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Exklusive Umfragen | Wie die Deutschen über das Polizeigesetz denken


Exklusive Umfragen
Wie die Deutschen über das Polizeigesetz denken


Aktualisiert am 26.05.2018Lesedauer: 5 Min.
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Die Politiker Natascha Kohnen (SPD, l-r), Martin Hagen (FDP), Katharina Schulze (Bündnis 90/Die Grünen) und Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) auf einer Demonstration gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz: Schulze hat auch eine Umfrage veröffentlicht.Vergrößern des Bildes
Die Politiker Natascha Kohnen (SPD, l-r), Martin Hagen (FDP), Katharina Schulze (Bündnis 90/Die Grünen) und Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) auf einer Demonstration gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz: Schulze hat auch eine Umfrage veröffentlicht. (Quelle: Felix Hörhager/dpa)

In Bayern tritt heute das umstrittene Polizeiaufgabengesetz in Kraft. Etliche Gegner wollen dagegen klagen, Tausende demonstrierten. Was denken eigentlich die Deutschen darüber? Eine Übersicht.

Kürzlich gingen rund 30.000 Menschen gegen das Gesetz auf die Straße. Die SPD-Landtagsfraktion hat angekündigt, vor dem Bundesverfassungsgericht klagen zu wollen. Genauso wie die Fraktion der Grünen will sie auch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof anrufen.

Horst Seehofer, CSU-Chef und Bundesinnenminister, hat trotzdem angekündigt, Bayerns Gesetz als Vorbild für ein Mustergesetz nehmen zu wollen. Andere Länder erwägen schon jetzt ähnliche Gesetze.

Und was denken die Deutschen über das umstrittene Gesetz? Wünschen sie sich mehr Kompetenzen für die Polizei? Sorgen sie sich um ihre Grundrechte, um Privatheit und Freiheit?

Eine Reihe von Umfragen zeigt: Die Deutschen sind mehrheitlich bereit, viel Freiheit und Privatsphäre aufzugeben, wenn sie dafür Sicherheit bekommen.

Aber es wird auch deutlich, wie sehr die Frage das Ergebnis beeinflusst. Wer also wissen will, wie die Menschen über das Gesetz denken, muss die Ergebnisse vorsichtig deuten - denn gerade in diesem Fall ist es nicht klar, wie viel gerade die Befragten außerhalb Bayerns über das neue Polizeigesetz wissen.

1. Wenn man direkt nach dem Polizeigesetz fragt ...

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In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für t-online.de sagen gut 56 Prozent der Deutschen, die nicht in Bayern leben, ihr Bundesland solle "ein ähnlich verschärftes Polizeigesetz" einführen. Fast 40 Prozent stimmen "auf jeden Fall" zu.

Auffälliges Ergebnis

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Unter den Anhängern der Bundestagsparteien zeigt sich ein deutlicher Bruch zwischen linken (Linke, Grüne, SPD) und rechten (Union, FDP, AfD) Parteien. Die Anhänger der linken Parteien lehnen das Gesetz zu fast drei Viertel ab. Die Anhänger der rechten Parteien befürworten es mit riesiger Mehrheit.

2. Wenn man nach konkreten Maßnahmen fragt ...

Die Sozialforschung versucht deshalb, möglichst konkret zu fragen, sodass möglichst viele wichtige Informationen in der Frage enthalten sind. Deshalb hat Civey für t-online.de nach zwei einzelnen Maßnahmen gefragt, die zu den umstrittenen Neuerungen in Bayern gehören – und dabei die Fragen so neutral wie möglich zu formulieren.

In Bayern darf die Polizei künftig für eine einfache Identitätsfeststellung schon DNA-Proben nehmen, wenn die anderen Maßnahmen nicht reichen: Üblich sind bisher nur Fingerabdrücke. DNA-Proben enthüllen viel über Menschen, das berührt die Persönlichkeitsrechte tief.

Wir haben deshalb fragen lassen: "Sollte die Polizei in Ihrem Bundesland zur Identitätsfeststellung DNA-Proben nehmen dürfen?"

Das Ergebnis fällt überraschend deutlich aus: Fast 75 Prozent der Deutschen sagen, solche DNA-Tests sollten möglich sein.

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Eine andere entscheidende Neuerung im bayerischen Gesetz ist das Konzept der "drohenden Gefahr". Die Polizei kann künftig viele Überwachungsmaßnahmen schon dann einsetzen, wenn sie zwar Hinweise auf eine Straftat hat, die aber nur allgemein oder gar vage sind – bislang muss sie konkrete Anhaltspunkte für Zeit und Ort haben.

Fragt man, ob die Polizei auch ohne solche Hinweise auf Zeit und Ort Menschen überwachen dürfen sollte, fällt das Ergebnis ähnlich eindeutig aus wie im Fall der DNA-Proben: Rund 80 Prozent sagen ja oder eher ja.

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Was könnte das Ergebnis verzerren?

Aus der Frage wird nicht klar, dass DNA-Proben zur einfachen Identitätsfeststellung bisher unüblich sind – gut möglich, dass Menschen nicht so genau wissen, was die Polizei schon darf und was nicht; dazu hätte man angeben können, dass auch Menschen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, erkennungsdienstlich behandelt werden können. Die nüchterne Frage setzt voraus, dass all das bekannt ist.

In der zweiten Frage wird zudem nicht erklärt, welche Überwachungsmaßnahmen konkret möglich sein werden, welche jetzt schon möglich sind und wie präzise die Hinweise sein müssen, die der Polizei vorliegen. All das lässt sich vor der Auslegung des Gesetzes durch Gerichte noch schwer sagen. Wahrscheinlich wäre das Ergebnis anders ausgefallen, hätte man die Überwachungsarten spezifiziert.

Trotzdem dürften diese Ergebnisse vergleichsweise aussagekräftig sein. Allerdings: Es geht nur um einzelne umstrittene Maßnahmen, nicht um das Gesamtpaket.

Auffälliges Ergebnis

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In Bezug auf DNA-Proben gibt es eine große Kluft zwischen Anhängern rechter und linker Parteien, aber selbst Anhänger der SPD und der Grünen bejahen zu mehr als 50 Prozent. Unter Linken-Anhängern sind es rund 48 Prozent.

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In Bezug auf Überwachungen ohne Hinweise auf Zeit und Ort unterscheiden sich Anhänger linker und rechter Parteien wieder klar, aber unter Anhängern aller Parteien ist eine klare Mehrheit dafür oder eher dafür.

3. Wenn man nach Eingriffen in die Privatsphäre fragt ...

Anfang April haben die Grünen ebenfalls bei Civey eine Umfrage in Auftrag gegeben, und gefragt: "Sollten der Polizei in Bayern auch ohne konkrete Gefahr weitgehende Überwachung und Eingriffe in die Privatsphäre erlaubt werden?"

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Damals sprach sich eine knappe Mehrheit dagegen aus, rund 39 Prozent sagen ja, aber nur 17 Prozent sagen, „auf jeden Fall ja“.

Was könnte das Ergebnis verzerren?

Natürlich deutet diese Grünen-Umfrage das Gesetz in ihrem Sinne – aber auf eine Art, die von den Fakten gedeckt ist. Tatsächlich geht es um weitgehende Überwachung und Eingriffe in die Privatsphäre, auch ohne konkrete Gefahr; wobei weder der Begriff „konkrete Gefahr“ noch die Unterschiede zum Alltagsverständnis nicht erklärt werden.

Auffälliges Ergebnis

Die Zustimmung sinkt verglichen mit der Umfrage, die t-online.de in Auftrag gegeben hat – und nicht nur Anhänger der linken Parteien, auch die Anhänger der FDP sind in diesem Fall mit großer Mehrheit (68 Prozent) dagegen. Nur unter Unions-Anhängern war die Mehrheit dafür.

4. Wenn man nach Sicherheit vs. Freiheit fragt ...

Aufschlussreich ist auch, viel abstrakter zu fragen: Wie sehr wertschätzen die Deutschen Sicherheit und wie sehr Freiheit? Welchem Wert geben sie den Vorzug?

In einer Umfrage für den Beamtenbund, die allerdings schon aus dem Jahr 2009 stammt, sagten nur 22 Prozent, sie hielten es für "zumutbar, dass Maßnahmen zur Erhaltung der inneren Sicherheit auch die Freiheitsrechte einzelner Menschen einschränken können".

Was könnte das Ergebnis verzerren?

Die Frage betont die Einschränkung der Freiheit, und sie ist extrem abstrakt. Im Allgemeinen sind viele für Freiheit, kritisch wird es, wenn es um konkrete Szenarien geht; wenn wirklich zwei Ziele im Konflikt stehen. Vor allem aber: die Ergebnisse sind neun Jahre alt. Grundsätzlich könnten sich die Positionen bis heute stark verändert haben.

5. Was heißt das alles?

Was kann man, vorsichtig, als Erkenntnis dieser Umfragen festhalten?

  • Allgemein scheinen die Deutschen mehrheitlich damit einverstanden, der Polizei neue Kompetenzen zu übertragen. Das passt zu Umfragen, denen zufolge zwischen 70 und 90 Prozent der Deutschen der Polizei eher vertrauen: Kaum eine andere Institution genießt so großes Vertrauen.
  • In allen Umfragen zeigen sich dieselben Muster: Männer sind kritischer gegenüber Verschärfungen als Frauen. Westdeutsche sind etwas kritischer als Ostdeutsche. Junge Menschen sind deutlich kritischer als alte. Menschen mit hoher Bildung sind kritischer als die mit niedrigerer Schulbildung.
  • Die Positionen der Parteianhänger fallen in der Regel in zwei Lager auseinander: Anhänger der Grünen, Linken und SPD vertreten sehr ähnliche Positionen; Anhänger der Union, der AfD und der FDP vertreten sehr ähnliche Positionen – es sei denn, es fällt gezielt ein Reizwort wie "Privatsphäre", dann werden FDP-Anhänger skeptischer, sind aber immer noch offener für Eingriffe als Anhänger linker Parteien. Gerade weil sich die FDP am stärksten als Partei der Freiheit versteht, ist das erstaunlich.
Verwendete Quellen
  • Civey-Umfragen für t-online.de
  • Umfrage von Civey im Auftrag der Grünen
  • Eurobarometer-Umfragen zum Vertrauen in Institutionen
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