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Corona-Talk bei "Anne Will": Lauterbach hätte Öffnungen "nicht zugelassen"


Lauterbach: "Ich hätte keine Öffnungen zugelassen"

Eine TV-Kritik von Peter Luley

Aktualisiert am 08.03.2021Lesedauer: 4 Min.
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SPD-Politiker Karl Lauterbach: "Ich hätte keine Öffnungen zugelassen, bevor nicht die Teststrategie, auf die wir uns geeinigt hatten, umgesetzt gewesen wäre."Vergrößern des Bildes
SPD-Politiker Karl Lauterbach: "Ich hätte keine Öffnungen zugelassen, bevor nicht die Teststrategie, auf die wir uns geeinigt hatten, umgesetzt gewesen wäre." (Quelle: imago images)

"Lockern auf Probe – wohin führt der Strategiewechsel in der Pandemiepolitik?" lautete das Thema der gestrigen Anne-Will-Sendung, die auf klare Rollenverteilung setzte: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff verteidigte die Bund-Länder-Beschlüsse, Karl Lauterbach gab einmal mehr den skeptischen Mahner.

Zur Eröffnung lud die Moderatorin den Journalisten Markus Feldenkirchen ein, seine bereits in einem Artikel geäußerte Fundamentalkritik an der jüngsten Politik-Performance zu wiederholen. Maßgebliche Teile der Bundesregierung hätten sich auf den Lorbeeren für die gute Erstreaktion bei Ausbruch der Pandemie ausgeruht, fand der "Spiegel"-Autor, der Umgang mit der zweiten Welle aber sei "auf jeder Ebene zu halbherzig gewesen". Konkret: zu spätes und zu langsames Impfen, mangelnde Verfügbarkeit von Schnelltests, das Fehlen einer effizienten App zur Kontaktnachverfolgung. Angesichts all dessen gingen die Lockerungspläne der Bund-Länder-Runde sogar zu weit.


Die Gäste

  • Reiner Haseloff (CDU), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt
  • Karl Lauterbach (SPD), Gesundheitspolitiker, Epidemiologe
  • Lisa Federle, Notärztin und Pandemie-Beauftragte des Landkreises Tübingen
  • Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes
  • Markus Feldenkirchen, "Spiegel"-Autor

"Sie haben sich am Mittwoch neun Stunden lang gequält, jetzt werden Sie aus allen Ecken verkloppt", wandte sich Anne Will dann an Reiner Haseloff, "woran liegt’s, an den Ecken oder dem Beschluss?" Nach Meinung des sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten wohl eher an den Ecken, denn er verteidigte den Beschluss als "mit Augenmaß gefällt". Er zeige, "dass wir nicht schlagartig alles aufmachen können", eröffne den Menschen aber trotzdem eine Perspektive. Einsatz Karl Lauterbach: "Ich hätte keine Öffnungen zugelassen, bevor nicht die Teststrategie, auf die wir uns geeinigt hatten, umgesetzt gewesen wäre."

Systematische Tests an Schulen, in Betrieben und Testzentren ein- bis zweimal pro Woche hätten eine "Brückentechnologie" sein können, bis die Impfquote hoch genug sei, kritisierte der SPD-Gesundheitsexperte. So aber hätten wir "eine unglückliche Beschlusslage": Einerseits mache die Lockerungs-Nachricht die Menschen unvorsichtiger, andererseits würden die Lockerungen gar nicht kommen, weil die Voraussetzungen wegen steigender Fallzahlen mit der britischen Virusvariante B.1.1.7 nicht erreicht würden.

Auch die Klagen der Gastronomin Angela Inselkammer, die als Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes die Nöte ihrer Branche artikulierte, vermochten Lauterbach nicht von seinem strikten Kurs abzubringen. Eine aktuelle US-Studie habe gezeigt, dass die Öffnung der Gastronomie in den untersuchten Bundesstaaten zu steigenden Fall- und Todeszahlen geführt habe, Stichwort Aerosole in geschlossenen Räumen. Auf Inselkammers Einwand "Aber wir haben doch alle Möglichkeiten, wir haben Schnelltests…" fiel die Runde gleich mehrstimmig ein: "Eben nicht!"

Zu diesem Punkt hatte die Sendung einige Erkenntnisse zu bieten: Markus Feldenkirchen analysierte, dass die offenkundig voreilige, von der Kanzlerin kassierte Jens-Spahn-Aussage, es seien 500 Millionen Selbsttests verfügbar, eine entscheidende Panne war, weil doch gerade die Teststrategie die Öffnungsschritte flankieren sollte.

Lisa Federle, Notärztin und Pandemie-Beauftragte des Landkreises Tübingen, berichtete nicht nur davon, wie sie dank frühzeitiger Eigeninitiative bereits seit November erfolgreich spendenfinanzierte kostenlose Tests anbietet, sie hatte auch einen der Praxis entnommenen Hinweis parat: "Ich bin absolut dagegen, dass man jetzt schon daheim diese Selbsttests durchführt und dann überhaupt nicht weiß, was man damit macht."

Seit am Samstag die ersten Schnelltests in Supermärkten erhältlich gewesen seien, so Federle, seien innerhalb kürzester Zeit viele Menschen in ihrer Fieberambulanz aufgetaucht, die ein positives Testergebnis hatten und nun nicht wussten, was zu tun sei. Deshalb müssten die Kommunen die Menschen in Testzentren erst einmal anlernen und aufklären, „dann kann es nach und nach in Eigenverantwortung übergeben werden“.

Aufschlussreich auch der Hinweis Lauterbachs, es müsse dringend eine Bestandsaufnahme erfolgen, wie viele Schnelltests in Deutschland überhaupt zur Verfügung stünden – das wisse nämlich niemand. Anne Wills Zwischenruf, das sei doch "ein Skandal eigentlich", beantwortete er mit der Gestähltheit des ewigen Mahners:"Ich will nicht bewerten, nur beschreiben." Wenn die Tests knapp seien, müssten sie jedenfalls für systematische Cluster-Testungen eingesetzt werden und nicht für private Selbsttests zu Hause.

Haselhoff zögert bei Frage nach Testverfügbarkeit

Genau darum kümmere sich nun eine "Taskforce Testlogistik", informierte ein Einspieler – unter Leitung des "Traumduos" Andreas Scheuer und Jens Spahn, wie Markus Feldenkirchen sarkastisch kommentierte: "Bei Andi Scheuer war ja in der Vergangenheit das Problem, dass er Verträge eher zu früh abgeschlossen hat (…), Jens Spahn hat man eher vorgeworfen, dass er die Verträge mit Impfstoff-Herstellern (…) zu spät abgeschlossen hat. Vielleicht hat man gedacht, wir kombinieren mal diese beiden, dann hebt es sich auf?"

Schließlich nahm sich Anne Will noch einmal Reiner Haseloff vor. Ob er denn so weit sei, "von morgen an" für alle Bürger Sachsen-Anhalts einen kostenlosen Test pro Woche anbieten zu können, fragte sie den Ministerpräsidenten einmal, zweimal, dreimal, viermal, fünfmal – und erntete nach diversen Ausflüchten diese Antwort: "Das schleift sich jetzt ein, das ist ein langsames Einschleifen."

Erfrischend war es da, dass ausgerechnet Mahner Lauterbach noch zwei klare positive Botschaften parat hatte: Ja, es sei richtig, „dass der Außenbereich der Gastronomie der erste ist, den man mit Antigentests öffnen kann“. Und zu Haseloffs Fazit, der Bund-Länder-Beschluss sei „wesentlich besser, als man denkt“, bemerkte er versöhnlich: "Die Notbremse ist das Gold des Beschlusses.“

Verwendete Quellen
  • "Anne Will" vom 8. März 2021
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