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Annalena Baerbock will bei Nato-Verstärkung im Baltikum vorangehen


"Nicht nur Lippenbekenntnisse"
Baerbock will bei Nato-Verstärkung im Baltikum vorangehen

Von afp, dpa
Aktualisiert am 22.04.2022Lesedauer: 4 Min.
Außenministerin Baerbock beim Besuch der Nato-Einsatztruppe in Litauen: Die bisherige "Stolperdrahtlogik" der Nato zur Verteidigung des Baltikums reiche nicht mehr aus.Vergrößern des BildesAußenministerin Baerbock beim Besuch der Nato-Einsatztruppe in Litauen: Die bisherige "Stolperdrahtlogik" der Nato zur Verteidigung des Baltikums reiche nicht mehr aus. (Quelle: Michael Kappeler/dpa-bilder)
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Am letzten Tag ihres Besuchs im Baltikum kündigte Außenministerin Baerbock an, dass Deutschland mehr zu einer Nato-Präsenz in der Region beitragen werde. "Ich habe hier verstanden, dass das nötig ist", sagte sie.

Außenministerin Annalena Baerbock hat den baltischen Staaten eine stärkere Beteiligung Deutschlands an der Verteidigung der Nato-Ostflanke versprochen. "Wenn die Nato entscheidet, dass die Präsenz der Nato auf Brigadenstärke erhöht werden soll, dann werden wir als Bundesrepublik Deutschland dafür einen substanziellen Beitrag leisten", kündigte die Grünen-Politikerin am Freitag nach einem Treffen mit ihrem Amtskollegen Gabrielius Landsbergis in Litauens Hauptstadt Vilnius an. "Ich habe hier verstanden, dass das nötig ist. Und dann wird Deutschland dort vorangehen."

Eine Brigade besteht üblicherweise aus mehreren Tausend Soldaten. Baerbock versicherte, Deutschland werde sich an einer verstärkten langfristigen Nato-Präsenz im Baltikum mit zusätzlichen Beiträgen beteiligen.

Nato will neues Verteidigungskonzept beschließen

Die Nato will bei einem Gipfeltreffen Ende Juni in Madrid ihr neues Verteidigungskonzept beschließen. Baerbock sagte, auf dem Gipfel brauche es "nicht nur Lippenbekenntnisse". Angesichts des brutalen russischen Vorgehens in der Ukraine sei "Luftverteidigung und eine substanzielle Nato-Präsenz" notwendig. "Wir müssen praktisch in der Lage sein, jeden Quadratzentimeter unseres gemeinsamen Bündnisgebietes, das heißt des Baltikums, zu verteidigen. Und zwar ab der ersten Minute", so die Ministerin.

Die bisherige "Stolperdrahtlogik" der Nato zur Verteidigung des Baltikums reiche nicht mehr aus, sagte Baerbock. Nach dieser Logik würde das baltische Territorium im schlimmsten Fall von russischen Truppen überrollt, im Anschluss müsse die Nato das Baltikum wieder befreien. Nach den russischen Kriegsverbrechen von Butscha und Mariupol in der Ukraine sei "diese Vorstellung von einer Befreiung danach nicht mehr akzeptabel", sagte die Ministerin. Wenn man eine hunderte Kilometer lange Grenze zu Russland habe, "dann gibt es eben keine Reaktionszeit, um auf Verstärkung zu warten".

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Landsbergis sagte: "Die Nato muss bereit sein, die baltischen Staaten von der ersten Minute an des Konflikts zu verteidigen." Konkret erhofft Litauen nach Angaben des Ministers dauerhaft mehr Soldaten, gepanzerte Fahrzeuge und mehr Unterstützung bei der Luftverteidigung, die als Schwachstelle der drei Baltenstaaten gilt. Auch der Schutz der Küsten, Häfen und Handelswege in der Ostsee müsse verstärkt werden. Nötig sei dies zuletzt auch angesichts von Flüssiggas-Lieferungen per Schiff infolge des Ausstiegs aus russischen Gasimporten.

Besuchte von Deutschland geführten Nato-Gefechtsverband

Bei einem Besuch des von Deutschland geführten multinationalen Nato-Gefechtsverbands im litauischen Rukla sagte Baerbock: "Hier wird nicht nur die Sicherheit des Baltikums garantiert, sondern hier wird die europäische Sicherheit garantiert." Wenn Deutschland künftig an der Nato-Nordflanke stärkere Präsenz zeigen solle, "müssen wir auch garantieren, dass die Logistik, dass die Infrastruktur und vor allen Dingen, dass das Material hierfür zur Verfügung gestellt wird".

Baerbock hatte sich vom Kommandeur des Bataillons, Oberstleutnant Daniel Andrä, über die Arbeit der Soldaten informieren lassen. Unter anderem ließ sie sich das leichte Flugabwehrsystem Ozelot zeigen, das erst vor wenigen Wochen auf den Standort verlegt wurde. Einen Sanitäts-Radpanzer vom Typ Boxer besichtigte sie von innen.

Der multinationale Verband war vor dem Hintergrund der russischen Aggression gegen die Ukraine schon vor Kriegsbeginn durch zusätzliche Kräfte aus Deutschland, Norwegen und anderen Staaten von rund 1.200 auf etwa 1.600 Soldatinnen und Soldaten verstärkt worden. Mit derzeit gut 1.000 Soldatinnen und Soldaten stellt die Bundeswehr das größte Kontingent. Deutschland führt die "Enhanced Forward Presence Battle Group" (EFP), wie der Verband im Nato-Jargon heißt, seit 2017. An dem Bataillon beteiligen sich auch Soldaten aus Belgien, Frankreich, Island, den Niederlanden, Kroatien, Norwegen und Luxemburg.

Baerbock lehnt zeitlich befristetes Gasembargo ab

Einem vorläufigen Energieembargo gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges erteilte Baerbock in Vilnius eine Absage. Einen von mehreren Partnerstaaten vorgeschlagenen befristeten Importstopp für russisches Gas halte sie für "nicht richtig".

Bei den Sanktionen gegen Russland müsse es um Langfristigkeit gehen: "Wenn wir diesen Schritt jetzt gehen, uns unabhängig zu machen von russischen fossilen Importen, dann muss das der Schritt für immer sein."

Ein sofortiges Embargo für russisches Öl und Gas bezeichnete die Außenministerin als nicht umsetzbar. Auch der Vorschlag einiger Partner, ein solches Embargo auf einen Monat zu begrenzen, habe Tücken: So dürften die Europäer nicht in eine Situation kommen, in der die Brutalität in der Ukraine zunehme, man aber sagen müsse: "Leider können wir unsere Sanktion nicht durchhalten, wir machen eine Rolle rückwärts."

"Wir müssen die Brutalität aushalten"

Bereits Mitte März habe die Bundesregierung zugesagt, dass sie "den Komplettausstieg aus russischer Energieabhängigkeit" wolle, betonte Baerbock. Bei Kohle sei dies schon beschlossen, einen Zeitplan gebe es auch für den Ausstieg aus russischem Öl und Gas. "Und ich will, dass die Bundesrepublik Deutschland diesen Weg durchhalten kann", sagte sie.

Flankiert werden müssten die Sanktionen gegen Russland mit anhaltenden Waffenlieferungen an die Ukraine, so Baerbock weiter. Die "bittere Realität" sei aber, dass der Krieg in der Ukraine nicht sofort beendet werden könne. Zugleich gelte es, eine Ausweitung des Krieges zu verhindern. "Wir müssen die Brutalität aushalten, die wir derzeit in Mariupol sehen, dass wir nicht selber militärisch in diesen Krieg eingreifen können", sagte die Grünen-Politikerin.

Die Regierung in Kiew wirft Deutschland vor, mit den Einfuhren von Öl, Gas und Kohle den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu finanzieren. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, forderte in dieser Woche ein zeitlich begrenztes Gasembargo gegen Russland. Die baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen stellten ihre Erdgasimporte aus Russland zum 1. April ein.

Die EU-Staaten hatten Anfang April ein Kohleembargo gegen Russland beschlossen. Bis Jahresende hält es Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zudem für möglich, "nahezu unabhängig" von russischem Öl zu sein. Bei Gas sieht das sein Ministerium erst "bis Mitte 2024".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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