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Ampelregierung: Probleme wie am Fließband


Krisenpolitik der Ampel
Probleme wie am Fließband

dpa, Von Theresa Münch und Martina Herzog

Aktualisiert am 20.08.2022Lesedauer: 4 Min.
Robert Habeck (l), Olaf Scholz (m) und Christian Lindner (r): Die Ampelparteien haben das gleiche Ziel – aber unterschiedliche Ansätze.Vergrößern des BildesRobert Habeck (l), Olaf Scholz (m) und Christian Lindner (r): Die Ampelparteien haben das gleiche Ziel – aber unterschiedliche Ansätze. (Quelle: Chris Emil Janssen/imago images)
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Politik aus einem Guss? Von wegen. SPD, Grüne und FDP liefern sich ein Tauziehen um die richtigen Antworten auf die Kostenexplosion. Es gibt zwei Kernprobleme.

Steigende Preise hier, Entlastungen dort, Tankrabatt und Monatstickets – viele Bürgerinnen und Bürger dürften längst den Überblick verloren haben im Gewirr der Mehrkosten und staatlichen Entlastungen. Doch die Bundesregierung macht es ihnen auch nicht gerade leicht.

SPD, Grüne und FDP ringen seit Wochen um Hilfen für die Bürgerinnen und Bürger. Sie beschließen mit der staatlichen Gasumlage Zusatzkosten für rund jeden zweiten Haushalt – nur um diese dann mit einer Steuersenkung wieder zu dämpfen. Dass am Ende für viele Menschen ein Minus stehen wird, ist zu erwarten. Und es zeigt eindrücklich, wie es steht um diese Regierungskoalition dreier sehr unterschiedlicher Parteien.

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Problem 1: Unterschiedliche Grundüberzeugungen

Problem 1: Die Grundüberzeugungen, mit denen SPD, Grüne und FDP der Krise mit Ukraine-Krieg, knappem Gas und hohen Preisen begegnen, unterscheiden sich deutlich. Zwar sagen alle drei, der Staat könne gestiegene Preise für die Bürger nicht zu 100 Prozent auffangen. Doch wer genau soll nun gestützt werden? Auch die, die es aus Sicht vieler gar nicht nötig haben? Finanzminister Christian Lindner und seine FDP nennen drei Gruppen: Bedürftige, die arbeitende Mitte und die energieintensive Wirtschaft. "Für jeden dieser Bereiche brauchen wir passende Instrumente", meint der FDP-Chef.

Oder soll der Staat in erster Linie den wirklich Bedürftigen unter die Arme greifen, denen ein kalter Winter mit offenen Rechnungen droht? Das fordern vor allem der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck, aber auch viele in der SPD.

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Scholz: "Mein Gefühl sagt, wir werden das können"

Bundeskanzler Olaf Scholz, ganz der über den Differenzen schwebende Vermittler, spricht deshalb gern von einem "Gesamtpaket" – sozusagen der Symbiose zweier Welten, der von Lindner und der von Habeck. Aus den Differenzen etwas Neues zu schaffen, wie sich das die Regierung noch zum Abschluss des Koalitionsvertrags im November vornahm, das klappt nur bedingt: Im zweiten Entlastungspaket bekam Lindner seinen Tankrabatt, die Grünen bekamen ihr 9-Euro-Ticket.

Der nächste Aufschlag dürfte nicht ganz so umfangreich werden, wahrscheinlich aber enthalten: Steuerentlastungen, Wohngeldreform, Hilfen für Geringverdiener, ein Bürgergeld – plus X, das wird noch verhandelt. "Dann rechnen wir das zusammen und schauen, ob wir uns das leisten können", sagte Scholz beim Sommer-Auftritt in der Bundespressekonferenz. "Mein Gefühl sagt, wir werden das können."

Problem 2: Das Geld sitzt nicht mehr so locker

Was zu Problem 2 führt: Die finanzielle Lage des Bundes ist eine andere als noch zu Zeiten von Scholz als Finanzminister. Nach Rekordschulden wegen der Corona-Pandemie sitzt das Geld nicht mehr so locker, dass man damit die Unterschiede in der Koalition kaschieren könnte. Zumal Lindner fest auf die Einhaltung der Schuldenbremse im kommenden Jahr pocht, die den Ausgaben des Bundes strenge Grenzen setzt.

Scholz muss mehr und mehr als Mittler zwischen zwei Lagern auftreten. Etwa wenn er auf Journalistenfragen Lindners Rückkehr zur strikten Schuldenbremse verteidigt, die viele in seiner Partei und bei den Grünen angesichts der aktuellen Herausforderungen ablehnen. Doch als Kanzler muss der SPD-Politiker auch dafür sorgen, dass das Koalitionsteam hält – und nicht der Eindruck entsteht, hier stünden Grüne und SPD gegen die FDP.

Scheitern ist keine Option

Denn Scheitern ist keine Option für diese Regierung, so sehr es auch knirschen mag. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine lässt Einigkeit sprießen, wo man sie vorher nie vermutet hätte: für Aufrüstung, massiven Windrad-Ausbau und mehr Strom aus klimaschädlicher Kohle. Aber die Krise zwingt die Politik auch zu einer drängenden Entscheidung nach der anderen – kaum ist das eine Feuer ausgetreten, lodert ein neues. Ganz zu schweigen vom Dauerproblem Klimawandel, der weiter fortschreitet.

Gasimporteuren droht die Pleite – dann werden eben Gaskunden für eine Umlage zur Kasse gebeten, um Schlimmeres auch für Verbraucher zu verhindern. Aber kann man den Menschen wirklich Extrazahlungen von bis zu mehreren Hundert Euro pro Jahr zumuten? Also Mehrwertsteuer runter. Was erkennbar noch nicht reicht, um die Zusatzbelastung auszugleichen, auch wenn das bei Kanzler Scholz am Donnerstag noch anders klang. Weitere Entlastungen sollen folgen.

Keine gemeinsame Linie

Auch wenn Scholz sichtlich bemüht ist, Ruhe auszustrahlen, neuerdings sogar auf Englisch ("You'll never walk alone"), auch wenn er neuerdings Turbinen besucht und Steuerentscheidungen zur Gasumlage bekannt gibt, das Kernthema Energie also nicht wie so lange dem Vizekanzler und Politikerklärer Habeck überlässt – der Eindruck, dass die Bundesregierung in der Krise eine große gemeinsame Linie verfolgt, drängt sich nicht auf. Dafür sind die Rezepte, die die drei Ampelpartner aus ihren jeweiligen parteipolitischen Grundüberzeugungen ableiten, schlicht zu unterschiedlich.

Und es geht weiter. Entscheidungen über zusätzliche Entlastungen stehen ins Haus, über Haushaltsmittel für das kommende Jahr und den möglichen verlängerten Betrieb deutscher Atomkraftwerke. Die Ampel muss weitermachen – oder sich zumindest weiter durchwurschteln.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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